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Überall wo sich heute Menschen - ich meine die ganz normalen - treffen kommt es inzwischen zu einer atemberaubend schnellen Verständigung über das komplette Versagen von denen da oben.

 

Und viele Vorgänge, die ich in jüngster Zeit erlebe, bestätigen mir in meiner unverständlicherweise negativen Grundeistellung, dass der deutsche Mensch einfach nicht mehr in der Lage ist, so etwas wie gesunden Menschenverstand zu zeigen.

Auch wenn der Fokus natürlicherweise auf den Inhabern von Posten und Positionen liegt, die dem normalen Menschen das Leben maximal erschweren, so lässt sich doch bei genauerer Betrachtung der Eindruck nicht vermeiden, dass das Phänomen auch den stinknormalen Bürger ständig zwingt, die Dinge solange zu differenzieren, von allen Seiten zu betrachten, den juristischen, den versicherungstechnischen und den Datenschutzaspekt zu bedenken und dabei den Sinn der Regelhaftigkeit doch noch irgendwo zu entdecken, bis auch da eine gewisse Schicksalsergebenheit und die Anerkennung von Sachzwängen die Verzweiflung auf die Plätze verweist, so dass man wieder ohne Groll am deutschen Leben teilhaben kann. Man freut sich einfach darüber, dass man angesichts der immer neuen Wellen der Pandemie noch leben darf und genießt dann eben die Dinge, die einem noch bleiben, den Espresso und die Sahnetorte, einen guten Roten und die großartige Vorspeise beim Inder.

 

Als 68er ist man ja geneigt, die Welt zu verändern, muss aber damit rechnen, dass die Welt Widerstand leistet. Heute wie damals. Das Wohlgefühl des allseitigen Verssagens eint uns schließlich, lässt uns zusammenrücken und bekennen, dass es uns immer noch besser geht als den Lebewesen im Kongo oder Afghanistan. Wieso etwas ändern? Man fragt sich allerdings manchmal wie lange noch.

 

Wenn so ein Gedanke Zeit hat zu reifen und man von seinen Liebsten an Weihnachten Bücher geschenkt bekam, die helfen sollen, die Dinge positiv zu sehen, dann nimmt man sich, sofern einem Behördengänge nicht die Zeit rauben, so ein Buch mal in die Hand und versucht sich so gut es geht positiv einzustimmen.

 

Das Buch von Markus Gabriel "Moralischer Fortschritt in dunklen Zeiten - Universelle Werte für das 21. Jahrhundert" mal angelesen, weckte da schon meine Zweifel, ob ich mich und meine Mitmenschen davon überzeugen kann. Denn bekanntlich hilft es ja wenig, wenn die, die einem das Leben schwer machen, einfach ihr Ding stoisch weitermachen.

 

Gabriel behauptet "Gegen dunkle Zeiten hilft Aufklärung" und ziemlich konkret "Die Corona-Pandemie ist ein Weckruf, sie wirkt geradezu, als habe unser Planet sein Immunsystem aktiviert, um die Hochgeschwindigkeit unserer Selbstausrottung zu bremsen und sich vor weiteren Übergriffen jedenfalls temporär zu schützen." Um dann total optimistisch zu werden: "Denn jede Epoche bietet neue ethische Herausforderungen, und die komplexen Krisen des noch jungen 21. Jahrhunderts lassen sich ethisch nur mit innovativen Denkwerkzeugen meistern."

Soweit so gut. Noch nicht ganz überzeugt, wenn ich so meine Umgebung und die vielen Unzulänglichen um mich herum betrachte greife ich zum Spiegel-Bestseller "Im Grunde gut - Eine neue Geschichte der Menschheit" von Rutger Bregman mit der revolutionären Idee, dass die meisten Menschen im Grunde gut sind. Denn nicht Argwohn und Egoismus ermögliche den Fortschritt der Menschheit, sondern Vertrauen und Kooperation!

 

Beim Lesen dieser Zeilen fallen einem komischerweise die jüngsten Spiegelartikel über die Kirchen ein und die eigenen Erfahrungen über deren Verhaltensweisen, die immer wieder etwas von einem Hauch von Mittelalter haben. Oder wie ist es zu erklären, dass ein Anschreiben an einen Bischof von einem Betriebsseelsorger beantwortet wird? Oder ein Dekan meint, zuständig sei der Pfarrer, der in der Hierarchie ganz unten, pardon kurz über den Frauen, Dinge anpacken soll, für die er ihm vermutlich keine Kompetenzen einräumt. Doch warum sollen nicht auch die Kirchen virtuos mit Sekundärtugenden umgehen können.

Ist es nicht vielleicht so, dass die Kirchen -wie wir alle- unfreiwillig jeden moralischen Maßstab verloren haben? Dafür rücken sie allerdings in der Abwehr allzu weltlicher Anforderungen ökumenisch zusammen. Sie müssen ja den gemeinsamen Werten -des Mittelalters - wie der Pflege der Hierarchie immer wieder neue Impulse verleihen. Der Bezug zur Sache kann da schon mal verloren gehen. Und sind wir doch mal ehrlich, der Mensch kann doch nicht immer im Mittelpunkt stehen. Witzbolde meinen, da stünde er sowieso immer im Wege.

 

Noch eine kleine Episode, die die besondere Bedeutung der Autorität, von Behörden, den Kirchen nicht unähnlich, unterstreicht.

So hatte ich das Vergnügen einen Erpresserbrief zu erhalten, der ausgerechnet in Bitcoin bezahlt werden soll, einer Währung, die ich nicht akzeptiere, aber laut dessen Ratschlag erwerben soll.

Freundlicherweise hilft er mir, besser als so manche Behörde und erklärt, wie der Kauf von Bitcoin vonstatten geht.

Da tritt tatsächlich eine echte Kundenorientierung zutage, die die Staatsanwaltschaft noch lernen dürfte. Dort kann die Akteneinsicht, man möchte ja den freundlichen Bitcoin-Enthusiasten näher kennen lernen, schon mal etwas holprig ablaufen.

 

Akteneinsicht ist nicht einfach und kann laut Anfrage bei einem hervorragenden Anwalt schon mal schlappe 700 Euro wert sein. Begründung, es steht ja so auf unserer Webseite.

Sie ist vom Bürger preiswerter via Mail zu beantragen - darf allerdings nicht via Mail beantragt werden. Wer diese Angaben auf der Webseite der Staatsanwaltschaft als Widerspruch betrachtet hat immer noch nicht verstanden, worum es dem Deutschen wirklich geht.

 

So geht man gut präpariert durchs Internet zum angegebenen Ort. An der Pforte erfährt man, dass die örtliche Polizeibehörde ein Aktenzeichen ausgestellt hat, das hinter diesen Mauern nicht bekannt ist.

Allerdings hilft es der Lautsprecherstimme etwas Zeit zu geben und so wird auf eine Abteilung etwas weiter entfernt hingewiesen. Mit dem Fahrrad ist man schnell dort und klingelt frohgemut neben einer Türe, die ziemlich viele Gefahrenhinweise auf Corona bereithält.

Das Aktenzeichen ist auch dort nicht bekannt - kann aber rekonstruiert werden - einfach Name und Geburtsdatum und schon hat der Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft die Zauberformel gefunden um das Aktenzeichen gleich einem Bitcoin -Miner aus Algorithmen zu gewinnen.

Na also, jetzt also zur Akteneinsicht!

Da gibt es allerdings ein kleines Problem. Behörden benötigen einen besonders hohen Schutz vor Viren. Dafür bekomme ich die Möglichkeit eingeräumt einen Antrag zu stellen. Später.

 

Dankbar beobachte ich, wie zwei Männer, die offensichtlich mit einem üblen Trick durch die Eingangstür kamen an der zweiten dahinter liegenden Tür scheiterten und sich nun - wie Deutsche halt mal so sind -ausgesprochen negativ drüber äußerten, weil sie nicht ganz höflich abgewiesen worden seien. Doch wer glaubt das schon.

 

Es kommt eher das Gefühl von echter Gleichbehandlung auf und man denkt mit einer gewissen Schadenfreude daran, dass die Behördenmitarbeiter nach Feierabend shoppen gehen müssen, wo sie sich ……………………………………………!

 

Ich lasse den Tag vor meinem geistigen Auge Revue passieren und komme zu dem Ergebnis, dass dem immer wieder vorgelegten gordische Knoten nicht mit Philosophie beizukommen ist, sondern eher mit Satire.

Als schon etwas älterer "68er" wünscht man sich da schon mal eine Jugendbewegung, die Satire als Mittel zur Veränderung andenkt. Wer gern nostalgisch eine Einwegkamera für geil hält, der könnte ja auch mal daran denken, was eine ganze Generation – mit Kampfgeist - bewegt und mindestens vorübergehend erreicht hatte.

Greta kümmere dich nicht nur um die Umwelt und frage nicht nur freitags – ein wenig Emotionalität kann ja auch dem deutschen Menschen nicht schaden:

How dare you“

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