Am Anfang des Weges zur Katastrophe von Kabul wurde ein Vertrag unterzeichnet der den gleichen Verzweiflungsschrei enthält wie der Schreckensruf eines kleinen Jungen, der eine Fensterscheibe eingeworfen hat und der seiner zornigen Mutter zuruft „Mama, ich will es nie wieder tun!“
Der Vertrag, um den es sich handelt, war die 1945 von allen Nationen, die das Entsetzen über die Gräuel des Zweiten Weltkrieges noch in den Knochen hatten, unterzeichnete Charta der Vereinten Nationen, und der Schreckensschrei, der völkerrechtlich verbindlich in der Präambel der UN – Charta niedergelegt ist, lautet bis auf den heutigen Tag :“Wir sind fest entschlossen, künftige Generationen vor der Geißel des Krieges zu bewahren!“
Das Gelöbnis wird seit 1945 bis heute von allen Mitgliedsnationen der UNO Tag für Tag mit Kriegen und Rüstungsexporten gebrochen, und die nachwachsenden Generationen, die vor der Geißel des Krieges bewahrt werden sollten, werden eine nach der anderen auf den Schlachtfeldern der Welt „verheizt“.
Der krönende Abschluss dieser Entwicklung ist die Katastrophe von Kabul gewesen. Man könnte auch sagen: „Wer internationale Verträge nicht einhält, muss dafür büßen!“
Das Ausmaß der Katastrophen ist durchaus noch steigerungsfähig.
Wenn wir so weitermachen, nämlich mit immer wirkungsvolleren Waffen immer längere Kriege zu führen mit immer mehr Toten, mehr Zerstörungen und mehr Vernichtungen, dann wird das früher oder später zu einer entvölkerten, unbewohnbaren Erde führen! Millionenheere von Flüchtlingen, hungrig, krank, hilflos und heimatlos, werden durch die Welt ziehen und überall an Türen klopfen, hinter denen sie nicht willkommen sind !Dann werden wir dafür bestraft werden, dass wir der Profitgier der Rüstungsindustrie und der Herrschsucht der Machthaber immer wieder nachgegeben haben.
Die Menschheit wird gut daran tun, nach der Katastrophe von Kabul einen „Runden Tisch“ zu bilden und sich die Frage vorlegen: „Was haben wir falsch gemacht?“
An erster Stelle auf der Fehlerliste sollte der Satz stehen:“ Wir, die Regierungen der Welt, haben den wichtigsten internationalen Vertrag nach dem Zweiten Weltkrieg, die Charta der Vereinten Nationen, aus Herrschsucht, Profitgier, Verantwortungslosigkeit und Gleichgültigkeit gebrochen!“
Otfried Schrot