Rheinische Post: Schüler muss nach Hitlergruß gehen
- von Bastian Leuchten
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„Schüler muss nach Hitlergruß gehen“
15- oder 16-jährige Jungs, die am 20. April für Hitler „Happy Birthday“ singen, haben das richtige Datum getroffen. Ansonsten scheinen sie über die Zeit des Nationalsozialismus besorgniserregend wenig zu wissen: Könnten sie sich die Grausamkeit des Genozids nur ansatzweise vorstellen, würden sie darüber keine Späße machen. Das Anschauen brennender Hakenkreuze und das Zeigen des Hitlergrußes sind ohne Frage zutiefst falsch und Strafe muss sein, aber: Solches Verhalten in dem Alter entspringt keiner rechtsradikalen Gedankenverwurzelung, sondern jugendlichem Leichtsinn und – wie gesagt – großer Unkenntnis.
Hier ist es Aufgabe von Schule, Augen zu öffnen. Beziehungsweise wäre es gewesen, denn mit dem dauerhaften Verweis eines der drei Schüler verkündeten die „Erziehungs- und Ordnungskonferenzen“ des St.-Bernhard-Gymnasiums ihre Kapitulation: Die „Erziehung“ dieses jungen Menschen wird aufgegeben, soll es doch ein Geschichtslehrer andersworichten. Ziemlich mutlos. Auch die Konsequenz für die anderen beiden Jungs ist mehr als
ineffizient: Tut man solchen Rabauken nicht einen Gefallen, wenn sie vorübergehend nicht mehr zum Unterricht kommen müssen?
Das Abholen durch bewaffneten Staatsschutz mag völlig überzogen klingen, ist aber ein starkes Signal, das zeigt, von welcher Tragweite die Grenzüberschreitung war. Doch sowohl der Artikel als auch die Website der Schule lassen zahlreiche Fragen offen: Warum hat man mit der Entscheidung über Disziplinarmaßnahmen nicht gewartet, bis die Ermittlungen der Profis abgeschlossen sind? Die Geschehnisse sind nun bald einen Monat her, konnte man die Gesinnung der Schüler inzwischen differenzierter betrachten? Die zentrale Information darüber, ob sie Reue zeigen, sucht man leider vergebens.
Das Siegel „Schule ohne Rassismus“ attestiert nicht, eine Schule ohne Rassismus zu sein, sondern alles dafür tun zu wollen, dieser Idealvorstellung näher zu kommen. Lobenswert, dass sich das Gymnasium um eine umfangreiche Aufarbeitung mit Projekttagen bemüht – umso bedauernswerter, dass der Schüler, der es am nötigsten hätte, an diesen nicht teilnehmen können wird...
Bastian Leuchten
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