Was ist Freiheit?
Viele reden davon, doch der Begriff ist intellektuell anspruchsvoll und erklärungsbedürftig. So gibt es z.B. unternehmerische Freiheit, es gibt Meinungsfreiheit und es gibt Eigenverantwortung im Hinblick auf die Lebensgestaltung, Familie, Gesundheit, Ernährung, Naturschutz, etc.
Der sowjetische Autor Wassili Grossman (1905-1964) schrieb in seinem Buch: Leben und Schicksal (Übersetzung von 2007, claassen), einem Buch über das Schicksal der Familie Strum rund um die Ereignisse der Schlacht um Stalingrad:
„Freiwillig verzichtet der Mensch nicht auf Freiheit. In dieser Erkenntnis leuchtet ein Licht für unsere Zeit, ein Licht für die Zukunft.“
„Der natürliche Freiheitsdrang des Menschen ist unauslöschlich, man kann ihn unterdrücken, doch ausmerzen kann man ihn nicht. Der Totalitarismus kann nicht auf Gewalt verzichten. Verzichtet er auf Gewalt, so bedeutet das seinen Untergang. Immerwährender, nie endender, offener und getarnter Terror ist die Basis des Totalitarismus.“
„Macht die menschliche Natur einen Wandel durch? Ändert sie sich im Siedetopf der totalitären Gewalt? Geht dem Menschen der ihm eigene Drang nach Freiheit verloren? … Da sind die großen Aufstände im Warschauer Ghetto, in Treblinka und Sobibor, da ist die riesige Partisanenbewegung, die in unzähligen von Hitler versklavten Ländern aufloderte. Da ist der poststalinistische Berliner Aufstand im Jahr 1953 und der ungarische Aufstand im Jahr 1956, da sind die Aufstände, die nach Stalins Tod in den Lagern Sibiriens und des Fernen Ostens aufflammten. Die polnischen Bummelstreiks in der gleichen Zeit, die studentische Protestbewegung gegen die Unterdrückung der Meinungsfreiheit, die sich auf viele Städte ausgeweitet hatten, die Streiks in vielen Fabriken zeigen die Unauslöschlichkeit des dem Menschen wesenseigenen Freiheitsbestrebens. Es war unterdrückt, doch es existierte. Der in Versklavung gefallene Mensch wurde aufgrund seines Schicksals zum Sklaven, nicht aber aufgrund seiner Natur.“
Mein Kommentar: Wassili Grossman schreibt aus einer Zeit großer Diktaturen und monströser Verbrechen. Heute neigen die Menschen, welche viel mehr Freiheit haben als damals, dazu, sich selbst zu versklaven. Sie eifern Glaubenssätzen und Ideologien nach, versklaven sich im Drang wohlhabend und einflussreich zu sein. Wir stehen heute vor einer ganz anderen Herausforderung, da es kaum noch Opferbereitschaft gibt, weil der Feige und Angepasste in der Regel wohlhabender leben kann. Somit erwacht der Ungeist des Totalitarismus erneut und viele begrüßen ihn. Ist der Mensch von Natur aus wirklich freiheitsliebend?
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Timo Böhme