Aufgrund meiner langjährigen beruflichen Erfahrung fühle ich mich angesprochen, zu diesem Thema Stellung zu beziehen, da die Realität anders ist, als von unserer Regierung versprochen und beschönigt wird.
Das Bundeskabinett hat im Eilverfahren ein Gesetz auf den Weg gebracht, damit von der Corona-Epidemie betroffene Betriebe ihre Mitarbeiter halten und Kurzarbeit nutzen können. Sie sollen leichter an Kurzarbeitergeld kommen, damit sie die Auswirkungen des Coronavirus abfedern können und Entlassungen vermeiden.
Die Bundesagentur für Arbeit übernimmt 60 Prozent des ausgefallenen Nettolohns, wenn Mitarbeiter in Kurzarbeit geschickt werden, bei Arbeitnehmern mit Kind 67 Prozent. Der Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), der Arbeitgeberverband BDA und die Regierung hatten am Mittwoch vereinbart, dass das Kurzarbeitergeld durch einen arbeitgeberseitigen Zuschuss aufgestockt werden soll, um Einkommenslücken zu minimieren.Anzeige Das soll durch Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträge vereinbart werden. In einigen Branchen gibt es bereits Tarifregelungen über eine Aufstockung, und zwar zwischen 75 und 97 Prozent des Nettoeinkommens.
Nun stellt sich mir die Frage, warum die aufgrund der Corona-Krise arg gebeutelten Arbeitgeber Zuschüsse als Ausgleich zum Kurzarbeitergeld zahlen sollen und nicht unser Staat?
Den Arbeitgebern wurden finanzielle Unterstützungen zugesagt. Diese müssten sich dann dementsprechend erhöhen, sollten Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld vereinbart werden. Deshalb schlage ich vor, dass
- die Bundesagentur für Arbeit vorübergehend durch Gesetzesänderung das Kurzarbeitergeld auf 80 Prozent des ausgefallenen Nettolohns sowie für Arbeitnehmer mit Kind auf 87 Prozent erhöht. Das würde den Betriebs- bzw. Tarifparteien langwierige Verhandlungen ersparen und zudem die Kaufkraft der Arbeitnehmer steigern, was für sich genommen auch die Binnennachfrage in Deutschland stärkt. Ansonsten bekämen wir direkt im Anschluss an die Corona-Krise eine neue Finanzkrise.
- das Finanzministerium vorübergehend durch Gesetzesänderung auf den Progressionsvorbehalt verzichtet. Das Kurzarbeitergeld ist grundsätzlich steuerfrei, kann aber zu Steuernachforderungen durch das Finanzamt führen. Die Ursache liegt im Progressionsvorbehalt des Einkommensteuertarifes. Das Kurzarbeitergeld sowie steuerfrei gezahlte Zuschüsse unterliegen nach dem Einkommensteuergesetz dem Progressionsvorbehalt. Das heißt, dass diese Einkünfte das steuerpflichtige Einkommen erhöhen und somit mit einem höheren Steuersatz belegt werden. Demnach würden alle Arbeitnehmer, die in diesem Jahr kurzarbeiten, im Steuerjahresausgleich für das Jahr 2020 anstatt einer eventuell eingeplanten Steuererstattung voraussichtlich eine Nachforderung in Höhe von mehreren hundert bzw. tausend Euro zahlen müssen.
In dieser dramatischen Situation ist schnelle Hilfe nötig, sowohl für unsere Unternehmen als auch für alle Beschäftigten. Da kann man nicht ständig den schwarzen Peter hin und her schieben, es muss unverzüglich gehandelt werden!
Unsere Politiker Merkel, Scholz und Altmaier haben versprochen, ein Schutzschild für Beschäftigte und Unternehmen zur Abfederung der Auswirkungen des Corona-Virus aufzustellen. Mit ihren Vorschlägen wird niemandem schnell geholfen. Im Gegenteil. Ihre Vorschläge beinhalten mal wieder einen enormen Bürokratismus und helfen nicht, zu einer Abmilderung der Belastung für Arbeitnehmer und Unternehmen. Zahlreiche Unternehmens- und Privatinsolvenzen könnten vielleicht verhindert werden.
Bleiben Sie gesund!
Christian Hartmann