Das Corona Virus hat uns getroffen wie ein “Asteroid” hat sich der EU-Kommissar Dombrovskis geäußert. Die Corona-Pandemie habe in der Wirtschaft ein “kraterartiges Loch” hinterlassen, fügte er laut Spiegel vom 20.5.2020 hinzu.
Die Welt ist unsicher und Vorhersagen sind schwierig, besonders für die Zukunft. So gehen altbekannte Sprüche. Und – im Übrigen gibt es dann noch für alle Fälle eine Versicherung. Alles palletti, oder vielleicht doch nicht?
Wie sieht die Zukunft aus?
In der Risikoforschung werden zukünftig zu erwartende Ereignisse mit Hilfe von Informationen über die Vergangenheit, sowie anhand statistisch ermittelter Verläufe analysiert Sie werden durch die beiden Größen, Eintrittswahrscheinlichkeit und Schadenausmaß quantifiziert. Die Versicherungswirtschaft führt auf diesen Grundlagen Prämienkalkulationen für viele Arten von Versicherungen durch. Diese ausgereifte zivilisatorische Technik hilft, die negativen materiellen Folgen von Unfällen, Feuersbrünsten, Überschwemmungen, oder anderer Naturkatastrophen, häufig zu ersetzen. Menschliches Leid, das damit ebenso verbunden ist, kann keine Versicherung ausgleichen.
Die Zukunft, die eigene Vorsorge und die Sicherung der Lebensumstände sind nicht immer die vorrangigen Angelegenheiten, die uns im Alltag beschäftigen. Unerwartete Ereignisse, die uns mit unvorhergesehenen Anforderungen konfrontieren, zwingen uns allerdings ins “Nach-Denken”.
Mit diesen Angelegenheiten befassen sich jedoch professionelle “VorausdenkerInnen”. Risikomanagement ist ihr Geschäft und die mathematischen Statistik ihr Handwerkszeug. Krisenzeiten sind auch immer Anlässe, um sich an sie und an ihre Arbeit zu erinnern.
Schwarze Schwäne
Vor einigen Jahren lenkte der amerikanische Wirtschaftsstatistiker mit libanesischer Herkunft, Nassim N. Taleb, der mit seinem Wissen erfolgreich Finanzgeschäfte betrieb, die öffentliche Aufmerksamkeit auf dieses Phänomen. Die Menschheit kannte über lange Zeit nur weiße Schwäne, sie nahm deshalb auch an, alle Schwäne wären weiß. Allerdings tauchte dann in Australien im 17. Jahrhundert plötzlich und völlig unerwartet ein schwarzer Schwan auf. Diese Geschichte diente Taleb als Vorlage für den Titel seines Buches “The Black Swan.”
Das Unwahrscheinliche im Wahrscheinlichen
Er illustriert diese Erscheinung sehr anschaulich am Beispiel des amerikanischen Truthahns. Der Truthahn wird das Jahr über fleißig von den Menschen gefüttert. Das prägt sein Weltbild. Dies stärkt seinen Glauben, seine Bestimmung sei es, Tag für Tag von freundlichen Menschen gefüttert zu werden – in seinem besten Interesse.
Jedoch am Nachmittag des Mittwochs vor “Thanksgiving Day” geschieht das für ihn völlig unerwartete, das von ihm für komplett unwahrscheinlich gehaltene Ereignis und es wird sein Weltbild vollständig revidieren!
Taleb stellt diesem traurigen Geschehen allerdings die optimistische Variante gegenüber. Den glücklichen Zufall. Er verhilft uns nicht selten dazu, etwas zu finden, was wir gar nicht gesucht haben, das uns jedoch um so glücklicher macht!
Grüne Schwäne
Den Ausdruck “Grüner Schwan” verbinden wir bisher allenfalls mit dem Namen eines – hoffentlich guten – Restaurants. Seit kurzem begegnet uns in den Überschriften verschiedener Veröffentlichungen, wie z. B. im SPIEGEL vom17.05.2020 jedoch häufiger der Begriff “Grüner Schwan”.
Die Verfasser einer Studie mit dem Titel “The green swan. Central banking and financial stability in the age of climate change” der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich in Basel bezeichnen damit Vorgänge mit vorhersehbaren negativen Folgen in globalem Ausmaß, wie z. B. die Klimakrise.
Sie bringen darin ihre Vermutung zum Ausdruck , die Art des bisherigen Wirtschaftens könnte in ihren ökologischen Auswirkungen die Wahrscheinlichkeiten des Eintritts zukünftiger, krisenhafter Entwicklungen durch Klimaveränderungen erhöhen. Durch diesen unterstellten ursächlichen Zusammenhang wird ein sicher eintretendes Ereignis angenommen. Dessen Schadenausmaße sind allerdings nicht eindeutig zu bestimmen. Mit den konventionellen Risikomodellen können die komplexen und häufig global wirkenden Folgen von Krisen nicht mehr zufriedenstellend erfasst und in Zahlengrößen ausgedrückt werden. Aufgrund dieser Überlegungen und Erkenntnisse machen sich Finanzfachleute intensiv Gedanken über die daraus entstehenden Folgen für die Stabilität des globale Finanzsystem und deren Bewältigung.
Erhöhte Risiken für Investment Portfolios infolge extremer Wetterereignisse
Die Aufmerksamkeit vieler Finanzinvestoren gegenüber den Auswirkungen physikalischer Risiken auf ihre Portfolios hat erheblich zugenommen. Die Wertentwicklung der Finanzanlagen wird von immer häufiger auftretenden extremen Wetterereignissen, und den daraus resultierenden Folgenin negativer Weise beeinflußt.
Eine Studie des weltweit größten Investors Blackrock aus dem Jahr 2019 thematisiert diese Entwicklung unter dem Titel “Bio-Physical-Climate- Risks”. Mit der Szenarientechnik werden z. B. die, regional unterschiedlichen, Auswirkungen extremer Wettersituationen auf die zukünftigen Wertentwicklungen einzelner langfristiger finanzieller Anlageklassen untersucht. Der Sektor Energieversorgung z. B. wird demnach zukünftig infolge von Hurricanes und Gefahren durch Brände, für die Anlagen wesentlich höhere Versicherungsprämien vorsehen müssen.
Covid-19 Pandemie ein grüner Schwan
Sowohl die Erscheinungen der Klima-, als auch die der Coronakrise haben globalen Charakter. Beide sind in ihren finanziellen Auswirkungen und Größenordnungen nicht hinreichend zu quantifizieren. Einer der Verfasser der o. g. Studie des Basler Finanzinstituts, dessen stellvertretender Generaldirektor, Luiz Awazu Pereira da Silva kommt deshalb in einem Papier vom Mai 2020, zum Ergebnis, dass auch die Coronakrise zur Kategorie “Grüner Schwan” zu zählen ist.
Außerdem sind die langfristigen Folgen von Ereignissen der Kategorie “Grüner Schwan” irreversibel, im Unterschied zu Ereignissen der Kategorie “Schwarzer Schwan”. Die negativen Folgen der Finanzkrise von 2007 waren in gewissem Sinne noch reparabel. Ob es die Folgen der Coronakrise sein werden, ist durchaus sehr zweifelhaft.
Eine letzte deutliche Warnung an die Politik
Die eigentliche Botschaft der Papiere aus dem Basler "Gral der Finanzwelt" lautet allerdings eindeutig: Zentralbanken allein können den Klimawandel nicht vermeiden! Also anders ausgedrückt. Die Politiker dürfen sich ab jetzt nicht mehr darauf verlassen, dass alle Krisen mit Hilfe der großen “Geldspritze” durch die Zentralbanken zu bewältigen sein werden!
In dem Papier heißt es: Diese immer komplexer werdenden Probleme benötigten vielmehr die koordinierte Zusammenarbeit zwischen vielen verschiedenen Akteuren, darunter Regierungen, Privatwirtschaftssektoren, Zivilgesellschaft und die internationale Gemeinschaft.
Zentralbanken könnten eine zusätzliche Rolle spielen indem sie helfen, die Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels zu koordinieren. Dazu zählen z. B. politische Maßnahmen zur Preisgestaltung für die CO-2 Emissionen, die Integration von Nachhaltigkeit in die Finanzierungspraktiken und in die Vorschriften zur Rechnungslegung, die Suche nach abgestimmten Politikstrategien und die Entwicklung neuer Finanzierungsmechanismen auf internationaler Ebene.
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Freundliche Grüße
H.Federmann
Nachhaltigkeitsökonom
https://independent.academia.edu/HFedermann