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   Fachkräftemangel in Deutschland – eines von vielen hausgemachten Problemen.

Im Jahre 2030 soll es laut versch. Studien nur noch 35,7 Millionen Fachkräfte in Deutschland geben. Schuld wären der Geburtenrückgang, die Überalterung und nicht zuletzt die Corona Pandemie. So lautet allenthalben die Rechtfertigung für dieses bereits heute eingetretene Problem. Beratende Institute schlagen Lösungen vor, die derartig theorielastig sind und bestenfalls für die IT Branche taugen. Nur – hier ist der Mangel kaum vorhanden. Die vielen tausend Mittelstandsbetriebe werden im Regen stehen gelassen, denn sie können mit den angebotenen Inhalten schwerlich etwas anfangen: 

Consulting Firmen schießen ,brainstormed‘, mit Nachhaltigkeit werbend aus dem Boden wie Pilze – sie schießen aber weit an der Realität vorbei. Es geht hier um Fachkräfte im Dienstleistungsbetrieb, um Pflege -und Rettungskräfte, also um Menschen, die für Menschen und mit ihnen arbeiten. Diese beratend tätigen Firmen erinnern mich beängstigend an die Slogans von Amway u. A. in Ostdeutschland nach der Wende.  In keinem Fall wird die heranwachsende Bevölkerung angesprochen, die jungen Menschen, welche nicht studieren wollen, oder denen man eingeredet hat, sie könnten es und würden nur mit einem Studium Karriere machen können. Warum werden sehr junge Menschen nicht schon spielerisch mit handwerklichen Tätigkeiten vertraut gemacht?  Weshalb wird an den Schulen nicht mit gleichem Enthusiasmus für Handwerksberufe geworben, wie für ein Studium? Weshalb macht sich niemand Gedanken über die Wiedereinführung handwerksbezogenen Unterrichts, maßgeschneidert für die Marktwirtschaft der Bundesrepublik? Kinder und Jugendliche werden nur dann Interesse für handwerkliche oder pflegerische Berufe entwickeln, wenn sie diese frühzeitig kennenlernen und die Möglichkeit bekommen, sich auszuprobieren.

Die geburtenschwachen Jahrgänge brechen nicht über ahnungslose Politiker und deren wissenschaftliche Berater herein. Hier haben wieder einmal hochqualifizierte und überbezahlte Personen in allerhöchsten Ämtern versagt, weil sie nicht geeignete Maßnahmen auf den Weg gebracht haben – und zwar rechtzeitig. Sie können sich ihre Handwerker kaufen, sich teure Premium-Pflegedienste leisten; ihnen gehen scheinbar die Arbeitsmarktprobleme, gelinde ausgedrückt, ,am Arsch vorbei‘. Falls nicht, warum haben sie nicht schon vor Jahrzehnten gehandelt, als sich das Dilemma am Horizont abzeichnete?

In der DDR hieß diese Unterrichtsform UTP ,Unterricht in der technischen Produktion‘. Namen und Begriffe sind Schall und Rauch, können beliebig geändert werden. Die Handwerkskammern sind ebenfalls mehr gefordert: Sie sollten nicht erst mit fast erwachsenen Jugendlichen arbeiten, sondern viel früher. Stattdessen schauen alle Verantwortlichen zu, wie das dereinst gerühmte und heute noch im Ausland bewunderte Duale System seine Attraktivität an die Universitäten verliert. Es darf einfach nicht sein, dass Schülerinnen und Schüler, die nicht das Rüstzeug für ein Studium besitzen, aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen bis zuletzt ,durchgeschoben‘ werden. Sie werden in den meisten Fällen mit schlechten Studienergebnissen – oder einem abgebrochenen Studium zeitnah vor dem Arbeitsamt stehen. Eltern, die ihre Kinder zum Studium zwingen, damit ,sie es einmal besser haben‘, leisten ihren Sprösslingen fast immer einen Bärendienst. Sie werden es nicht besser haben. Vielleicht wären sie aber gute Handwerker, Krankenschwestern oder Pfleger geworden? Man muss sie nur die Berufe erleben lassen, sie FRÜHZEITIG behutsam heranführen! Die Politik muss (hätte es schon lange tun müssen) die nötigen Rahmenbedingungen schaffen. Dazu ist eine vernünftige Bezahlung nur einer von vielen Punkten. Firmen locken junge Menschen mit Geldspritzen, um sie auszubilden. Sie kommen dennoch nicht.

Warum?

Weil seit nunmehr dreißig Jahren der ,Blaumann‘ weder in der Politik, in den Medien und daher zuletzt auch in der Öffentlichkeit eine Lobby besitzt. Man sprach fast ausnahmslos von Tätigkeiten in Büros etc. Wen wunderts da heute, dass niemand sich mehr die Hände schmutzig machen will? Eine scheinbar alle Probleme lösende Entscheidung wird nun von allen Politikern im Kanon besungen. Ausländische Fachkräfte müssen her, aber schnell! Aufenthalt, Zugang zum Arbeitsmarkt, , kostenlose Sprachkurse, Mindestlohn, Tarifbindung; das alles wird im Eilverfahren entschieden werden, damit der deutsche Arbeitsmarkt für ausländische Arbeitnehmer attraktiv wird. Wollten nicht beinahe die gleichen Politiker einen Großteil der bereits im Lande lebenden Immigranten in den Arbeitsmarkt integrieren? Scheinbar ist es misslungen. Und diese neue, auf höchster Ebene hilflos als Rettungsmaßnahme für den zusammengebrochenen deutschen Arbeitsmarkt gepriesen, wird ebenso versagen, weil sie wieder einmal nicht zu Ende gedacht ist und wird den Unmut der deutschen Bevölkerung noch weiter anfachen. Anscheinend nimmt man das als zu vernachlässigendes Übel in Kauf.

Mit freundlichem Gruß

Joachim Zieseler

 

Ein Kommentar

  • #Fachkräftemangel - Ursachen — Handwerksmeister Alois Sepp  2022-07-25 17:04 Diesem Beitrag kann man voll zustimmen.Das Handwerk wurde in den letzten Jahrzehnten schmählich vernachlässigt. Jeder Handwerker wurde nur dann einigermaßen anerkannt und empfangen, wenn er die Dreckarbeit für die anderen erledigt hatte.War ja unwürdig, sich selbst einmal die Finger schmutzig zu machen. Der Geschirrspüler/die Geschirrspülerin und die Putzfrau werden nur zwangsweise akzeptiert, weil man sich selbst für "überqualifiziert" hält.
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