Mit einer massiven Zweitstimmenkampagne ist es der FDP bisher jedes Mal gelungen, ihren Hals zu retten, sprich in den Bundestag einzuziehen. Und dem jeweiligen Koalitionspartner hat dies in der Regel nicht geschadet. Doch diesmal ist alles anders.
„Wer Merkel haben will, wählt FDP.“ Wer das sagt, hat das geänderte Wahlrecht nicht verstanden oder - was wahrscheinlicher ist - möchte die Wähler für dumm verkaufen.
Bisher hat sich das Stimmensplitting durch die Überhangmandate eher gelohnt. Dazu kam es regelmäßig, wenn eine Partei über die Erststimmen mehr Direktmandate in einem Bundesland gewonnen hatte, als ihr nach ihrem Zweitstimmenanteil zustand. Überhangmandate spielten manchmal eine gewichtige Rolle. Ohne Überhangmandate hätte Helmut Kohl bei der Kanzlerwahl 1994 vermutlich die notwendige absolute Mehrheit der Parlamentsmitglieder verfehlt. Ohne Überhangmandate hätte Gerhardt Schröder die Vertrauensabstimmung im November 2001 verloren.
Dies gibt es nun nicht mehr, Überhangmandate werden durch Ausgleichsmandate für die anderen Parteien kompensiert – und das könnte die Steuerzahler noch richtig teuer kommen. Wir haben jedenfalls nunmehr ein reines Verhältniswahlrecht: nur die Zweitstimme entscheidet über die Sitzverteilung im Bundestag. Jede Partei kämpft also für sich allein.
Fazit: Wer Merkel haben will, muss nicht FDP wählen. So wie ich die Kanzlerin einschätze, würde sie notfalls auch zusammen mit den Grünen oder der AfD regieren - mit der SPD sowieso.
Manfred Kiefer