Rauchervereine sind erlaubt
und dürfen zu geschlossenen Gesellschaften jederzeit einladen
Sehr geehrte Damen und Herren,
bei der Interessengemeinschaft (IG) Fairness für Raucher (FFR) und beim Bundesverein Gastronomie und Genuss e.V. (BVGG) häufen sich die Anfragen und Beschwerden bezüglich der geschlossenen Gesellschaften von Rauchervereinen.
Unserer Einschätzung nach werden von den Ordnungsämtern und den Kontrolleuren vor Ort teilweise falsche Angaben gemacht. Möglicherweise werden die Vollzugshinweise zum Gesundheitsschutzgesetz (GSG) auch falsch interpretiert.
Deshalb wenden wir uns heute an Sie und möchten nachfolgend den Unterschied zwischen den seit 2010 verbotenen Raucherclubs und den, auch in Bayern, erlaubten echten geschlossenen Gesellschaften auf der Grundlage der aktuellen Rechtsprechung verdeutlichen.
Verboten sind die Raucherclubs der früheren Art mit einer offenen Mitgliederstruktur, Tagesmitgliedschaften etc., da diese Vereine/Clubs in unterschiedlicher Ausprägung für Jedermann bzw. einen bestimmten Personenkreis (z.B. alle Raucher in einer Stadt) frei zugänglich waren.
Erlaubt ist das Rauchen anlässlich echter geschlossenen Gesellschaften, die von Privatpersonen, Betrieben oder Rauchervereinen organisiert werden.
Voraussetzungen für diese echten geschlossenen Gesellschaften sind individuelle Einladungen an die Teilnehmer. Der Teilnehmerkreis muss von vornherein feststehen. In Verbindung mit einer Einlasskontrolle finden diese Veranstaltungen dann im nicht-öffentlichen Raum statt, bei denen das bayerische Gesundheitsschutzgesetz (GSG) keine Anwendung findet.
Entgegen der weit verbreiteten Ansicht können auch nach wie vor Rauchervereine gegründet werden. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat unter Bezugnahme auf den Art. 114 der Bayerischen Verfassung in zwei maßgeblichen Urteilen das Recht auf die Gründung von Rauchervereinen ausdrücklich bestätigt:
• Urteil des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 25. 06.2010
… Vom Rauchverbot ausgenommen sind demnach die echten geschlossenen Gesellschaften. Diese sind dadurch gekennzeichnet, dass sie nicht für jedermann oder einen bestimmten Personenkreis zugänglich sind, sondern dass nur im Vorhinein ganz bestimmten - also nicht beliebig wechselnden - Einzelpersonen Zutritt gewährt wird. Bei einer geschlossenen Gesellschaft müssen der Kreis der Mitglieder von vornherein auf eine Zahl fester Mitglieder begrenzt sein und die Mitglieder jederzeit individualisiert feststehen (…) Dazu gehören neben Familienfeiern beispielsweise auch vereinsinterne Zusammenkünfte. Die Annahme des Antragstellers, dass selbst Rauchervereine vom Rauchverbot erfasst seien, ist daher unzutreffend.
Demnach sind Raucherclubs, wie sie bis 2009 populär waren, zwar verboten.
Rauchervereine, die im Rahmen geschlossener Gesellschaften ihre Treffen abhalten, sind hingegen ausdrücklich erlaubt.
• Das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit
hat am 15.11.2011 in der Antwort auf eine von Fairness für Raucher beim Landtag eingereichten Petition ebenfalls bestätigt, dass das Recht zur Gründung von Rauchervereinen unabhängig vom Rauchverbot in öffentlich zugänglichen Räumen bestehen bleibt:
… Art. 114 Abs. 1 BV verbürgt das Recht, sich mit anderen zu gemeinsamen, beliebigen Zwecken zusammentun zu können. Hierzu gehört, einen Verein oder eine Gesellschaft zu gründen, mit einer inhaltlichen Konzeption, den potenziellen Mitgliederkreis zu definieren, Satzung und Sitz zu bestimmen, einer solchen Vereinigung zu einem beliebigen Zeitpunkt beizutreten und sich darin zu bestätigen.
(vgl. Lindner in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, 2009, Art. 114 Rn. 1, 11 ff., 16ff.).
… Die Regelungen des Gesundheitsschutzgesetzes und der Vollzugshinweise verbieten weder die Gründung von Rauchervereinen noch stehen sie der Ausübung des Vereins- oder Clubziels eines Rauchervereins entgegen. Auch die Funktionsfähigkeit eines solchen Vereins wird nicht beeinträchtigt.
gezeichnet: Staatssekretärin Melanie Huml, Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit
• Urteil des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 31. 01. 2012
Die Entscheidung von 2010 bezüglich der Vereinigungsfreiheit und der Möglichkeit, dass die Mitglieder von Rauchervereinen anlässlich geschlossener Gesellschaften dem Vereinszweck nachgehen dürfen, wird ausdrücklich bestätigt:
...Die einem solchen Verein angehörenden Raucher werden durch das Verbot nicht in ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 101 BV) verletzt. Für die verfassungsrechtliche Beurteilung gelten insoweit dieselben Gründe wie beim Rauchverbot in Gaststättenräumen. Die in Art. 2 Nr. 6 GSG ausdrücklich enthaltene Einschränkung „soweit sie öffentlich zugänglich sind“ stellt klar, dass auch in Vereinsräumlichkeiten nur dann ein Rauchverbot gilt, wenn einem bestimmten Personenkreis generell und nicht nur im Rahmen einer geschlossenen Gesellschaft Einlass gewährt wird. (vgl. BayVGH BayVBl 2011, 471)
… Die Regelung des Art. 3 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Art. 2 Nr. 6 GSG verbietet weder die Gründung und den Fortbestand von Rauchervereinen noch steht sie dem Beitritt zu einer solchen Vereinigung rechtlich oder faktisch entgegen. Auch die vereinsgemäße Betätigung, nämlich das gemeinschaftliche Rauchen, wird durch die angegriffenen Vorschriften nicht untersagt oder auf mittelbare Weise unterbunden. Die Mitglieder von Rauchervereinen können sich vielmehr jederzeit bei vereinsinternen Zusammenkünften im Rahmen echter geschlossener Gesellschaften dieser Beschäftigung widmen. (vgl. VerfGH BayVBl 2010, 658/665).
Ein aktueller Streitfall:
Obwohl sich die Rechtslage bzgl. der geschlossenen Gesellschaften von Rauchervereinen klar und eindeutig darstellt, beharrt das Ordnungsamt der Stadt Nürnberg derzeit darauf, dass neben der vereinsgemäßen Betätigung, nämlich das gemeinschaftliche Rauchen, noch ein zusätzlicher Anlass nötig sei, um zu einer geschlossenen Gesellschaften im nicht-öffentlichen Raum einladen zu können.
Das Ordnungsamt Nürnberg geht fälschlicherweise auch davon aus, dass … „ein Verein grundsätzlich auf Mitgliederzuwachs ausgerichtet ist und dessen Veranstaltungen damit von einem beliebig wechselnden Teilnehmerkreis besucht werden“.
Diese Annahme des Ordnungsamtes Nürnberg bezieht sich aber auf die mittlerweile verbotenen Raucherclubs mit Tagesmitgliedschaften etc., da hier im Gegensatz zu den echten geschlossenen Gesellschaften keine individuellen Einladungen ausgesprochen wurden.
Die echten geschlossenen Gesellschaften sind aber mit individuellen Einladungen verbunden, weshalb sich die Mitgliederanzahl von Vereinen, wie bei einem Freundeskreis auch, natürlich positiv oder negativ verändern kann und darf. Das entscheidende Merkmal für die Treffen der Vereinsmitglieder ist, wie bei allen anderen geschlossenen Gesellschaften (z.B. Geburtstagsfeiern), dass zum Zeitpunkt der Einladung zur geschlossenen Gesellschaft der mögliche Teilnehmerkreis von vornherein und individualisiert feststeht.
Auch auf diesen Zusammenhang hat der Bayerische Verfassungsgerichtshof in seinen Urteilen hingewiesen:
„Sachlich gerechtfertigt ist auch die in Art. 2 Nr. 8 GSG enthaltene Ungleichbehandlung zwischen den auf Mitgliedergewinnung ausgerichteten „offenen“ Rauchervereinen bzw. Clubs und sog. echten geschlossenen Gesellschaften. Bei Letzteren ergehen in der Regel persönliche Einladungen zu einem bestimmten Termin, an dem sich ein festgelegter Personenkreis zu einer Feierlichkeit oder einem sonstigen Anlass trifft ...“ (Auszug aus dem Urteil vom 31.01.2012)
Für die Interessengemeinschaft Fairness für Raucher (FFR) und dem Bundesverein Gastronomie und Genuss e.V. stellen die Forderungen des Ordnungsamtes Nürnberg eine gravierende Behinderung des Rechts auf Vereinigungsfreiheit gemäß dem Art. 114 der Bayerischen Verfassung dar.
Wenn neben dem Vereinszweck ein zusätzlicher Anlass bei Einladungen zu geschlossenen Gesellschaften gefordert wird, ist eine freie Terminwahl zu den Einladungen nicht mehr möglich!
Dies stellt eine Benachteiligung gegenüber allen anderen Vereinen dar, weshalb Fairness für Raucher und der Bundesverein Gastronomie und Genuss e.V. auch Rechtsmittel gegen diese Forderung des Nürnberger Ordnungsamtes einlegen werden.
Abschließend möchten wir noch darauf hinweisen, dass die zitierten Urteile und die Stellungnahme des Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit eindeutig aufzeigen, dass Rauchervereine gegründet werden dürfen. Unstrittig ist auch, dass diese Vereine dem Vereinszweck anlässlich echter geschlossener Gesellschaften jederzeit nachgehen können.
Dieses Grundrecht wird auch nicht dadurch eingeschränkt, dass in der Vergangenheit die Voraussetzungen für echte geschlossene Gesellschaften teilweise nicht gegeben waren und die Gerichte von Umgehungstatbeständen ausgegangen sind.
Wir bitten Sie, diese Erläuterungen zur aktuellen Rechtslage an die zuständigen Mitarbeiter
und Kontrolleure in Ihrem Haus weiterzuleiten. Vielen Dank.
Mit freundlichen Grüßen
Paul Mooser