Das katalanische Volk begeht am 11. September seinen Nationalfeiertag in Erinnerung an den 11. September 1714, als der Bourbonenkönig Philipp von Anjou Barcelona besetzte und die katalanische Unabhängigkeit erlosch. Nicht erloschen ist bis zum heutigen Tage der Traum von der Unabhängigkeit Kataloniens. Die Freiheitsbestrebungen der Katalanen sind Symptom einer globalen Krankheit, dem nur sehr unzulänglichen Mitbestimmungsrecht von 7,5 Milliarden Weltbürgern bei der internationalen Politik.
Die Welt ist aufgeteilt zwischen Völkern mit eigenem Staatsgebiet, auf welchem Minderheiten ohne eigenes Staatsgebiet leben mit recht unterschiedlichen Mitbestimmungsrechten, die auf dem Territorium ihrer „Herrenvölker“ mehr oder weniger geduldete Gäste sind. Das auf deutschem Boden lebende Volk der Sorben hat sogar die deutsche Staatsbürgerschaft, am anderen Ende der Mitbestimmungskette sind die auf dem Boden Myanmars lebenden Rohyngia ständige Opfer staatliche Willkür ohne jedes Mitbestimmungsrecht und die indigenen Völker in Brasilien werden zur Zeit von dem vom brasilianischen Herrenvolk gewählten Staatschef Bolsonaro der Grundlagen ihrer Existenz beraubt.
Das führt zu einem zweiten globalen Problem. Das internationale Recht ist Freiwild. Es wird nach Lust und Laune von den Machthabern der Welt gebrochen, sei es von Donald Trump, sei es von Wladimir Putin, sei es von Xi Yinping, sei es von Recep Tayyib Erdogan. Es gibt das Selbstbestimmungsrecht der Völker, eine edle juristische Schöpfung. Es ist kein Problem, dieses von Juristen so zurechtbiegen zu lassen, dass es auf die Katalanen keine Anwendung findet – wie auf die Kurden – wie auf die Uighuren. Der Weg bis zur vollständigen Mitbestimmung aller Weltbürger am politischen Geschehen ist noch weit. Er sollte über zwei dringend und schnell zu schaffende Zwischenstufen führen:
- Gründung einer Generalversammlung der „Völker ohne eigenes Staatsgebiet“ zu dem Zwecke, sie aus der „Schmuddelecke des Terrorismus„ herauszuholen so wie als gleichwertiger Gesprächspartner der Völker mit eigenem Staatsgebiet, der Generalversammlung der Vereinten Nationen.
- Gründung des seit langem überfälligen Weltparlamentes, besetzt zur Hälfte mit von den nationalen Parlamenten entsandten Abgeordneten und zur Hälfte mit direkt von den Weltbürgern gewählten Abgeordneten
Da die Regierungen der Welt keinen Finger krumm machen werden für eine Verwirklichung dieser Vorschläge, hat die Idee nur dann eine Chance, wenn sich die Tausende von Nichtregierungsorganisationen, die alle auf ihren jeweiligen Spezialgebieten zum Wohle der Menschheit arbeiten, zusammenschließen, sich die Forderung nach der Gründung dieser beiden Organisationen zu eigen machen und sie mit angemessenen friedlichen Mitteln durchsetzen. Otfried Schrot