Offenes Auskunftsersuchen an alle für die Grundsteuererhebung zuständigen Finanz- und sonstigen Fachbehörden zum Begriff des „Grundstücks“
Im Formular der aktuellen Grundsteuererklärung für unser Wohngrundstück wird ausdrücklich und ausschließlich auf den Begriff des Buchgrundstücks („Flurnummer“) abgestellt. Dies steht jedoch im Widerspruch zum Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (BayVGH) vom 12./26.02.1996 – 14 N 91.282 - in einem Normenkontrollverfahren gegen den unserem Grundstück zugrunde liegenden qualifizierten Bebauungsplan. Im Urteil führt das Gericht sinngemäß aus, dass bei unserem Wohngrundstück nicht auf den Buchgrundstücks-Begriff abzustellen sei, sondern auf den Grundstücks-Begriff im wirtschaftlichen Sinn („Bauplatz“ als „wirtschaftliche Einheit“), weil im Bebauungsplan gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 3 BauGB (in damaliger Fassung 1990) eine Mindestgröße der Grundstücke (bei diesem Bebauungsplan konkret: 700 qm) festgesetzt sei.
Demnach ist bei unserem 2.125 qm großen Wohngrundstück also nicht auf 1 ungeteiltes Buchgrundstück, sondern - rechnerisch – sogar auf 3 eigenständige Baugrundstücke als wirtschaftliche Einheiten abzustellen, die dann aber logischer Weise auch bei der aktuellen Grundsteuererhebung selbständig zu behandeln sind oder sein müssten.
Dieses BayVGH-Urteil hat gem. § 121 VwGO eine gesetzliche Bindungswirkung für unser Grundstück für alle Folgeverfahren, also auch für die Grundsteuer-Neuerfassung unseres Grundstücks.
In dieser widersprüchlichen Situation ist für uns nicht erkennbar, was denn nun konkret wo und wie in der Grundsteuererklärung einzutragen ist, ohne Falschangaben zu riskieren. Entsprechende Anfragen an die Gemeinde Kirchroth und das hiesige Landratsamt Straubing-Bogen blieben unbeantwortet, so dass ich hiermit die zuständigen Fachbehörden öffentlich um Rechtsauskunft (entweder hier als Antwort öffentlich oder an meine private E-Mailadresse
Allerdings handelt es sich beim Grundstücks-Begriff in der Grundsteuererklärung nicht nur um einen auf unser Grundstück begrenzten Einzelfall: Dass sich Grundstücke im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplanes mit einer derartigen Festsetzung von (Bau-)Grundstücks-Mindest- und/oder -Höchstgrenzen befinden, dürfte in der heutigen Zeit schon fast der Regelfall sein.
Da das, was für unser Grundstück rechtlich gilt, grundsätzlich auch für alle anderen Grundstücke in gleicher Bebauungsplan-Situation grundsteuerrechtlich gleichermaßen gelten muss, erscheint es schwer rechtsfehlerhaft, dass im Formular zur Grundsteuerklärung bei der Grundstückserfassung trotzdem ausdrücklich und ausschließlich nur auf das Buch-Grundstück abgestellt wird: Wenn das BayVGH-Urteil richtig ist, muss das Formular der Grundsteuererklärung zwangsläufig falsch sein!
Jedenfalls kann bei der Grundsteuererklärung nicht – je nach Grundstück oder Kommune oder Bundesland - wahlweise und nach freiem Belieben entweder der eine oder der andere Grundstücks-Begriff maßgeblich sein; eine generelle landes- bzw. sogar bundesweite grundsteuerrechtliche Grundstücks-Veranlagung verlangt schon aus Gründen der statistischen Vergleichbarkeit als Grundvoraussetzung wenigstens auch einen einheitlichen Grundstücks-Begriff.
Bei alledem wird also unabhängig von unserem Einzelfall die grundsätzliche Rechtsfrage zu prüfen und zu entscheiden sein, ob die derzeit aktuelle Grundsteuer-Neuerhebung nicht wegen schwerer Rechtsfehlerhaftigkeit beim Grundstücks-Begriff vom Staat insgesamt „einzukassieren“ und für ungültig zu erklären ist. Um diese Überprüfung zu erleichtern, habe ich den gesamten Vorgang des oben genannten BayVGH-Normenkontrollurteils online gestellt. Er ist öffentlich einsehbar unter folgendem Freigabe-Link: https://c.web.de/@345238437080597503/pxBkyYBKTRqUGiz4CEVY0A
Weitere Detail-Auskünfte können über meine o.g. E-Mailadresse bei mir abgerufen werden.
(gez.: Franz Schmid)