Braunschweiger Zeitung vom 26.03.2016, Leserbriefseite, Titel: "Es mangelt an europäischer Solidarität"
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Europa hat 508 Millionen Einwohner. In Idomeni befanden sich am Stichtag 24. März 2016 noch 12 500 Flüchtlinge. Der Kontinent scheitert in einer Mischung aus Unwilligkeit und Unfähigkeit an der Aufgabe, den Flüchtlingen eine Heimat zu bieten. Während die Flüchtlinge in Idomeni im Schlamm übernachten, stehen in Deutschland Flüchtlingsunterkünfte leer. Es erhebt sich zugleich keine einzige europäische Stimme, um die Mitglieder des Weltsicherheitsrates an ihre versäumte Pflicht zu erinnern, nämlich die, gemäß Kapitel V, Artikel 24 der Charta der Vereinten Nationen für die internationale Sicherheit zu sorgen, indem sie in Wahrnehmung ihrer gemeinsamen Verantwortung den Urheber des nahöstlichen Übels, Herrn Assad, absetzen. Unsere Bundeskanzlerin ist eine liebe Frau, aber der Mut, den Großen der Welt die Meinung zu sagen, geht ihr ab. Das jämmerliche Verhalten Europas gegenüber dem Flüchtlingsproblem erinnert an die politische Unfertigkeit des Kontinents. Das europäische Parlament hat im Gegensatz zu allen anderen Parlamenten der Welt nicht das Recht, aus eigener Machtvollkommenheit aus sich heraus einen europäischen Regierungschef zu wählen, der wiederum ein europäisches Kabinett bildet. Der „Ersatzkaffee“ für das fehlende europäische Kabinett sind der Europarat und die Europäische Kommission, mit deren Hilfe die nationalen Regierungen darauf achten, dass Europa nicht zu europäisch wird. Ganz dringend fehlen ein europäischer Sicherheitsminister, bei dem alle Fäden der europäischen Terrorbekämpfung zusammenlaufen und ein europäischer Finanzminister, bei dem alle Fäden zur Erhaltung der Stabilität des EURO zusammenlaufen. Am heftigsten aber fehlt es an europäischer Solidarität und darüber hinaus an globaler Humanität. Wer die Häuser von Hilfsbedürftigen anzündet, ist nicht besser als der internationale Terror. Auch wenn das Christentum in Europa weitgehend zum Lippenbekenntnis verkommen ist, kann es keinem Europäer schaden, sich gelegentlich an den Ausspruch Jesu zu erinnern: „Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“ (Matthäus 25,40) Europa wird erst an dem Tage vollendet sein – auch im Umgang mit hilfsbedürftigen Menschen – an dem jeder Europäer aus innerer Überzeugung die ersten beiden Zeilen des Rütlischwurs vom 1. August 1291 als für sich gültig ausspricht(nach Friedrich Schiller):“Wir wollen sein ein einzig Volk von Brüdern, in keiner Not uns trennen und Gefahr!“ Persönlicher Kommentar des Leserbriefschreibers dazu:“ Liebe europäische Schwestern und Brüder, lasst uns sorgfältiger darauf achten, dass wir moralisch nicht verlottern, damit die Welt wieder Respekt vor Europa hat!“
Otfried Schrot, Ronnenberg
Die europäische Schande (gedruckt)
- von Otfried Schrot
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