Vielfach berichtet der Kölner Stadt-Anzeiger / Kölnische Rundschau über den Streit zwischen der IHK zu Köln und dem Verbund der IHKs in NRW. Nach einem Ultimatum der IHKs-NRW gegenüber der Präsidentin der IHK zu Köln, ihr Amt als Vizepräsidentin im NRW Verbund der IHKs ruhen zu lassen, hat die IHK Köln ihre Mitgliedschaft im NRW-IHK Verbund beendet.
Bemerkenswert ist allein schon die Tatsache, dass der Landesverband der NRW-IHKs der gewählten Präsidentin der IHK Köln ein Ultimatum setzte. Der Grund für die Auseinandersetzung zwischen IHK-NRW Verband und der IHK Köln liegt ganz offensichtlich in der Weigerung der IHK zu Köln, den Reviervertrag 2.0 mit zu unterzeichnen. Der eigentliche Grund für den Zwist liegt daher in der politischen Entscheidung zum vorgezogenen Kohleausstieg und den Bedenken der IHK Köln, dass bei einem von 2038 auf 2030 in NRW vorgezogenen Kohleausstieg die Energiesicherheit nicht gewährleistet ist. Der im Koalitionsvertrag vereinbarte vorgezogene Kohleausstieg verweist u.a. auf die Notwendigkeit der Sicherstellung der Energieversorgung zu wettbewerbsfähigen Preisen.
Und genau diese Zielerreichung ist strittig und bleibt auch nach dem Reviervertrag 2.0 unklar. Unklar ist, wie denn, durch wen und wann eine gesicherte Energieversorgung erreicht werden kann. Besonders die energieintensive Industrie, erwartet klare und nachvollziehbare Aussagen. Unklar ist auch, wie denn die bis zu 15.000 vom Braunkohle-Abbau abhängigen Arbeitsplätze und die dadurch gewonnene Wertschöpfungskette in sechs Jahren (!) ersetzt werden können. Die IHK vertritt die Interessen ihrer Mitglieder. Es ist auch ihre ureigene Aufgabe, politische Entscheidungen nicht nur hinzunehmen, sondern auch kritisch zu hinterfragen. Wenn fast ein Drittel der Industriebetriebe in Deutschland eine Verlagerung von Kapazitäten ins Ausland bzw. eine Einschränkung ihrer Produktion im Inland erwägen, so auch und in erster Linie wegen fehlender Planbarkeit und der Verlässlichkeit der Energiepolitik bzw. der Energieversorgung. Und genau diese Energiesicherheit sieht die IHK Köln als nicht gegeben an und hat folgerichtig der Reviervertrag 2.0 nicht unterzeichnet, da darin ausgeführt ist, dass jeder der Unterzeichner den vorgezogenen Kohleausstieg ausdrücklich unterstützt. Wie die Energiesicherheit zu wettbewerbsfähigen Preisen gesichert werden kann, geht jedoch aus dem Reviervertrag genauso wenig hervor, auch Antwort auf die Frage, wie bis 2030 so viele neue Arbeitsplätze geschaffen werden, die durch den vorgezogenen Kohleausstieg wegfallen, gibt es nicht. Der Ausbau der erneuerbaren Energieversorgung muss aber so drastisch und so alsbald in die Wege geleitet werden, dass die Arbeit gebenden Industriebetriebe den Kohleausstieg nicht als unkalkulierbares Risiko auf sich zukommen sehen.
Wenn dann die Leitung der IHK die demokratischen Beschlüsse ihrer Vollversammlung vollzieht und den Reviervertrag nicht unterzeichnet, ist dies nicht nur folgerichtig, sondern es verbieten sich persönliche Anfeindungen gegenüber der Präsidentin und dem Hauptgeschäftsführer. Schließlich haben es die politischen Akteure selbst in der Hand, die erhobenen Bedenken zu zerstreuen, indem konkrete Maßnahmen vorgestellt werden, wie der Strukturwandel gelingen kann.
Der Vorwurf der NRW-IHKs, die Kölner IHK positioniere sich zu einseitig, ist bei aller Meinungsfreiheit – die der IHK Köln ja gerade abgesprochen wird – vor dem Hintergrund der ungesicherten heimischen Energieversorgung völlig unbegründet. Schon gar nicht darf eine andere Sicht der Dinge mit Ultimaten bedroht werden. Kritik an einem auch noch vorgezogenen „Ausstieg“ ohne zumindest gleichzeitigem „Einstieg“ in eine gesicherte Energieversorgung aus Erneuerbaren ist bei allen ökologischen und zutreffenden Erwägungen des Umweltschutzes berechtigt. Jedenfalls ist es nicht die Kritik der IHK Köln, die den Strukturwandel gefährdet.
Vielmehr sollte die Kritik auch als Appell an alle Beteiligten gesehen werden, den Strukturwandel jetzt und sofort tatkräftig anzupacken und ihn als Chance für den Standort zu nutzen. Hoffnung auf ein gutes Ende alleine ist zu wenig.
gez. Prof. Dr. Jürgen Höser
Vorsitzender der IFU – Interessenvereinigung Frechener Unternehmen