Sehr geehrte Redaktion,
immer wieder frage ich mich, warum ein großer Teil der Menschen autoritäre Persönlichkeiten wie Donald Trump, Wladimir Putin oder auch Parteien wie die AfD nicht als Gefahr, sondern als Hoffnungsträger wahrnimmt. Für Kritiker ist ihr Verhalten oft ein Zeichen von Narzissmus, Respektlosigkeit und Demokratiefeindlichkeit. Für ihre Anhänger dagegen wirken dieselben Eigenschaften wie Stärke, Ehrlichkeit oder Mut.
Das Paradoxe daran: Die Fakten sind objektiv betrachtet dieselben – nur die Deutung unterscheidet sich fundamental. Wo Kritiker Hetze sehen, sehen Anhänger „Klartext“. Wo Kritiker Rechtsbruch wittern, sehen Anhänger „Mut gegen das Establishment“. Und wo Kritiker Machtmissbrauch erkennen, sehen Anhänger schlicht eine starke Führungsfigur, die Orientierung verspricht.
Dieses Muster zieht sich durch:
- Trump wird für seine Aggressivität kritisiert, aber seine Fans feiern ihn für seine Direktheit.
- Die AfD wird für Spaltung und Fremdenfeindlichkeit verurteilt, ihre Anhänger sehen darin Identität und Stolz.
- Putin gilt als autoritär und gefährlich, seine Unterstützer in Russland sehen in ihm den „Retter“ ihres Landes.
Die zentrale Ursache dafür liegt in der tiefen gesellschaftlichen Polarisierung und in parallelen Informationswelten. Wer sich nur in der eigenen Blase bewegt, interpretiert dieselben Fakten völlig anders. Politik wird so nicht mehr rational, sondern vor allem emotional wahrgenommen.
Mir scheint: Wenn wir diesen Mechanismus nicht besser verstehen, werden wir auch den wachsenden Zuspruch für autoritäre Kräfte nicht wirksam hinterfragen können. Demokratie lebt aber davon, dass wir uns über Fakten austauschen – nicht nur über Gefühle.
Mit freundlichen Grüßen
Georg Dahlinger