Anmerkungen zum Gastbeitrag des Ex-Bundeskanzlers Schröder in der BZ vom 08. / 09. Oktober
Zu diesem Beitrag muss ich mich einfach äußern, weil in zunehmendem Maße einerseits die Sanktionen gegen Russland von Teilen der Bevölkerung in Frage gestellt werden und andererseits Herr Schröder in seinem Beitrag die Notwendigkeit jeglichen militärischen und wirtschaftlichen Drucks auf Russland zwecks Beendigung des Krieges gegen die Ukraine anzweifelt.
Aus meiner Sicht hat G.Schröder völlig recht, wenn er meint, dass der Ukraine-Krieg auf diplomatischem Weg beendet werden muss.
Es stellt sich nur die Frage, wann und mit wem Friedensgespräche möglich werden.
Wenn Herr Putin nun neuerdings nur vorerst Teile der Ukraine „befreien“ möchte (nachdem er ursprünglich ja vom Erfordernis einer Auslöschung des Staates Ukraine sprach), weil er glaubt, damit seinem Ziel, der Wiederherstellung einer russisch dominierten Sowjetunion näher zu kommen , und wenn er Gesprächsbereitschaft signalisiert, die aber nur zu seinen Bedingungen durchführbar sein soll, ist das doch keine Basis für diplomatische Lösungsversuche.
Dass vom Westen und insbesondere den USA in ihrer Russland-Politik Fehler gemacht wurden, steht außer Frage, rechtfertigt aber nicht den brutalen russischen Einmarsch in die Ukraine und die Drohung des Einsatzes auch von Atom-Waffen.
Meiner Ansicht nach hat Putin jede Glaubwürdigkeit als internationaler Verhandlungspartner verspielt.
Ich hoffe, dass die wachsende Kritik (zunehmend auch aus seinem eigenen Umfeld) infolge russischer Misserfolge und Fehleinschätzungen schließlich zu seiner Entmachtung führen wird.
Um diese Tendenz zu stärken, sollte die EU auch weiterhin die Ukraine kontrolliert und koordiniert militärisch und wirtschaftlich unterstützen und die Sanktionen gegen Russland aufrecht erhalten oder erforderlichenfalls noch verstärken, auch wenn daraus für unsere Lebensverhältnisse weitere Belastungen entstehen.
Verstärkte diplomatische Bemühungen, um Putin unter Druck zu setzen und ihn international weiter zu isolieren, sollte die EU mit China anstreben, das an einer weiteren wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit der EU interessiert ist und sicher großen Einfluss auf die russische Haltung nehmen kann.
Friedensgespräche zwischen der Ukraine (ggf. mit Unterstützung der EU , Chinas sowie eventuell der Türkei) und Russland erscheinen mir erst realistisch, wenn die Regierung von Herrn Schröders Freund Putin durch eine Regierung abgelöst ist, die die Autonomie ihrer Nachbarländer respektiert!
Übrigens denke ich nicht, dass die langjährige Politik der Bundesregierungen, durch wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Russland - mit Putin im Gespräch bleiben - und international vermitteln zu können, falsch war. Nur stellte es sich im Februar diesen Jahres heraus, dass diese Politik sich nicht bewährt hat und nun von einer „Zeitenwende“ zu sprechen ist!
Gelernt werden muss daraus, dass sich kein Staat von einem anderen wirtschaftlich alternativlos abhängig machen darf.
H. Bessel