Liebe Leser, liebe Schreiber,
in dieser Rubrik wird viel, ja fast ausschließlich geklagt, geschimpft und gemahnt - und meist wohl zurecht. Aber es gibt noch etwas anderes auf der Welt. Mir wurde in den letzten Tagen bewusst, dass ich selten einen so schönen Herbst erlebte. Es stürmt nicht, es schneit nicht und von größeren Katastrophen in unserem Lande ist zur Zeit und zum Glück auch nichts zu hören.
Da fielen mir zufällig diese Zeilen von Friedrich Hebbel in die Hände.
Dies ist ein Herbsttag, wie ich keinen sah.
Die Luft ist still als atmete sie kaum
und dennoch fallen raschelnd fern und nah
goldgelbe Blätter ab von jedem Baum.
O, stört sie nicht die Feier der Natur!
Dies ist die Lese, die sie selber hält,
denn heute löst sie von den Zweigen nur,
was von dem milden Strahl der Sonne fällt.
Genau so einen Tag erlebte ich jüngst in meinem mecklenburgischen Garten und wünschte, er wäre republikweit und für alle so schön.
Aber vielleicht kann ich mit dem Gedicht ein wenig diese Stimmung zu Ihnen tragen und Ihnen wünschen, sie möchten in den nächsten Tagen und Wochen ähnlich frohe Erlebnisse haben.
Ich grüße Sie und hoffe, dass Sie einen guten Wochenstart haben.
I. Hollnagel
Hallo Fr. Hollnagel,
vielen Dank für Ihren Artikel. Mir fielen die Gedanken des Dichters Friedrich von Schiller (1759 - 1805) ein:
Die verschiedene Bestimmung
Millionen sorgen dafür, dass die Gattung bestehe.
Aber durch wenige nur pflanzet die Menschheit sich fort.
Tausend Keine zerstreuet der Herbst
doch bringet kaum einer Früchte,
zum Element kehren die meisten zurück.
Aber entfaltet sich auch nur einer, der einzige streuet
Eine lebendige Welt ewiger Bildungen aus.
Auch Wilhelm Busch darf nicht fehlen:
Im Herbst
Der schöne Sommer ging von hinnen,
Der Herbst, der reiche, zog ins Land.
Nun weben all die guten Spinnen
So manches feine Festgewand.
Sie weben zu des Tages Feier
Mit kunstgeübtem Hinterbein
Ganz allerliebste Elfenschleier
Als Schmuck für Wiese, Flur und Hain.
Ja, tausend Silberfäden geben
Dem Winde sie zum leichten Spiel,
Sie ziehen sanft dahin und schweben
Ans unbewusst bestimmte Ziel.
Sie ziehen in das Wunderländchen,
Wo Liebe scheu im Anbeginn,
Und leis' verknüpft ein zartes Bändchen
Den Schäfer mit der Schäferin.
Sie haben Recht, derart schöne Herbsttage gab es schon lange nicht mehr. Man sollte dankbar sein und nichts als selbstverständlich annehmen.