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Nicht gekürzt. Unzensiert. Kostenlos.

Sehr geehrte Journalistinnen und Journalisten,

Sie sind systemrelevant – wenn Sie in der Pandemie für die Bürger mehr tun als objektiv und neutral zu berichten, um Bürger und Politiker vor Ort näher zusammen zu bringen. Es geht um unsere Zukunft.

Die corona-müden Bürger begrüßen es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, wenn Sie sich mit heißem Herzen gegen „Business as usual“ in der Kommunalpolitik einsetzen. Der Spirit von Rostock ist mehr als erlaubt, er ist bitter notwendig.

Die Spatzen pfeifen es von den Dächern. Wir, die deutsche Gesellschaft, bescheinigen uns gegenseitig Versagen in fast allen Punkten, die die Pandemie betrifft. Besonders heftig wird auf die Bundes- und die Landespolitik eingeschlagen. Auch Sie finden regelmäßig dort ein Haar in der Suppe.

Sie neigen zu Ferndiagnosen statt einmal zu hinterfragen, was denn vor Ihrer Haustür schief geht.

Meine Wahrnehmung als Zeitungsleser

Die Politik, die unmittelbar vor Ihren Augen stattfindet, sehen Sie gern als Opfer der übergeordneten Politik. Noch seltsamer erscheint mir Ihr Blick auf die Bürger, die Sie regelmäßig auffordern alle möglichen, oft kaum nachvollziehbare, Regeln und Vorschriften einzuhalten. Die Verantwortung der Bürger ist in Ihren Augen riesengroß, die der kommunalen Politiker und der Verwaltung eher gering und anscheinend kaum erwähnenswert.

Welches Staatsverständnis haben Sie? Glauben Sie, dass alles von oben entschieden werden muss?

Wie lange wollen Sie/wir auf Entscheidungen von oben warten? Vor Ort sterben die Menschen und vor Ort müssen sie gerettet werden.

Gern erklären Sie im Schulterschluss mit der Verwaltung vor Ort, dass ja alles ganz ordentlich läuft oder laufen würde, wenn da nicht die Bürger wären, die alles Mögliche falsch machten.

Sie legen Maßstäbe an Bürger an, so als wären diese Ihnen fremde Menschen, die sich erheblich von Ihnen, in ihrem Verhalten und Denken unterscheiden. Die Bürger erscheinen in Ihren Kolumnen manchmal eher als unmündige und verantwortungslose Geschöpfe, für die Sie erziehungsberechtigt sind.

Das Blatt wendet sich

Nach einer langen Zeit der Kommentare mit erhobenem Zeigefinger lassen Sie nun glücklicherweise auch mal Menschen zu Wort kommen, die offensichtlich etwas mehr vom Menschen verstehen.

https://digitalezeitung-mannheimer-morgen.morgenweb.de/ePaper2/archive/20210311_mm-mitte_002.pdf

Und Sie machen sich Gedanken darüber, warum der Bruch der Regeln um sich greift. Und nun lassen Sie Psychologen zu Wort kommen, so als wäre es Ihnen bisher nicht möglich gewesen, die eigenen Schwächen kritisch unter die Lupe zu nehmen. Ist es so unangenehm, sich mal selbst statt anderen den Spiegel vorzuhalten?

Der Mensch und seine Grenzen – ein kleiner philosophischer Ausflug

Ihr Kollege Hélio Schwartsman, Kolumnist der Folha de Sao Paulo, Brasilien, fragt warum der Mensch sich so schlecht auf krankmachende Mikroorganismen einstellen kann. Er meint: Wir glauben sie mit unserem Intellekt zu verstehen, jedoch haben wir es nicht leicht mit unserer emotionalen Ausstattung, die deutlich effizientere Motivatoren - wie z.B. Ekel - als die Vernunft für unsere Gesundheit schützendes Verhalten bereitstellen kann, z.B. wenn es um ekelhaften Geruch oder schlechtes Fleisch geht.

Unser Bedürfnis nach sozialer Interaktion macht uns zudem verletzlich durch das Virus. Doch das Problem muss noch tiefer liegen. Ein Beweis dafür sei, dass Mediziner, mehr als jemand anders um die Bedeutung des Händewaschens wissen und dennoch bei dieser Aufgabe versagen. Gemäß einer Studie finde die Hygiene der Hände unter Professionellen bei kaum mehr 50%, selbst in Ausbildungskrankenhäusern der Ersten Welt, die nötige Beachtung.

Bevor wir zur Psychologie kommen noch etwas Sozialpsychologie

Ich habe in dem früheren Artikel „Corona – Wie die Bundeswehr den Drachen besiegt“ das folgende geschrieben:

Anstelle von moralischen Überforderungen sollte die Reaktanztheorie aus der Sozialpsychologie bei der Planung von Einschränkungen berücksichtigt werden.
Die besagt, dass Menschen es als unangenehm empfinden, wenn ihre Freiheit zu handeln oder zu denken bedroht wird. Dies erzeugt einen aversiven Zustand der Reaktanz, der dadurch reduziert wird, dass man erst recht das verbotene Verhalten zeigt. Oder mit meinen Worten: Wer den Menschen nicht kennt, erreicht das Gegenteil des Erwünschten.

Also bitte schön, nehmen Sie zur Kenntnis, dass Appelle an die Vernunft nur begrenzte Wirkung haben und finden Sie eine neue Strategie um die Menschen mitzunehmen.

Wenn Sie solche Aspekte bisher nicht gesehen haben, dann sollten Sie sich fragen, was in Ihrer Ausbildung schief gegangen ist.

Nun gut, es freut mich, dass nun Sozialpsychologen über intrinsische und extrinsische Motivation in Ihren Blättern aufklären dürfen, nachdem Sie wohl bemerkt haben, dass Appelle nicht mehr fruchten.

Der fällige Paradigmenwechsel

Ihre neue Aufgabe ist es m. E. kritisch zu fragen, wie die Menschen von Regeln überzeugt werden können und was auf kommunaler Ebene getan werden muss, damit Bürger und Politiker besser zusammenwirken.

Auch wenn es zur Zeit besser wäre sich etwas mehr mit zukünftigen bzw. unmittelbar anstehenden Aufgaben und Herausforderungen zu befassen, dürfen Sie sich durchaus noch einmal fragen, warum Sie so wenig auf die Mängel und das unzureichende Engagement der Kommunalpolitik geachtet haben.

Sicherlich ist es nicht nur der Marburger Sozialpsychologe, der das Narrativ von der alleinigen Verantwortung des Individuums für eine schräge Betrachtung hält. Er sagt: „Der Vorwurf lautet: Wenn es nicht besser wird, haben wir uns nicht genügend zusammengerissen.“ Womit sich der Staat aus der Verantwortung ziehe. Jetzt ersetzen sie bitte einfach den Staat durch die Kommunalpolitik und Ihre Presse.

Nochmal, Sie sind systemrelevant – Sie können erheblich besser dazu beitragen, dass in den Kommunen das geschieht was geschehen muss.

Wir sehen inzwischen fast alle – d.h. mindestens diejenigen, die die Wissenschaft ernsthaft in ihre Überlegungen einbeziehen – die dritte Welle auf uns zu rollen. Wir sehen alle, dass wir in der 2. Welle versagt haben. Wir sehen, dass Lockdowns – in vielen Ländern - keine nachhaltige Lösung sind und dass wir alle Instrumente, die wir haben, schärfen müssen.

Und wir sehen, dass wir neue Instrumente brauchen, keine unbedingt einheitlichen, eher vielfältige, die auf vielfältige Weise wirken.

Wieso sehen Sie es nicht als Ihre Aufgabe in dieser außergewöhnlich bedrohlichen Situation kritische Fragen zu dem zu stellen, was nicht geschieht? Mangelt es Ihnen an Phantasie oder sehen sie weiterhin nur die Aufgabe in Details von Regeln und Einschränkungen herum zu stochern?

Sie beschreiben doch oft die schlechte, schwerfällige Organisation des Förderalen Staates, die Zerrissenheit und die Egoismen der Bundesländer. Wäre daraus nicht der Schluss zu ziehen, dass

unmittelbar vor Ort das erkennbar Nötige geschehen muss? Im Zweifel mehr Improvisation als Mehrebenen-Organisation?

Oder wollen Sie die deutsche Grundhaltung teilen, wie sie im jüngsten Spiegel formuliert wurde:

„Dieses reiche Land hat schon länger keine Ziele mehr über den Tag und den eigenen Gartenzaun hinaus, keinen Ehrgeiz außer jenem, den erreichten Wohlstand, das Rentenniveau und auch alle sonstigen Privilegien zu erhalten. Man unternimmt lieber nichts, sondern wartet ab. (Anmerkung: Wie jetzt Nordrhein-Westfalen in der Pandemie). Man geht nicht voran, sondern schleicht hinterher.

Man kann das für vernünftig halten, nachhaltig ist es auf Dauer nicht.“

Sie sind Teil dieser Gesellschaft und damit für alle Misserfolge und Erfolge mitverantwortlich.

Ihre Expertise in der Kommunikation wird gebraucht

In den Redaktionen sitzen sehr viele junge Menschen, die mir allerdings – Entschuldigung -manchmal älter als die alten vorkommen. Ich würde mir da ein wenig den Geist der 68er wünschen.

Wir brauchen Sie für die Erneuerung und für den Kampf gegen ein Virus vor Ort, dessen Mutanten, wie sich in Brasilien zeigt, nicht einmal mehr von Impfungen beeindrucken lassen.

Carolin Emke forderte am 12.02.21 in der Süddeutschen Zeitung dazu auf, das Unvorstellbare zu denken und zu bedenken wie unverzichtbar katastrophisches Denken für das Überleben ist, so als hätte sie das grausame Geschehen in Brasilien vorhergesehen.

Müssen wir uns nicht auf die Katastrophe in der Katastrophe vorbereiten – damit sie nicht passiert?

Wenn die Impfung mehr oder weniger versagt, oder längere Zeit benötigt wird bis sie die Mutanten im Visier hat, dann müssen die anderen Säulen in der Virusabwehr umso stärker werden. Wie schon gesagt, die Kontaktbeschränkungen stoßen an ihre Grenzen, dann bleibt das Testen und die Nachverfolgung. Beides ist schon unstrittig, was nicht heißt, dass die Politiker vor Ort begriffen haben wo und wie diese Instrumente optimiert werden können.

Anstatt in das Gejammer über den Föderalismus einzustimmen und über all das was von oben kommen müsste fordere ich Sie auf die Fragen zu stellen, die echte Impulse für fortschrittliches Handeln vor Ort sein können.

Es wird landauf -landab beklagt, dass nach einem Jahr Corona noch immer zu wenig Erkenntnisse darüber vorliegen, wie und wo das Virus bekämpft werden muss.

Wieso fragen Sie nicht das Gesundheitsamt vor Ort? Wieso nicht die Politiker?

Fragen können Sie ja auch einmal bei einem Brainstorming in Ihrer Redaktion auflisten.

Warum analysieren Sie nicht Erfolge und Misserfolge auf lokaler Ebene, warum stellen Sie so wenig Vergleiche zwischen Kommunen mit guten Werten und solchen mit schlechten an?

Wieso zeigen Sie nicht die Best Practice anderer Kommunen auf?

Es gibt einfach zu wenige kritische Artikel zu Schwachstellen in den Kommunen. Und es gibt sicherlich auch zu wenig über positive Beispiele und Erfahrungen.

Würden Sie damit nicht den Bürgern helfen zu verstehen wo es notwendig ist der Politik und dem Gesundheitsamt unter die Arme zu greifen?

Und könnten Sie damit nicht der Politik vor Ort helfen zu erkennen, wo sie mehr tun muss, pragmatischer und schneller handeln muss?

Fragen Sie ab und zu auch mal die Bürger zu was sie bereit sind damit der Worst-Case vermieden werden kann. Bürger wollen, wie viele Menschen jeden Tag mit unzähligen freiwilligen und ehrenamtlichen Leistungen zeigen, mehr tun als nur Kontakte vermeiden. Sie wollen die Pandemie überleben und durchaus aktiv mitwirken, damit ihre Chancen dafür steigen.

Wenn Sie das tun, helfen Sie allen. Schaffen Sie eine Win-Win-Situation für alle Bürger, Politiker, Bürgermeister, Landräte und die Kräfte in der Verwaltung, die sich tagtäglich für uns alle – leider oft nicht besonders erfolgreich – und dennoch oft kräftig ins Zeug legen.

Und damit komme ich zur Frage in der Überschrift:

Warum irrt Dieter Nuhr?

Er fragt uns, die Bürger, warum wir Frau Merkel für den Schimmel hinter unserem Duschvorhang verantwortlich machen.

Ist es nicht vielmehr so, dass vorwiegend Sie im Schulterschluss mit Kommunalpolitikern diese Frage allzu oft gestellt haben?

Vielen Dank dafür, dass Sie mich, den Bürger X, versuchen zu verstehen.


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