“Nach Goethe, einem der bedeutendsten deutschen Dichter, der auch als Naturforscher wirkte (1749 – 1832):
“”Jede Provinz in Deutschland hat ihren Dialekt, denn dieser ist das Element, aus dem die Seele ihren Atem schöpft.””
Goethe meinte damit, dass er z. B. als Minister in Weimar korrektes Deutsch (Standarddeutsch) sprechen muss, daheim bei seiner Mutter
aber hessisch “babbeln” durfte.
Mundart bedeutete für ihn mehr als Sprache, sie bedeutet Identität, Gemüt, Herz -- und dies gilt selbstverständlich für alle Dialekte/Mundarten Deutschlands,
die auch die kulturelle Vielfalt unserer Heimat widerspiegeln.
Es wäre interessant, die ungefähr zwanzig Dialekte, die in Deutschland mit unzähligen Varietäten (noch) gesprochen werden, aufzuführen. So Alemannisch, Bairisch, Fränkisch, Friesisch, Hessisch, Pfälzisch, Niederrheinisch, Saterfriesisch, Thüringisch-Obersächsisch, Westfälisch usw. Als neuere Mundart wäre das sog. Ruhrpott-Deutsch zu nennen, das sich mit der beginnenden Industrialisierung ab etwa 1860 ausprägte. Unabhängig davon sind die umgangssprachlichen Regiolekte und Metrolekte zu sehen. Zahlreiche deutsche Mundarten sind aufgrund des zweiten Weltkrieges untergegangen wie u.a. Niederschlesisch, Oberschlesisch, Ostpreußisch.
Erfreulicherweise ist inzwischen der kulturelle Wert von Dialekten wieder erkannt worden. Das Aufwachsen eines Menschen mit Dialekt und deutscher Standardsprache gilt in der Neurologie als Variante der Mehrsprachigkeit, die u.a. kognitive Fähigkeiten wie Konzentration und Erinnerungsvermögen fördert. Noch vor nicht allzu langer Zeit waren Mundarten verpönt, wurden abgewertet, sind deshalb teilweise nur noch rudimentär vorhanden. Dies allerdings erheblich stärker im Niederdeutschen als im Oberdeutschen Sprachraum.
Die bairischen Dialekte mit drei Hauptsparten, die nicht nur im Freistaat Bayern gesprochen werden, umfassen das größte Mundartgebiet des deutschen Sprachraums, so u.a. auch Südtirol und den größten Teil Österreichs. Die bairische Dialektgruppe wird von der Internationalen Organisation für Normung als eigenständige Einzelsprache klassifiziert (Norm ISO 639 – 3) sowie von der UNESCO seit 2009 im Atlas als gefährdete Sprache aufgelistet. Verantwortlich für die Gefährdung sind Übernahmen aus dem Standarddeutschen und auch aus Regiolekten. Im Gegensatz zu den Mundarten mit ihren vielfältigen und ausdrucksstarken Möglichkeiten sind z. B. die Einheitsbegriffe aus dem öden Wortbaukasten des Fernsehens nur als erbärmlich anzusehen.
Die deutsche Standardsprache hat sich spät als sog. künstliche Ausgleichssprache entwickelt. Als wichtigster Schritt dazu gilt die Bibelübersetzung durch Martin Luther, die im Jahr 1534 vollendet war. Luther nutzte dafür bevorzugt ostmitteldeutsche und ostoberdeutsche Lexeme unter Verwendung der dortigen Kanzleisprachen, weniger solche westlicher und niederdeutscher Herkunft.
Einem sprachwissenschaftlich interessierten muss es auch immer äußerst befremdlich vorkommen, wenn sich Menschen richtigerweise z. B. für den Erhalt der Sprache der Yanomami-Indianer (heutiger Lebensraum in Venezuela und Brasilien zwischen den Flüssen Orinoco und Amazonas) einsetzen, aber die eigene Sprache und Mundart missachten.”
Teilen, Hinweis der Redaktion, Kommentieren und Bewerten in den sozialen Netzwerken und in der Bürgerredaktion: