Ende Mai wird das Europäische Parlament gewählt. Dabei geht es auch um die Zukunft freiheitlicher Positionen in Europa. Wird die EU weiterhin von einer Politik der Überregulierung dominiert werden? Wie stehen die Chancen liberaler Parteien in Deutschland und Europa? Und seit wann wirbt die SPD eigentlich mit Plakaten „gegen Bevormundung“?
Zwischen dem 22. und dem 25. Mai werden etwa 400 Millionen Menschen in 28 Ländern dazu aufgerufen sein, das Europäische Parlament zu wählen. Obwohl es sich dabei weltweit um die zweitgrößte demokratische Wahl handelt, ist davon in Deutschland noch wenig zu spüren. Der Wahlkampf nimmt kaum Fahrt auf, die Parteien sparen das Geld lieber für die nächste Wahl, wie die FAZ berichtet. Es ist schwer mit europäischen Themen die Menschen zu begeistern. Die CDU plakatiert deshalb auch gleich Kanzlerin Merkel, obwohl diese überhaupt nicht zur Wahl steht.
EU, Brüssel, Straßburg. Das stand in den letzten Jahren zu oft für Bürokratie, Lobbyismus und Bevormundung. Anstatt eine gemeinsame Vision eines freien und friedlichen Europas zu entwerfen, schickte man sich an, das Leben der Bürger bis ins Detail zu regeln. In ihrem notorischen Regulierungswahn schreckte die EU nicht vor noch so absurden Vorschlägen zurück – oder brauchen wir wirklich ein Verbot von Steinkrügen? Das führte in der Vergangenheit dazu, dass die Mehrheit den Gang zur Wahlurne gar nicht erst antrat. 2009 lag die Wahlbeteiligung in Deutschland und Europa gleichermaßen bei 43 Prozent. Dennoch werden mit der Wahl wichtige Weichen für die nächsten fünf Jahre gestellt.
Viele Bürger sind genervt von der Verbotspolitik und verbitten sich eine weitere Einmischung in ihr Leben. Sie wünschen sich, dass die Parteien Bürgerrechte und persönliche Freiheit in den Vordergrund stellen. Ironischerweise setzt sich laut einem Bericht der Welt neuerdings selbst die EU Kommission für Bürokratieabbau ein. EU-Kommissar Michel Barnier verspricht etwa: „Ich möchte die gesamte EU-Gesetzgebung einer Überprüfung unterziehen: Brauchen wir sie noch oder nicht?"
Reift also die Erkenntnis endlich auch bei EU-Vertretern, dass wir keine Regulierung von Duschköpfen, Glühbirnen und Zigarettenverpackung brauchen? Darauf wetten würden wir nicht, die nächsten Verbote stehen schließlich bereits an. Im September diesen Jahres geht es „stromfressenden“ Staubsaugern an den Kragen. Geräte mit mehr als 1.600 Watt Leistung sind dann verboten. So stellt sich vor der Europawahl die Frage, ob freiheitliche Werte und Ideen in den nächsten fünf Jahren tatsächlich wieder stärker in den Mittelpunkt rücken werden.
In Union und SPD regt sich zumindest langsam Widerstand gegen zu viel Brüsseler Einmischung. So geht die CSU mit ihrem „Europaplan“ auf Konfrontationskurs zu ihrer Schwesterpartei CDU und fordert weniger Regulierung sowie eine Halbierung der EU-Kommission. Und sogar die SPD bewirbt auf ihren Wahlplakaten „Ein Europa der Demokratie. Nicht der Bevormundung“. Allerdings bleibt abzuwarten, ob es sich hierbei um mehr als Lippenbekenntnisse handelt. Schließlich besetzten sowohl Union als auch SPD über ihre europäischen Zusammenschlüsse EVP und SPE bereits in den letzten Jahren die Schlüsselpositionen in Parlament und Kommission.
Die FDP hingegen, die sich seit jeher gegen staatliche Bevormundung einsetzt, hat sich immer noch nicht von der Schlappe bei der letzten Bundestagswahl erholt. Die Partei ist hauptsächlich mit sich selbst beschäftigt und dümpelt in Prognosen bei drei bis vier Prozent herum. Nachdem das Bundesverfassungsgericht zuletzt die Drei-Prozent-Hürde gekippt hat, ist der Einzug ins Parlament zwar sicher – ein starkes liberales Signal aus Deutschland sieht jedoch anders aus.
Die Alternative für Deutschland (AfD) spricht mit ihrer Europakritik und dem Kampf gegen staatliche Bevormundung ebenfalls vielen freiheitlich denkenden Menschen aus der Seele. Allerdings vertritt sie mit ihren Ansichten etwa zu Homosexualität und Migranten teilweise auch rechtskonservative Positionen. Die AfD liegt laut aktuellen Umfragen bei 6 Prozent.
Auch in anderen europäischen Ländern sind liberale Parteien nicht in der Lage eine Mehrheit zu überzeugen. Die Allianz der Liberalen und Demokraten für Europa (ALDE), der auch die FDP angehört, steht nach der Prognose von TNS Opinion europaweit bei 8 Prozent. Sie ist damit zwar drittstärkste Kraft, bleibt aber mit weitem Abstand hinter Konservativen (EVP) und Sozialdemokraten (S&D) zurück, die in Umfragen jeweils auf 28 Prozent kommen.
Obwohl viele Parteien das Thema Freiheit also langsam wieder ernster nehmen, bleibt uns Bürgern für Freiheit und Toleranz wohl auch weiterhin nichts anderes übrig, als die Politik regelmäßig zu erinnern: Danke, das können wir selbst!
Bodo Meinsen
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