Wir Europäer können stolz sein – oder nicht?
Europa ist ein Kontinent mit einer großen Geschichte. Seit weit über 4500 Jahren haben die Menschen hier erstaunliche Dinge geschaffen – in der Wissenschaft, in der Technik, in der Kunst, in der Politik und im Denken. Sehr viele der Ideen, Erfindungen und Werte, die heute auf der ganzen Welt bekannt sind, haben ihren Ursprung in Europa. Und das ist ein guter Grund, stolz auf diesen vielfältigen Kontinent zu sein.
Weltberühmte Leistungen
Die ersten bedeutenden Kulturen Europas entstanden schon um 2500 vor Christus auf der Insel Kreta, im heutigen Griechenland. Die Minoer und später die Mykener entwickelten erste Schriften und bauten prächtige Paläste. Aus dem antiken Griechenland stammen weltberühmte Ideen, wie die Demokratie in Athen, die Philosophie von Sokrates, Platon und Aristoteles, und die Mathematik von Euklid, Pythagoras und Archimedes. Auch die Olympischen Spiele begannen dort – im Jahr 776 vor Christus.
Sprachen und Recht – Made in Europe
Zur gleichen Zeit wuchs in Italien das Römische Reich. Von Rom aus bauten die Römer Straßen, Aquädukte und Bauwerke wie das Kolosseum. Sie entwickelten ein Rechtssystem, teilweisen von den „Alten Griechen“ kopiert, das heute noch in vielen europäischen Ländern gilt. Die lateinische Sprache, aus der sich zum Beispiel Italienisch, Französisch und Spanisch entwickelten, stammt ebenfalls aus dem Römischen Reich.
Bildung und Handel blühen bis heute
Im Mittelalter sorgte Karl der Große – Herrscher über große Teile des heutigen Deutschlands und Frankreichs – um 800 n. Chr. für Bildung, Ordnung und die Verbreitung des Christentums. Es entstanden prächtige Kathedralen wie Notre-Dame in Paris oder der Kölner Dom. Universitäten wurden gegründet – in Bologna (1088), Paris (1150) und Oxford (1167). Gleichzeitig erkundeten die Wikinger aus Norwegen, Schweden und Dänemark neue Länder und entdeckten sogar Nordamerika, lange vor Kolumbus. Die Hanse, ein Handelsbund mit Städten wie Lübeck und Hamburg, machte Nordeuropa wirtschaftlich stark.
Geniale Erfindungen und Entdeckungen
Um 1440 erfand Johannes Gutenberg aus Mainz den Buchdruck. Kurz darauf segelte Christoph Kolumbus (Genua/Italien, für Spanien) nach Amerika, Vasco da Gama (Portugal) fand den Seeweg nach Indien, und Ferdinand Magellan (Spanien) umsegelte die Erde. In Italien schufen Leonardo da Vinci, Michelangelo und Raffael unvergessliche Kunstwerke, Leonardo dazu noch Maschinen. Wissenschaftler wie Galileo Galilei (Italien), Johannes Kepler (Deutschland) und Isaac Newton (England) revolutionierten unser Weltbild.
Revolution: Aufklärung - Vernunft - Maschinen
Im Zeitalter der Aufklärung schrieben Voltaire und Rousseau (Frankreich), John Locke (England) und Immanuel Kant (Deutschland) über Menschenrechte, Vernunft und Demokratie – Ideen, die zur Französischen Revolution 1789 führten. Bald darauf begann in Großbritannien die industrielle Revolution mit der Dampfmaschine, Eisenbahnen und Fabriken.
Naturwissenschaft und Technik aus Europa
Im 19. Jahrhundert erfanden Karl Benz und Gottlieb Daimler (Deutschland) das erste Auto. Die Erforschung von Elektrizität wurde durch Alessandro Volta (Italien) und Michael Faraday (England) möglich. Wilhelm Conrad Röntgen (Deutschland) entdeckte 1895 die Röntgenstrahlen. Albert Einstein (Deutschland), Max Planck (Deutschland) und Erwin Schrödinger (Österreich) legten die Grundlagen der modernen Physik. Und das waren nur einige Beispiele. Marie Sktodowska-Curie, die britische Mathematikerin Ada Lovelace (1815-52), gilt als erste Computerprogrammiererin - um nur einmal zwei Frauen von vielen großartigen Europäerinnen zu erwähnen. Samantha Cristoforetti (geb. 1977) ist eine italienische Astronautin und Militärpilotin, die fast 200 Tage auf der Internationalen Raumstation verbrachte - noch Fragen?
Nach den Kriegen: Frieden in Europa
Nach den Schrecken des Ersten und Zweiten Weltkriegs (1914–1918 und 1939–1945) wählten viele europäische Länder den Weg der Zusammenarbeit statt der Feindschaft. Daraus entstand 1951 die Europäische Gemeinschaft – heute die Europäische Union mit 27 Mitgliedsstaaten. Der Euro wurde eingeführt, und die Zusammenarbeit reicht bis ins Weltall: 1983 flog Ulf Merbold (Deutschland) als erster Europäer ins All. Heute ist die ESA (European Space Agency) ein globaler Partner im Weltall.
Europa: Auch in der modernen Philosophie führend
Europa war und ist auch in der modernen Philosophie führend – mit Denkern wie Jean-Paul Sartre (Frankreich), Theodor W. Adorno (Deutschland) oder Michel Foucault (Frankreich), die neue Fragen zur Gesellschaft, Freiheit und Verantwortung stellten. Und heute: Jürgen Habermas, zweite Generation der Frankfurter Schule, Peter Sloterdijk, um zwei lebende berühmte Philosophen zu erwähnen - und davon haben wir noch mehr in Europa.
Europa vereint – eine Weltmacht
All das zeigt: Europa ist ein Kontinent mit vielen Gesichtern – aber mit einer gemeinsamen Geschichte voller Mut, Neugier, Entdeckungen und Menschlichkeit. Darauf dürfen wir Europäer mit gutem Grund stolz sein. Und noch etwas: Die Geschichte der USA begann erst vor nicht einmal 250 Jahren – weshalb sollten wir Europäer vor Leuten wie Trump und Musk & Co kuschen und wie Kaninchen auf Schlangen starren? Ein vereintes Europa hat einen größeren Binnenmarkt als die USA, um auch das zu erwähnen. Und noch ein kleiner Hinweis am Rande: Kiew (Ukraine) ist eine Gründung der Wikinger – zur Erinnerung für Herrn Putin.
Jörg Stimpfig