In diesen Tagen interessieren sich viele Christen für die Schuldigen, die Kindern und Jugendlichen durch sexuellen Missbrauch und seine Verharmlosung schweren Schaden angetan haben. Das ist gut so, denn in Zukunft darf Ähnliches nicht weiter vorkommen. Missbrauch muss verhindert und bestraft werden, Verantwortliche dürfen nicht mehr wegschauen. Die Ursachen von Missbrauch und Vertuschung müssen erkannt und überwunden werden. Ein deutliches Mea culpa und persönliche Konsequenzen sind nötig.
Aber alle Christen sollten sich durch den Blick zurück auch mehr darum Sorgen machen, dass Kinder und Jugendliche in Zukunft besser geschützt sind. Die Kirche muss ihre Strukturen so ändern, dass Straftaten nicht mehr geschehen, sowie leicht und schnell aufgedeckt werden. Sie braucht dazu wohl auch die Hilfe des Staates.
Die ganze Gesellschaft und erst recht die Kirche müssen vor allem ihre Blindheit gegenüber sexuellem Missbrauch überwinden. Wir waren zu lange blind gegenüber diesen Taten. Ähnlich wie wir durch Jahrhunderte blind waren gegenüber Sklaverei und Frauenunterdrückung, sind Kirche und Gesellschaft teilweise heute noch blind gegenüber sexuellem Missbrauch von Kindern und Jugendlichen. Das gilt nicht nur für die Kirche, sondern auch für Familie, Sport, Freizeit, Schule. Heute waren und sind wir teilweise immer noch blind gegenüber Kindesmissbrauch. Vor allem brauchen Eltern die Sicherheit, dass sie ihre Kinder kirchlichen Einrichtungen ohne Angst vor sexueller Gewalt anvertrauen können. Kirchenverantwortliche müssen mit Gottes Hilfe beten und Busse tun.
Eberhard Gemmingen SJ
Im Einsatz für Glaube und Gerechtigkeit