Allgemeine Zeitung Mainz vom 12.04.2025 wie Bild
Wie ein Mühlstein scheint Friedrich Merz inzwischen seine - und die seines Generalsekretärs Carsten Linnemann - taktisch völlige Fehleinschätzung des Umgangs mit der Schuldenbremse am Hals zu hängen. Wie konnte das passieren - wo doch schon Wochen vor der Wahl, nicht zuletzt durch das Dauerveto aus München gegenüber einer Regierungsbeteiligung der Grünen, eine angestrebte (Mitte-)Koalition nur mit der SPD möglich sein würd - dass Merz noch am Tag vor der Wahl Veränderungen an der Schuldenbremse lautstark ablehnte, obwohl genau das mit der SPD nicht möglich sein würde? Hat er wirklich nicht seine Wähler derart einfältig eingeschätzt, dass sie seine 180-Grad-Wende kritiklos schlucken werden - und nicht nur sie, sondern, schlimmer noch, auch seine Parteimitglieder, die ihm mit z. T. spektakulären Parteiaustritten jetzt die Rote Karte zeigen? Ein klares Wort der Entschuldigung gleich zu Beginn der Sondierungsgespräche mit der SPD hätten vielleicht zur Beruhigung beigetragen, aber stattdessen schickte er seine Getreuen, wie z. B. Thorsten Frei, nach vorn, die mit blumigen Umschreibungen versuchten, den Merz-Kopf aus der Lügenschlinge zu befreien. Je länger das so weiter geht, desto länger wird das seine Kanzlerschaft belasten - so sie denn (noch) zustande kommt. Der Wind bläst ihm schließlich aus allen, selbst konservativen Medien-Ecken entgegen.
Walter Krombach