Corona-Virus; hier: Solidarität der Vermieter
Sehr geehrte Damen und Herren der zuständigen Redaktion(en),
es ist gut und richtig, wenn die Bundesregierung die Kündigung von Mietverträgen während der Corona-Krise verbieten sollte. Was ich allerdings in noch keinem einzigen Medium (Zeitungen, Fernsehsendungen u. a.) gehört oder gesehen habe, sind Aufforderungen vor allem an die Vermieter großer Mietbestände, sich ebenfalls solidarisch zu zeigen und auf einen Großteil ihrer Mietforderungen zu verzichten. M. E. wäre eine solche Umverteilung von unten nach oben und auf Kosten der Steuerzahler weder gerecht noch solidarisch. Welcher gesellschaftsmoralische Zweck sollte es sein, wenn den Mietern seitens des Bundes oder des Landes Mietzuschüsse gewährt werden, die letztlich dennoch bei den Großvermietern landen? Mein Hinweis bezieht sich in erster Linie etwa auf gemeinnützige oder privatwirtschaftlich geführte Immobiliengesellschaften oder die Kirchen. Insbesondere die katholische Kirche, deren große und reiche Bistümer einen riesigen Bestand an Wohnungen und vermieteten Geschäftslokalen besitzen, könnte mit gutem Beispiel vorangehen. Sie hätte allen Grund dazu. Aus meiner Sicht sollte die Bürgergesellschaft auch hier eine tatenreiche, nicht nur eine rein verbale Solidarität erwarten dürfen. Es erscheint mir nicht zwingend glaubwürdig, wenn z. B. ein rheinischer Kardinal seinen Sprengel zur gegenseitigen Solidarität auffordert und kein Wort darüber verlauten lässt, dass die Kirche mit gutem Beispiel voranzugehen gedenkt und die Mieten aussetzt - oder wenigstens drastisch kürzt. Und zwar solange, wie sich diese Krise hinzieht.
Seit Wochen werden wir, die Bürger dieses Landes, aufgefordert, uns solidarisch zu zeigen, Abstände einzuhalten, häufiger die Hände zu waschen u. v. m. Diese Apelle an uns sind aller Ehren wert und (nicht nur) in Anbetracht der gegenwärtigen pandemischen Situation richtig.
Begleitet werden diese - zunächst auf freiwilliger Basis erbetenen - Verhaltensweisen von vielen Firmen-Schließungen aller Größenordnungen, sie werden begleitet von Kurzarbeit, von existenzbedrohenden Auftragsrückgängen in kleineren und mittleren Betrieben, bei Selbstständigen aller Fachrichtungen, bei Kunstschaffenden, bei wichtigen gesellschaftlichen Veranstaltungen wie der lit.Cologne etwa.
Für mich ist es weder nachvollziehbar noch moralisch erklärbar, dass die vielen Menschen, die ihre Existenz bedroht sehen, keine bis deutlich weniger Einnahmen ertragen müssen, die Mietzahlungen aber weitergehen. Von Mietzuschüssen des Staates habe ich im Übrigen auch noch nichts gehört.
Ich möchte Sie hiermit bitten, mit der Kraft Ihrer Kompetenz eines seriösen Mediums, dieser für viele Menschen existenzbedrohenden Situation und der offensichtlich wenig solidarischen Haltung von Vermietern im Allgemeinen einmal nachzugehen.
Vielen Dank für Ihr Verständnis.
Bleiben Sie gesund.
Mit freundlichen Grüßen
H. Jürgen Hoffmann (70), Köln
Bem.:
Ich erkläre mich überdies damit einverstanden, wenn Sie meinen Text in seiner Gänze resp. als Leserbrief abzudrucken gedenken. Gerne auch mit meinem Namen: H. Jürgen Hoffmann, Autor, Köln.
An dieser Stelle verweise ich gerne auf die Video-Analyse der Kabarettistin Anny Hartmann (bekannt aus Funk und Fernsehen, Die Anstalt, Ladies Night u. a.):
„Corona und die Miete (von Kleinunternehmen und Großgrundbesitz)“
https://youtube.com/watch?v=tBdVekBrHVE
Hier auch Anny Hartmanns Antwort vom 23.03.2020 auf meine E-Mail an sie vom 21.03.2020:
„Hallo Jürgen, es freut mich, dass dir mein Video so gut gefallen hat - und dass du den Gedanken auch selber hattest. Bin echt erstaunt, für wie wenige Leute das überhaupt diskutabel ist.
Die Miete ist ein Fixum - da geht man nicht mal gedanklich dran. Erschütternd, dieser Respekt vor dem Reichtum. Du kannst gerne den Link zu meinem Video hinter deinem sehr guten Leserbrief her schicken. … Bleibt gesund und liebe Grüße.“
Bis dato verschickt an:
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Oliver Welke (Kabarettist, Moderator)
Anny Hartmann (Kabarettistin)