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Aus eigener Erfahrung weiß ich, was es heißt, einsam und allein zu sein. So tun mir die

katholischen Priester leid, die nach einem Gottesdienst, in dem sie für eine Stunde im

Mittelpunkt stehen, wieder zurück in eine „leere“ Wohnung gehen müssen. Früher machte

ich mir darüber keine Gedanken, bis ich folgendes Erlebnis hatte:

Es war an einem Sonntag. Herr Pfarrer hielt eine Andacht zum heiligen Josef. Den Nährvater

Jesu hatte er sich zum persönlichen Fürbitter erkoren. Er flehte zu ihm, wenn er Probleme mit

sich herumtrug und nicht ein noch aus wusste.

Beim Eintritt in die Kirche bot sich mir ein Bild des Jammers .Der Rauchmantel hing schräg an seinen Schultern. Ich spürte seine Verlassenheit.

Nach der Andacht ging Herr Pfarrer durch die Bankreihen und besprengte uns mit Weihwasser. Bei dieser segnenden Handlung hatte ich ihm noch niemals ins Gesicht geschaut .Dieses Mal hatte ich mir vorgenommen, es zu tun. Unsere Augen begegneten sich Hilfesuchend sah er mich an.

Zu Hause angekommen, griff ich zum Telefon.“ Herr Pfarrer, was ist mit Ihnen? Sind Sie betrunken oder krank? „- „Sie tun mir unrecht. Ich bin nicht betrunken, sondern ich kann nicht mehr! Zudem trage ich seit Monaten einen bösen Brief mit mir herum, den mir ein Freund geschrieben hat .Gerade bin ich dabei, ihn zu beantworten.“ – „Aber, Herr Pfarrer, einen bösen Brief beantwortet man nicht. Werfen sie ihn ins Feuer und legen Sie sich eine Stunde hin. Sie werden sehen, dann schaut die Welt gleich wieder ganz anders aus. Ich mache mir schon lange Sorgen um Sie.“ –„ Schön zu wissen, dass ein Seelsorger auch eine Seelsorgerin hat.“ Mit den Worten: „Jetzt ist mir wohler“ verabschiedete sich Herr Pfarrer.

Wenn ihm jetzt auch für eine kleine Weile wohler war, spürte ich, dass er unter seiner Einsamkeit litt. Wie konnte ich zur Erleichterung der Situation beitragen? – Nach langem Nachdenken, kam ich auf die Idee, unserm Pfarrer jede Woche ein Zetterl zu schreiben. Damit wollte ich folgendes bezwecken: Erstens sollte Herr Pfarrer auf etwas warten können, zweitens sollte er sich nicht „ alleine“ fühlen, und drittens sollte es „ Nahrung für seine Seele“ sein. Dieses Zetterl steckte ich sonntags in ein Kästchen, zu dem nur der Pfarrer den Schlüssel hatte.

Ein Beispiel. Vorderseite: „ Teile dein Brot und es schmeckt besser. Teile dein Glück und es wird größer. P. Bosmans „ Rückseite: „ Lieber Herr Pfarrer! Das Hochamt am Sonntag haben Sie mit „ Herz und Seele“ gefeiert. Vergelts Gott! Eine gute Woche wünscht Ihnen Ihre Seelsorgerin.“


Ab und zu gab mir auch Herr Pfarrer Grund zum Ärgern. In so einem Fall ignorierte ich ihn und schrieb auch kein Zetterl. Da sahen mich dann am Dienstag vor der heiligen Messe zwei große blaue Augen fragend an. Diese Sendepause dauerte meistens nicht lange. Das Erbarmen gewann schnell die Oberhand.

Es gab allerdings Momente, in denen mich leise Zweifel überkamen, ob mein Handeln richtig sei. Das erwähnte ich einmal in einem Telefongespräch: „ Herr Pfarrer, oft sitze ich da und denke mir, jetzt schreibe ich Ihnen nicht mehr.“ – „ Das dürfen Sie nicht tun. Manchmal ‚lebe’ ich von dem Zetterl eine ganze Woche.“

Etliche Male kam ihm auch ein Verserl in den falschen Hals, wie z.B. dieses: „ In der Welt ist’s dunkel, leuchten müssen wir, du in deiner Ecke, ich in meiner hier.“ Der Pfarrer war stocksauer. Er fühlte sich abgeschoben. Mit dem nächsten Zetterl versuchte ich, die Stimmung wieder zu heben.

Jahrelang war es eine Gratwanderung zwischen Freude und Trauer. Trotz meiner liebevollen Zuwendung im Reden, Schreiben und Beten konnte ich Herrn Pfarrer nicht befreien aus seinem seelischen Kerker. Er starb mit 63 Jahren an gebrochenem Herzen.

Er war ein guter Priester, aber ein armer, sich nach Liebe sehnender Mensch.

( 30 Jahre Gratwanderung.)

Ilse Sixt


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