Sehr geehrter Herr Bundestagspräsident,
die Internet – Bürgerplattform„abgeordnetenwatch.de“ hat herausgefunden, dass ca. 1000 Lobbyisten mit
Zugangsausweisen ausgestattet sind, mit denen sie jederzeit Zutritt zum Deutschen Bundestag haben. Wie Sie wissen, hat
die SPD – Parteibasis dagegen bereits protestiert. „abgeordnetenwatch.de“ hat auf Herausgabe der Lobbyisten-
Liste geklagt. Der Bundestag hat versucht, unter Einschaltung einer der teuersten Rechtsanwaltskanzleien Deutschlands,
die vom deutschen Steuerzahler bezahlt werden muss, die Klage abzuwehren. Der Deutsche Bundestag ist gescheitert.
Das Berliner Verwaltungsgericht hat der Klage von „abgeordnetenwatch.de“ auf Offenlegung von
Lobbykontakten der Bundestagsfraktionen in allen Punkten Recht gegeben. Wie ich höre, weigern sich die
Bundestagsfraktionen von CDU und SPD trotz des Gerichtsurteils, die Listen „herauszurücken“. Ist das der Respekt der
Bundestagsfraktionen vor Gerichtsurteilen? Stehen die Abgeordneten des Bundestages über dem Recht? Soll im Volke der
Eindruck entstehen, dass die Abgeordneten zwar vom Volke gewählt werden, aber die Anweisungen derer ausführen, von
denen sie „Zuwendungen“ erhalten? Herr Bundestagspräsident, sorgen Sie im Interesse des Ansehens der deutschen
Demokratie bitte dafür, dass sich im Bundestag nicht der Modergeruch eines verfaulenden Parlamentarismus ausbreitet!
Im Übrigen, sehr geehrter Herr Bundestagspräsident, sind wir uns sicher darin einig, dass eine „Parteispende“ über 100
000 EURO etwas ganz anderes darstellt als eine „milde Gabe“, die mit der Bezeichnung „Spende“ das Siegel christlicher
Ehrbarkeit und vor allem Selbstlosigkeit erhält! Herr Bundestagspräsident, stellen Sie mit einem Faustschlag auf das
Rednerpult im Bundestag Ihre Autorität wieder her und setzen Sie durch, dass die im Bundestag vertretenen Parteien die
Listen ihrer Lobbykontakte veröffentlichen!
Noch eine Empfehlung: ich rege an, dass Sie für die Dauer Ihrer Amtszeit als Bundestagspräsident Ihre
Parteimitgliedschaft niederlegen. Machen Sie deutlich, dass Sie nicht „der verlängerte Arm der Bundeskanzlerin“ sind,
sondern der fürsorgliche Vertreter der Interessen aller Bundestagsabgeordneten, auch derjenigen der Opposition!
Ein Schlusswort zum Bundessicherheitsrat: dort werden Entscheidungen getroffen, die nicht einmal alle
Bundestagsabgeordneten erfahren, geschweige denn das deutsche Volk. Geheimhaltung ist nichts weiter als das
Produkt schlechter Gewissen! Regierung und Parlament schulden dem deutschen Volke Rechenschaft über
jede einzeln exportierte Waffe, denn sie kann künftig jedem deutschen Soldaten während seines
Auslandseinsatzes zum Schicksal werden!