Ertrinkende sind ganz offensichtlich nicht in Sicherheit, sondern in Lebensgefahr. Deshalb kann es auch keinen Zweifel geben über die Verantwortlichen, die zur Rechenschaft zu ziehen sind. Der von mir in meinen Leserbriefen schon oft zitierte Artikel 24 der Charta der Vereinten Nationen sagt es überdeutlich: Um ein schnelles und wirksames Handeln der Vereinten Nationen zu gewährleisten, übertragen die Mitglieder dem Sicherheitsrat die Hauptverantwortung für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit und erkennen an, dass der Sicherheitsrat bei der Wahrnehmung der sich aus dieser Verantwortung ergebenden Pflichten in ihrem Namen handelt. Kommentar des Leserbriefschreibers: wenn er es doch nur täte! Statt ihre Pflicht zu tun, bedrohen die Großen sich gegenseitig mit ihren Atomwaffen und stehlen sich gegenseitig „Fleischstücke“ aus ihren Einflussbereichen. Zu diesen „Diebstählen“ gehören die NATO – Osterweiterung durch die USA und die folgerichtige „Befreiung der Krim“ durch Russland. Während die beiden damit beschäftigt sind, sich gegenseitig zu ärgern, wird das Elend auf der Welt größer und größer. Zwischen 1945 und 2015 ist ausreichend Zeit gewesen, einen Teil der Kriegsflotten der Welt zu einer „Weltseepolizei“ umzurüsten mit dem Auftrag, Piraterie, Waffenhandel, Drogenhandel, Menschenhandel, Flüchtlingsschmuggel und alle Arten der Entsorgung der Schifffahrt auf den Weltmeeren organisatorisch in den Griff zu bekommen. Entweder hat die politische Fantasie oder der Wille gefehlt. Wahrscheinlich beides. Andererseits soll man der UNO nicht Unrecht tun. Vieles hat sie bewirkt, aber noch mehr hat sie nicht bewirkt. Der Leserbriefschreiber hat den Eindruck gewonnen, dass die Unterorganisationen der UNO sich redlich bemühen, Wunden zu heilen, die von den Hauptwaffenexporteuren der Welt – die damit auch den Krieg exportieren – nämlich den USA, Russland , China und Deutschland – erneut aufgerissen werden. Bissig formuliert: in der UNO sind gegeneinander wirkende Kräfte tätig, so dass auf dieser Welt nichts besser wird. Deshalb müssen Tausende von Menschen, die sich nach einer besseren Welt sehnen, im Mittelmeer ertrinken. Bei aller Abneigung gegen Diktaturen muss festgestellt werden, dass auf dieser Welt eine “eiserne Faust“ fehlt, die gelegentlich krachend auf den Tisch fällt, wenn vor allem die Mächtigsten auf dieser Welt ihre Pflichten gegenüber der gesamten Menschheit vergessen.
Otfried Schrot
Autor des Buches
"Zwanzig Appelle eines Zornigen an die Welt"