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Als in der Nacht vom 20. zum 21. Juli 1944 das Staccato von Maschinenpistolen-Salven im Innenhof des Bendlerblocks zu Berlin von den umgebenden Hauswänden widerhallte, war das der Auftakt zur Schlußhypothenuse einer Götterdämmerung, in deren Finale Funebris das so genannte Dritte Reich nicht mit Pauken und Trompeten, sondern unter Trommelfeuer und Bombenhagel unterging. Kurz vorher hatte ein Standgericht unter dem Vorsitz von Generaloberst Friedrich Fromm, dem Befehlshaber des Ersatzheeres (zum Ersatzheer gehörten alle, nicht im Fronteinsatz stehenden Heeresverbände in der Heimat) den Oberst im Generalstab Claus Graf Schenk v. Stauffenberg, Fromms Stabschef, den General der Infanterie, Friedrich Olbricht, Chef des Allgemeinen Heeresamtes (AHA), dessen Stabschef, den Oberst Albrecht Ritter Mertz v. Quirnheim und den Adjutanten Stauffenbergs, den Oberleutnant Werner v. Haeften, zum Tode durch Erschießen verurteilt; dem ebenfalls im Bendlerblock verhafteten Mitverschwörer, Generaloberst a.D. Ludwig Beck, hatte Fromm auf dessen Bitte hin zugestanden, sich mit seiner Pistole selbst zu erschießen. Das Urteil wurde kurz vor Mitternacht von Soldaten des Berliner Wachregiments unter dem Kommando von Leutnant Schady, das zu diesem Zeitpunkt etatmäßig von der Division "Großdeutschland" gestellt wurde, im Hof des Bendlerblocks vollstreckt. Knapp zwölf Stunder vorher, etwa zur Mittagsstunde, hatte der Oberst i.G. Graf v.Stauffenberg im Führerhauptquartier  "Wolfsschanze" bei Rastenburg in Ostpreußen (heute polnisch) ein Bombenattentat auf Hitler verübt und war dann - ohne sich von dessen Erfolg zu überzeugen - mit dem Flugzeug wieder in seine Dienststelle nach Berlin zurückgekehrt. Dot mussten er und seine Mitverschwörer dann erfahren, dass Hitler das Attentat überlebt hatte und damit auch die "Operation Walküre" - unter diesem Stichwort lief der Staatsstreich gegen das NS-Regime - gescheitert war. Generaloberst Fromm, der Vorsitzende des Standgerichts im Bendlerblock und zugleich Gerichtsherr im  Kriegsgerichts-Verfahren gegen v.Stauffenberg, Beck, Olbricht, v.Quirnheim und v.Haeften wurde schon am nächsten Tag in seiner Funktion als Befehlshaber des Ersatzheeres (BdE) vom "Reichsführer SS", Heinrich Himmler, abgelöst; noch kurz vor Kriegsende, wurde er vom Volksgerichtshof unter dem Vorsitz von Dr. Roland Freisler zum Tode veruteilt und hingerichtet, weil er - so die Urteilsbegründung - "aus Feigheit" den Verschwörern nicht energisch genug entgegengetreten sei. Heute wissen wir, dass die Feindmächte in Ost, wie in West, damals die Verschwörer vom 20.Juli und den internen Deutschen Widerstand mit voller Absicht ignoriert haben. Einerseits duldeten sie keine "Mit-Sieger" neben sich, andererseits wollten sie zugleich mit dem Nazi-Regime auch die - ihrer Überzeugung nach - Wurzel allen Übels ausreißen: Den preußisch-deutschen Militarismus, als dessen Täger sie die Gesellschaftsschicht ausgemacht hatten, der Graf v.Stauffenberg angehörte. Unbestreitbar ist, dass die Adelskaste von der deutschen Niederlage im Ersten Weltkrieg besonders schmerzlich getroffen worde war. Zum einen lagen viele Rittergüter der "ostelbischen Krautjunker" auf einem Gebiet, das im Versailler Diktat von 1919 den Polen zugesprochen worden war, zum anderen sahen sich die Adeligen in ihrem traditionellem Berufsweg, in der Offizierslaufbahn, durch die Restriktionen von Versailles stark eingeschränkt. Die Tatsache, dass Deutschland nur noch eine Reichswehr von hunderttausend Mann, ohne schwere Artillerie, U-Boote und Flugzeuge erlaubt war, musste sich zwangsläufig auch auf die Karriereaussichten der Offiziere hemmend auswirken. Und als Hitler dann 1935 die "Ketten von Versailles" zerbrach und die Wiederherstellung der deutschen Wehrhoheit verkündete, wurde dies - nachweislich - gerade von adeligen Offizieren wie dem Grafen Stauffenberg begeistert begrüßt. Erst als im Verlaufe des Zweiten Weltkriegs die Schatten der ersten Niederlagen die glänzenden Siege und Anfangserfolge der Wehrmacht verdunkelten und schließlich immer deutlicher abzusehen war, dass dieser Krieg nicht mehr gewonnen werden konnte, begriff man auch in den Adelskreisen, dass nur durch die Beseitigung Hitlers und des NS-Regimes wenigstens halbwegs erträgliche Friedensbedingungen für Deutschland zu erreichen seien. Mehr war nach den Abmachungen der Kriegsgegner Deutschlands in Casablanca vom Januar 1943 und in Teheran vom Dezember 1943 einfach nicht möglich. In der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung"(FAZ) vom 21.März 1975 hat der langjährige Präsident des Deutschen Bundestages, Dr. Eugen Gerstenmaier, ehemals Konsistorialrat der (bekennenden) Evangelischen Kirche in Deutschland und als Mitglied der Widerstandsbewegung "Kreisauer Kreis" selbst in Gestapo-Haft ausgeführt: " Was wir im deutschen Widerstand während des Krieges nicht wirklich begreifen wollten, haben wir nachträglich vollends gelernt: Dass dieser Krieg schließlich nicht (nur) gegen Hitler, sondern gegen (ganz) Deutschland geführt wurde!" Eine späte Selbsterkenntis! Doch bei allem schuldigen Respekt vor den Akteuren des 20. Juli 1944: Sie haben auch vermeidbare Fehler gemacht. Streckenweise war die Durchführung von "Walküre" geradezu chaotisch. Ein unbeteiligter Zeuge, der schwer kriegsbeschädigte Rittmeister(Hauptmann) Bertram, Fromms Adjutant hat hier später von einem planlosen Umherlaufen und hektischem Herumtelefonieren der Verschwörer im Bendlerblock gesprochen. Möglicherweise ist es Graf Stauffenberg als dem "Motor" des Unternehmens zum Verhängnis geworden, dass  er in seiner gesamten militärischen Laufbahn immer nur "Büro-Offizier" in Stabsverwendungen gewesen ist; niemals - weder im Frieden, noch im Krieg - war er selbständiger Truppenführer, wie z.B. Regiments- oder Bataillonskommandeur, ja nicht einmal Kompaniechef. Es ist auch nur schwer zu verstehen, wie die militärischen Frondeure geglaubt haben können, die aktiven Generale und Admirale würden sich ohne weiteres dem von Hitler bereits "abgehalfterten" und in den Ruhestand versetzten Feldmarschall Erwin v.Witzleben als neuem Oberbefehlshaber der Wehrmacht unterstellen. Ebenso hatten die Verschwörer nicht die Größe, auch die Kommunisten mit ins Boot zu nehmen und so das ganze Unternehmen auf eine breitere Basis zu stellen; Doch es ist müßig, sich  in Spekulationen oder Schuldzuweisungen zu ergehen. Alle, die hier Fehler gemacht oder versagt haben, haben dafür mit ihrem Leben bezahlen müssen. Und natürlich hätten es die "Stammtischstrategen" besser gemacht, als die Verschwörer selbst; Gleiches gilt für die Historiker, jene rückwärts gewandten Propheten und für die so  genannten Zeitzeugen, die sich mit ihren "Erinnerungen" in den Vordergrund zu drängen suchten. Den historischen Quellenwert solcher Erinnerungsliteratur verdeutlicht am besten das Buch des früheren Oberleutnants der Reserve, Fabian v. Schlabrendorffs "Offiziere gegen Hitler", das sich von Auflage zu Auflage veränderte. Der Umstand, dass v.Schlabrendorff später zum Richter am Bundesverfassungsgericht - dem höchsten Gericht in der Bundesrepublik Deutschland - avancierte, machen dessen ständig wechselnden Darstellungen nicht glaubwürdiger. Hier fühlt man sich an die Worte von Hubert Freiherr v.Wangenheim, einem ehemaligen Flottillenadmiral der Bundesmarine erinnert, der sich im Frühjahr 1958 zur Problematik des 20.Juli 1944 wie folgt geäußert hat: "Wer von mir verlangt, dass ich die Gewissensentscheidung der Leute vom 20.Juli achte, von dem verlange ich, dass er die  Gewissensentscheidung derer achtet, die bis zum Ende durchhielten. Die Frage der besseren Einsicht ist zwangsläufig gekoppelt mit dem Informationslevel und damit die Möglichkeit zu Kritik und Widerstand". Und er fuhr fort: "Ich achte die Toten des 20.Juli, den lebenden Widerständlern gegenüber bin ich vorsichtig". Schließlich seien an dieser Stelle noch zwei ausländische - englische - Kommentare zu dieser Problematik angeführt: So hat Sefton Delmer, das britische Pendant zum NS-Propagandaminister Dr. Joseph Goebbels, in seinen Memoiren geschrieben: "Es tut mir zwar leid, dass diese Generale (er meinte damit die Verschwörer um Graf Stauffenberg) ihr Leben an Hitlers Fleischerhaken einbüßen mussten...." und fuhr dann fort: "Aber diese Männer und ihresgleichen waren die ersten Gönner und Förderer der Hitler-Bewegung gewesen. Sie waren die Nutznießer seines Dritten Reiches. Und sie erhoben sich erst dagegen, als sich herausstellte, dass sein Eroberungskrieg zum Scheitern verurteilt war"   Und in dem Buch "Englands Krieg gegen Deutschland" des schottischen Geistlichen Peter H. Nicoll   heißt  es zur Hinrichtung Stauffenbergs und seiner Mitverschwörer:"Man kann die äußerste Härte, mit der gegen diese Umstürzler verfahren wurde  verstehen. Niemand kann daran zweifeln, dass sie in England ebenso übel gefahren wären!"  Auch solche Stimmen gehören zur einer kritischen Auseinandersetzung mit der historischen Wahrheit. Das Attentat vom 20.Juli 1944 war vielleicht das größte Unglück, das die Deutschen in dieser, an Schicksalsschlägen nicht gerade armen Kriegszeit getroffen hat. Nicht, weil es verübt worden war, sondern, weil es missglückt ist. Von da ab kannte Hitlers Größenwahn keine Grenzen mehr, da er sich von der Vorsehung bestätigt fühlte. Noch einmal verfestigten sich infolge des mißglückten Attentats die Herrschaftsstrukturen des NS.Regimes. Zur Bilanz des 20.Juli 1944 gehört zweifellos auch die Feststellung, dass danach bis zum Kriegsende beinahe ebenso viele Menschen ums Leben gekommen sind, wie in all den Kriegsjahren zuvor; allein diese Tatsache rechtfertigt bereits den Versuch, Hitler gewaltsam  zu beseitigen!
 
Dr. Werner J. Leitmeier
Ingolstadt

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