Liebe Leser, liebe Schreiber,
zum o g. Thema sollte am 9.11.23 zu Ehren von Victor Klemperer im Dresdener Stadtmuseum eine Lesung aus seinem Buch „LTI - Sprache des dritten Reiches“ stattfinden, die wegen der geplanten Vorleser, angeblich aus dem Bereich der neuen Rechten, nicht erlaubt wurde.
Victor Klemperer, ein unter Hitler verfolgter Jude, der nur dank seiner Frau überleben konnte und eine Professur für Romanistik an der Dresdner TU innehatte, schrieb in seinem „LTI ( lingua tertii imperi) Notizbuch eines Philologen“ über den Einfluss der Sprache auf das Denken. Er wies an unzähligen Beispielen, die er akribisch in der täglichen Umgangssprache sammelte, nach, wie sich die Menschen durch Sprache in ihrem Verhalten verändern lassen.
Ich denke, wir müssen aufpassen, dass uns das nicht noch einmal passiert und wir müssen aufpassen, dass wir warnende Stimmen nicht überhören oder unterdrücken lassen. Und wir sollten aufpassen, dass wir nicht ungerechtfertigte, nein überhaupt keine Stigmata verteilen, sondern jeden Menschen zunächst unvoreingenommen betrachten und prüfen, ob er gute oder schlechte Absichten hat und erst dann beurteilen. Auf jeden Fall sollten wir mit unseren Worten vorsichtig umgehen und uns nicht leichtfertig üble Vokabeln, die zu üblen Gedanken und schließlich zu häßlichem Verhalten führen, in den Mund legen lassen.
Ich bin überzeugt, dass wir das mit ein bisschen Freundlichkeit und Aufmerksamkeit schaffen und wünsche uns allen dazu viel Erfolg.
Mit freundlichen Grüßen
I. Hollnagel
„Freundlichkeit ist eine Sprache, die Taube hören und Blinde sehen können“, wusste schon Mark Twain. In der heutigen Ellbogengesellschaft wird Freundlichkeit leider oft mit Schwäche assoziiert. Unsere Sprache ist ein wichtiges Instrument, mit dem wir unser Empfinden ausdrücken, loben, und motivieren können. Sie kann aber auch zur Waffe werden, beleidigen, entwürdigen und das Gegenüber mundtot machen. Wir haben verlernt zuzuhören, andere Meinungen zuzulassen und lassen uns nur allzu leicht verleiten, ohne zu hinterfragen nachzuplappern. Die Macht der Sprache - oft unterschätzt, aber auch für unlautere Zwecke missbraucht.
Sie weisen zu Recht auf die Verantwortung des Einzelnen hin, die Ausdrucksweise geschriebener und gehörter Sprachmitteilungen zu beleuchten und zu untersuchen. Wir Menschen können aus dem Tonfall gesprochener Sprache bereits Rückschlüsse auf den Sprecher ziehen. Bei geschriebenem Text sind andere Beurteilungskritierien wichtig: welche Worte und Begriffe wurden verwendet? Wer über ein reichhaltiges Spektrum von Ausdrücken und Begriffen verfügt, kann leichter die Absicht des Autors feststellen.
Im derzeitigen Gaza-Krieg wurde z.B. die Forderung nach einer Feuerpause (Einzahl) erhoben. Israel lehnte sie ab, steht der Forderung nach Feuerpausen (Mehrzahl) nicht ganz ablehnend gegenüber. Was ist der Unterschied? Eine Feuerpause suggeriert eine längere Zeit, in der das Kriegsgeschehen ruht (was allgemein gesehen gut ist), verschafft jedoch der Gegenseite (hier: Hamas) nicht nur eine Verschnaufpause, sondern auch die Möglichkeit der Regeneration und Neuaufstellung).
Wie steht es mit Begriffen wie „Terrorbewegung“ und „Freiheitskämpfer“? Wer legt fest, was Terror ist und was legitime Freiheitsbewegung?. Oft liegt das im Auge des Betrachters (z.B. Fernsehreporter bzw. dessen Sender).
Die derzeitige Berichterstattung der Öffentlichen Medien (TV und Printmedien) ist ein Beispiel massiver Manipulation der Menschen. Wer als Couch Potato die TV-Nachrichten unreflektiert in sich aufnimmt wie Knabberzeug, darf sich nicht wundern, dass er am Tropf medialer Beeinflussung hängt und nach einiger Zeit nicht mehr fähig, sich eine eigenständige Meinung zu erarbeiten.
Wie kann man sich dagegen schützen? Als grundsätzlichen Lösungsansatz, der auf die Bewertung angebotener Informationen anzuwenden wäre, verweise ich auf die Reihenfolge der Regeln für Firewalls auf Computern: 1) Zunächst alles blockieren, 2) gezielt Quellen öffnen, 3) Alle Inhalte aus diesen Quellen untersuchen und ggf. die betreffende Informationen ablehnen (wegwerfen).
Hallo Fr. Hollnagel,
Es stellt sich die Frage, ob jeder Mensch Interesse an einer selbstständig erarbeiteten Meinung hat, vor allem, wenn er/sie nach einem langen Arbeitstag dazu keine Lust hat. Für eine funktionsfähige Demokratie sind mündige Bürger lebensnotwendig. Keinesfalls darf „Demokratie“ in bedingungsloser Übereinstimmung mit der Regierungspolitik münden oder gar in ihr aufgehen. In diesem Zusammenhang erinnere ich an die Disziplinierung der (konstruktiven) Kritiker von Corona, Ukraine-Krieg, Israels Vorgehen in Gaza.
Nicht nur der Einzelne sollte sich eine fundierte Meinung ohne Disziplinierung seitens des Staates erarbeiten dürfen; sein Recht auf Veröffentlichung der Meinung muss unangetastet bleiben. Diese Forderung bedeutet jedoch auch, dass die Regierung in der Tat dafür sorgen muss, dass die Meinungsfreiheit uneingeschränkt ausgeübt werden kann. Insbesondere hat sie nachhaltig Sorge zu tragen, dass Medien nicht gleichgeschaltet sind, wie dies zur Zeit durch Freiwilligkeit geschehen zu sein scheint (wer das nicht glaubt, möge sich fragen, warum die Medien unisono einseitig zur Lage in der Welt „fabulieren“).
In einer Diskussion kam auch die Frage auf, ob Menschen wirklich gefeit sein können gegen jedwede Art von Manipulation. Es ist klar, dass jede Abwehr von Manipulation Kraft und Zeit kostet. Man sich sich als Leitmotiv stets vor Augen halten: „Nur lebende Fische können gegen den Strom schwimmen“. Mag dieser Hinweis Motivation genug sein für den Einzelnen.
Zum Thema "Manipulation" (im Zusammenhang mit "Sprache und Gedanken") stelle ich meine Übersetzung von "The Ten Dumbest Things We're Being Asked To Believe About Israel's War On Gaza" (deutsch: "Die 10 dümmsten Argumente, die wir bzgl. des Kriegs Israels in Gaza glauben sollen") dar. Autorin: Fr. Caitlin Johnstone, unabhängige australische Journalistin, Wohnort: Melbourne. Quelle: https://www.caitlinjohnst.one/p/the-ten-dumbest-things-were-being
Unterziehen Sie sich bitte der Mühe und prüfen Sie die Argumente von Politikern und Medien und vergleichen Sie sie mit den oben genannten 10 Punkten, die man uns glauben machen möchte.
Übrigens, es gibt nicht nur Manipulationen von "oben" zum Gaza-Krieg, sondern auch zum Ukraine-Krieg.
Zu allem auch zu den beiden Kriegen, gibt es eine Vorgeschichte (nach dem Grundsatz "Ursache - Wirkung"). Sie können sich darüber den Kopf zerbrechen, wie die Welt in diesen Kriegsgebieten heute aussähe, wenn man rechtzeitig gegengesteuert hätte.