Wir müssen es immer wieder erleben: die Energie der Politiker reicht für den Abschluss von Verträgen aus, aber nicht für die Vertragserfüllung. Eine Unterschrift ist schnell zu Papier gebracht. Dem Klimavertrag von Paris ergeht es nicht anders.
Der "Klimaschutzplan 2050" der deutschen Bundesregierung beschreibt die klimaschutzpolitischen Grundsätze und Ziele im Blick auf die Umsetzung des Übereinkommens von Paris. Im Rahmen des Paris-Abkommens hat sich die Weltgemeinschaft völkerrechtlich verbindlich zu dem Ziel bekannt, die globale Erwärmung auf deutlich unter 2 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen (sog. Zwei-Grad-Ziel) und darüber hinaus Anstrengungen zu unternehmen, die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Hierzu hatte die Europäische Union im Vorfeld der UN-Klimakonferenz von Paris den Plan eingebracht, EU-weit die Treibhausgasemissionen bis 2050 um 80 bis 95 Prozent gegenüber dem Jahr 1990 zu senken. Der "Nationale Klimaschutzplan 2050" sollte die hierfür erforderlichen Reduktionsschritte aufzeigen. Er wurde am 14. November 2016 vom Bundeskabinett beschlossen. Der "Klimaschutzplan 2050" selbst beinhaltete noch keinen konkreten Maßnahmenplan, er kündigte jedoch an, dass ein in seiner Minderungswirkung quantifiziertes Massnahmenprogramm im Jahr 2018 vorgelegt werden sollte. Das Klimakabinett sollte gewährleisten, dass der "Klimaschutzplan 2050" umgesetzt wird. Am 9. Oktober 2019 wurde vom Bundeskabinett das "Klimaschutzprogramm 2030" der Bundesregierung zur Umsetzung des "Klimaschutzplans 2050" beschlossen.
Was lesen wir am 7. Januar 22 in der Zeitung? Deutschland entfernt sich von den Klimazielen. Der Ausstoß von Kohlendioxid in Deutschland betrug im Jahre 2021 772 Millionen Tonnen. Das bedeutet einen Anstieg von 33 Millionen Tonnen im Vergleich zu 2020! Dies geht aus einer Studie der Denkfabrik Agora hervor.
Die Menschheit tut sich schwer damit, ihren Willen zur Umsetzung des Klimavertrages nicht „abbröckeln zu lassen“. Auch Kriege sind ein Hindernis. Staaten, die zwanzig Jahre lang gegeneinander Krieg führen, werden in diesem Zeitraum nicht gleichzeitig „an einem Strang“ bei der Umsetzung des Klimavertrages ziehen! Beispiel aus den Medien am 7. Januar 2022:Japan und Australien rücken mit Blick auf das wachsende Machtstreben Chinas in der Region militärisch enger zusammen. Die Regierungschefs der beiden Bündnispartner der USA, Fumio Kishida und Scott Morrison, unterzeichneten ein Abkommen zur Erleichterung gemeinsamer Manöver. Manöver sind Kriegsvorbereitungen. Die beiden Herren hätten auch etwas Klügeres tun können. Die Flugzeit von Australiens Hauptstadt Canberra nach Peking dauert 14 Stunden, die Flugzeit von Tokio nach Peking 3 Stunden 10 Minuten. Die beiden Herren hätten sich auch nach Peking begeben können, um mit Xi Jinping eine vertrauensvolle Zusammenarbeit im pazifischen Raum bei der Umsetzung des Klimavertrages und den Abschluss eines Vertrages über vertrauensbildende Maßnahmen zwischen Tokio, Canberra und Peking beschließen können. Das wäre politische Weisheit gewesen. Das wäre sowohl für den Klimavertrag als auch für den Weltfrieden besser gewesen.
Fazit: Wir müssen damit leben, dass viele Politiker „nicht Politik können“, weil sie zwar große Verbissenheit bei der Verfolgung ihrer Ziele an den Tag legen, aber über keinerlei politische Weisheit verfügen.
Otfried Schrot