Die große Koalition in Berlin hatte sich im Sommer nach jahrelangem Ringen auf die Einführung eines Lobbyregisters geeinigt. Ein entsprechender Gesetzesentwurf sollte im Oktober im Bundestag beschlossen werden. Bevor es dazu kam, wurde das lobenswerte Vorhaben plötzlich durch wechselseitige Vorwürfe blockiert.
Vorwurf der SPD: die Union blockiere eine wirksame Regel.
Vorwurf der CDU : Die SPD überfrachte den Gesetzesentwurf mit Extrawünschen.
Stellungnahme des Leserbriefschreibers: Ein solcher Gesetzesentwurf kann gar nicht mit genug Extrawünschen überfrachtet werden, um für den Bürger eine höchst wünschenswerte Transparenz des Kommens und Gehens von Lobbyisten bei den Abgeordneten zu bewirken. Vor allem fordert die SPD – zu Recht – dass jedem Gesetzesentwurf , der in den Bundestag eingebracht wird, ein „exekutiver Fußabdruck“ hinzugefügt wird, das heißt eine Namensliste derjenigen Lobbyisten, die bei der Abfassung eines Gesetzesentwurfes konsultiert worden sind. CDU und CSU lehnen das ab.
Der CDU und der CSU ist vorzuwerfen, dass sie danach streben, zwischen den Augen der Staatsbürger und Steuerzahler und den parlamentarischen Vorgängen bei der Gesetzgebung einen Dunstschleier zu erhalten und zu pflegen, der es den Bürgern erschwert, sich darüber Gedanken zu machen, auf welche Art und Weise Gesetze zustande gekommen sind.
Fest steht jedenfalls, dass das Bestreben der beiden Parteien, den Umfang der Beteiligung von Lobbyisten an der Gesetzgebung hinter einem Feigenblatt vor den Augen der Bürger zu verbergen, Bestechungen begünstigt. CDU und CSU haben das in ihrer christlichen Unschuld wohl noch nicht bemerkt. Otfried Schrot