Liebe Freunde und Bekannte
Zunächst wünsche ich Ihnen allen ein gesegnetes Pfingstfest: Mögen Sie von Heiligen Geist erfüllt werden!
Aus dem Heiligen Evangelium nach Johannes, Kap. 15, 26-27 und 16,12-15
In jener Zeit sagte Jesus zu seinen Jüngern: Wenn aber der Beistand kommt, den ich euch vom Vater aus senden werde, der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, dann wird er Zeugnis für mich ablegen. Und auch ihr legt Zeugnis ab, weil ihr von Anfang an bei mir seid. Noch vieles habe ich euch zu sagen, aber ihr könnt es jetzt nicht tragen. Wenn aber jener kommt, der Geist der Wahrheit, wird er euch in der ganzen Wahrheit leiten. Denn er wird nicht aus sich selbst herausreden, sondern er wird reden, was er hört, und euch verkünden, was kommen wird. Er wird mich verherrlichen; denn er wird von dem, was mein ist, nehmen und es euch verkünden. Alles, was der Vater hat, ist mein; darum habe ich gesagt: Er nimmt von dem, was mein ist, und wird es euch verkünden.
Predigt
Liebe Schwestern und Brüder
Kann man das Pfingstwunder, das wir heute feiern, psychologisch oder soziologisch erklären? Ist es gar kein Wunder, sondern eben ein rein psychologisches oder soziologisches Phänomen? Ich möchte versuchen, das, was wir an Pfingsten feiern, ein wenig genauer darzustellen. Und ich bin der Ansicht: Wir feiern an Pfingsten ein Wunder. Das Wunder, dass die Sache Jesu Christi nach seinem Tod nicht vorbei war, sondern erst richtig losging.
Dabei vertrete ich die These: Jesus Christus ist in seinem irdischen Leben gescheitert. Er hatte keinen Erfolg. Die theologischen Autoritäten des auserwählten Volkes haben ihn als Hochstapler angesehen, der sich göttliche Autorität anmaßte. Die Pharisäer warfen ihm vor, das Gesetz Jahwes zu zerstören. Die Sadduzäer hatten Angst, dass ihr politisches Arrangement mit der römischen Besatzung zusammenbricht. Sie sahen in Jesus einen politischen Revolutionär. Pilatus beugte sich dem Gebrüll der Masse. Die Masse war von Jesus enttäuscht, weil Jesus zwar das Reich Gottes verkündet hatte und viele Menschen satt gemacht hat. Die Masse war Jesus nur oberflächlich nachgelaufen.
Und schließlich seine zwölf Auserwählten. Auch sie hatten Jesus wohl in seinem wesentlichen Anspruch nicht verstanden. Sie stritten um die ersten Plätze. Sie fragten ihn: Wann richtest Du Dein Reich auf? Und als es dann gefährlich wurde, waren sie fort. Unter dem Kreuz standen ein paar Frauen, die Jesus gefolgt waren, seine Mutter und als Einziger der Auserwählten der Johannes. Die anderen zehn hatten die Flucht ergriffen, sich versteckt. Judas hatte ein Geschäft machen wollen.
Das irdische Leben Jesu war ein Scheitern. Irdisch ist Jesus gescheitert. Seine Sache schien zu Ende. Aus und vorbei. Die Jünger versteckten sich, weil sie Angst hatten, auch festgenommen zu werden.
Und nun kommen wir zu dem Phänomen Auferstehung. Die Auferstehung Jesu hat niemand gesehen. Aber Jesus zeigte sich nach seinem Tod den Seinen in seltsamer Weise. Sie konnten es nicht glauben. Sie meinten, es sei ein Gespenst. Jesus musste sie zwingen, ihn anzufassen, vor ihren Augen zu essen und zu trinken. Schließlich waren sie davon überzeugt: Er lebt. Er lebt in einer seltsamen, neuen Weise – ganz anders als früher, aber er lebt. Er ist da.
Aber noch war das Entscheidende nicht geschehen. An Pfingsten feiern wir das erstaunliche Phänomen, dass aus den Feiglingen mutige Männer geworden sind. Sie waren plötzlich neue Menschen. Denn wenn sie nicht mutige Männer geworden wären, gäbe es heute keine Kirche. Wenn aus den unverständigen Feiglingen nicht mutige Zeugen Jesu Christi geworden wäre, wäre die Sache Jesu zu Ende gewesen, und kein Mensch würde mehr von Jesus Christus sprechen. Von den Erscheinungen des Auferstandenen war ein Funke auf sie übergesprungen. Und es waren viele Funken. Und der Funkenflug ging weiter. Von den Zwölf auf Weitere. Denn erstaunlicherweise haben auch andere Menschen, die von Christus gehört hatten, weiter von ihm gesprochen und erzählt. Natürlich spielte auch Paulus eine große Rolle. Aber sicher nicht er allein. Er war ja ein fanatischer Jesusgegner gewesen, brachte viele Jesusanhänger ins Gefängnis. Es trieb ihn bis nach Damaskus. Aus dem fanatischen Jesusgegner wurde ein überzeugter Jesusverkünder – bis nach Rom.
Ich meine, sagen zu können: Kirche ist keine Organisation. Kirche ist ein Funkenflug. Im Grunde können junge Menschen nur von Jesus Christus überzeugt werden, wenn sie von Älteren angesteckt, angezündet werden. Das Management der Kirche ist immer schwach und fragwürdig. Weiter geht der Glaube an den Gekreuzigten nur durch Menschen, die von ihm angezündet sind. Nur wer selbst brennt, kann andere anzünden. Und wenn wir ein wenig in die Kirchengeschichte hineinschauen, dann sehen wir die Hauptzündler: Augustinus, Benedikt, Franz von Assisi, Hildegard von Bingen, Mary Ward, Mutter Theresa. Man kann das, was wir an Pfingsten feiern, schon auch mit Psychologie und Soziologie erklären, aber keine oberflächliche. Wenn man wirklich offen ist, muss man doch staunen. Vielleicht haben wir Moderne verlernt zu staunen. Wenn man staunen kann, kommt man kaum darum herum, ein Wunder zu erkennen. Denn Funken sind gesprungen. Aber wie das eigene Herz mit dem Funken angezündet wird, das bleibt ein Mysterium. Amen
Lesung aus dem Brief des Apostels Paulus an die Galater
Kap. 5, 16-25
Wandelt im Geist, dann werdet ihr das Begehren des Fleisches nicht erfüllen! Denn das Fleisch begehrt gegen den Geist, der Geist gegen das Fleisch, denn diese sind einander entgegengesetzt, damit ihr nicht tut, was ihr wollt. Wenn ihr euch aber vom Geist führen lasst, dann steht ihr nicht unter dem Gesetz. Die Werke des Fleisches sind deutlich erkennbar: Unzucht, Unreinheit, Ausschweifung, Götzendienst, Zauberei, Feindschaften, Streit, Eifersucht, Jähzorn, Eigennutz, Spaltungen, Parteiungen, Neid, maßloses Trinken und Essen und Ähnliches mehr. Ich sage euch voraus, wie ich es früher vorausgesagt habe: Wer so etwas tut, wird das Reich Gottes nicht erben. Die Frucht des Geistes aber ist Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Enthaltsamkeit; gegen all das ist das Gesetz nicht. Die zu Christus Jesus gehören, haben das Fleisch und damit ihre Leidenschaften und Begierden gekreuzigt. Wenn wir im Geist leben, lasst uns auch im Geist wandeln!
Fürbitten
Herr Jesus Christus, wir bitten dich heute um den Heiligen Geist vor allem für alle Männer und Frauen in Politik, Wirtschaft und in den Medien, die große Verantwortung tragen für Gerechtigkeit und Frieden in der ganzen Welt. Christus höre uns
Herr Jesus Christus, wir bitten dich auch um den Heiligen Geist für Papst Franziskus, die Bischöfe rund um den Globus, für alle Männer und Frauen, die sich in den christlichen Gemeinden engagieren. Christus höre uns.
Herr Jesus Christus, wir bitten dich um den heiligen Geist für alle Mütter und Väter, die die Verantwortung tragen für die Erziehung ihrer Kinder. Es möge ihnen gelingen, ihre Kinder gerecht und gut zu erziehen und ins Leben zu führen. Christus höre uns.
Herr Jesus Christus, wir bitten dich für alle Menschen, die jetzt am Verzweifeln sind, die nicht wissen, wie ihr Leben weitergehen soll, die mit dem Tode ringen. Christus höre uns
P. Eberhard Gemmingen SJ
Im Einsatz für Glaube und Gerechtigkeit