Herrn Friedrich Koh-Dolge
cc. Herrn Oberbürgermeister Fritz Kuhn,
Barbara Traub M.A., Israelitische Religionsgemeinschaft Württemberg
Peter Grohmann, Die Anstifter
Leserbrief an die Stuttgarter Zeitung
Stuttgarter Realsatire: Nazi Steiner meets verfolgten Juden Adler unter dem Dach der neuen Musikschule
Geehrter Herr Musikschulen-Leiter,
„Wem Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch Verstand. Nur werden die Ämter leider nicht von Gott vergeben“ – meinte einst Professor Gerhard Uhlenbruck. Den historisch geschmacklosen Lapsus hätten Sie rechtzeitig noch korrigieren können – erfuhr ich von meiner Nachbarin Elfi Bauer.
Denn Sie und Oberbürgermeister Fritz Kuhn seien ja noch beizeiten auf die groteske Fehlentscheidung Ihres Amtes aufmerksam gemacht worden, das neue Rotebühl-Zentrum mit seinem Großen Karl-Adler Saal nun nach Luis Steiner, dem einstigen Hauptgefolgschaftsführer der Hitlerjugend und direkten Nutznießer der damals so genannten Kulturarbeit der NSDAP zu benennen und dann auch noch törichterweise zu argumentieren, Steiner habe ja nie das Parteiabzeichen am Revers getragen und sei im übrigen doch ein braver Gewerkschaftler gewesen. Welche Historikerin hat denn da Steiner post mortem mit ‚Persilschein‘-Ruhm bekleckert?
Bei so viel geschichtlichem Fingerspitzengefühl, Herr Koh-Dolge, gilt wohl der spöttische Spruch eines Aphoristikers „Beamte dürfen nichts annehmen, nicht einmal Vernunft.“
Molto moderato et lento finde ich Ihre Entscheidung, Herr Musikschulen-Leiter und grüße deshalb nicht sehr hochachtungsvoll
Helmut K. Doerfler
Journalist (DJV) - Übersetzer - Dipl.-Volkswirt