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Sehr geehrte Mitglieder des Fachausschusses für Bildung, Sport, Soziales und Kultur der Stadt D-57392 Schmallenberg,

wie mir unser Bürgermeister Bernhard Halbe mit Brief vom 14.04.2014 mitteilt, hat er meinen im Betreff aufgeführten Antrag auf Umbenennung der Christine-Koch-Schule und Christine-Koch-Straße in Schmallenberg in Hans-Frankenthal-Schule und Hans-Frankenthal-Straße an Ihren Ausschuss zwecks Prüfung, Beschlussvorbereitung und Entscheidung in Ihrer Sitzung am 04.09.2014 weitergeleitet.

Damit Sie meine Initiative zur Umbenennung besser verstehen können, verweise ich hiermit als kleine Entscheidungshilfe auf die Kommentare unter folgendem u. a. Link:

sauerlandkurier.de/politik/kein-aktueller-grund-zur-diskussion/

Dem Kommentar von Herrn Prof. Dr.-Ing. Reinhard Schramm, Vorstandsvorsitzender der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen, können Sie entnehmen, dass er speziell die Umbenennung der Christine-Koch-Schule ebenfalls für notwendig hält. Übrigens, laut einer Umfrage des Sauerland-Kuriers haben sich die Schmallenberger Bürger mehrheitlich für die Umbenennung ausgesprochen.

Die Kommentare von Andreas Rickert, Bracht, und Hartwig Schauerte, Schmallenberg, besagen, dass sie lieber eine Franz-Geueke-Straße als eine Hans-Frankenthal-Straße in Bracht möchten. Übrigens, Franz Geueke saß im KZ Groß-Rosen. Damit könnte ich mich persönlich anfreunden. Ich unterstütze daher diesen Gedanken.

Aber warum gerade Hans Frankenthal (1926-99), der letzte Schmallenberger Jude, als Namensgeber einer Schule? Im krassen Gegensatz zu der Heimatdichterin, Hitler-Verehrerin und NS-Mitläuferin Christine Koch (1869-1951) hat Hans Frankenthal auch in schwierigen nationalsozialistischen Zeiten Flagge gezeigt. Er hat sich nicht unterkriegen lassen und ist nach dem Überleben im KZ Auschwitz-Monowitz, im KZ Dora-Mittelbau, des Todesmarsches und des Transports in das KZ Theresienstadt, wo er kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges von der Roten Armee befreit wurde, in seine Heimatstadt Schmallenberg zurückgekehrt. In Schmallenberg, im internationalen Auschwitz-Komitee, als Gastredner an Schulen, Zeitzeuge und Schriftsteller, zuletzt mit zweitem Wohnsitz in Dortmund gemeldet, hat er maßgeblich, konsequent und resolut an der Aufklärung, Bewältigung und Verarbeitung der deutschen NS-Vergangenheit und seiner eigenen Lebensgeschichte gearbeitet. Das prädestiniert Hans Frankenthal als Vorbild für unsere Jugend. Seit 2010 wird alljährlich vom Auschwitz-Komitee der Hans-Frankenthal-Preis verliehen. Christine Koch hat dagegen zu den Verbrechen der Nationalsozialisten geschwiegen und noch 1943 von den Nazis den Westfälischen Literaturpreis verliehen bekommen. In Zeiten des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) disqualifiziert sich Christine Koch damit selber - insbesondere als Namensgeberin für die Hauptschule in Schmallenberg und als Vorbild für die Schüler.

Literaturverweis
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"Hans Frankenthal schildert in seinem Buch - "Verweigerte Rückkehr - Erfahrungen nach dem Judenmord" - am Anfang das ganz normale Leben seiner Familie, die eine von 11 jüdischen im Ort Schmallenberg war. Der Vater war ein angesehener Viehhändler in der Region, der Onkel führte eine Metzgerei, die gesamte Familie im sozialen und wirtschaftlichen Leben Schmallenbergs voll integriert.

Ab April 1933 jedoch wurden die Deutschen aufgefordert, sich zu wehren und nicht mehr bei Juden zu kaufen. Noch nahm man dies eher als Ärgernis auf denn als ernsthafte Bedrohung der eigenen Existenz, die Repressionen wurden jedoch immer stärker angezogen. Bald musste der Handel mit Vieh im heimlichen stattfinden, die Kinder wurden von Sportfesten ausgeschlossen, sie durften nicht mehr ins Schwimmbad und auch den Schulfreunden wurde verboten, mit den Judenkindern zu spielen.

1937 gab es die ersten Verhaftungen. Noch kam der Vater nach einigem Tagen zurück, gezeichnet von der Haft, die so schlimm gewesen sein muss, daß er zu Hause über alles schwieg. “Wenn das Judenblut vom Messer spritzt, dann gehts noch mal so gut!” [S. 29] Mit diesem Lied zog eine Menschenmenge (wohl dieselben, die nach dem Krieg von nichts gewusst haben …) durch die Straße der Frankenthals.

Der Schulbesuch der Kinder wird verboten, die jüdischen Kinder werden auf einige wenige Anstalten konzentriert, gleiches nachher bei der Berufsausbildung, die immer stärker eingeschränkt wird. Arbeitsdienst weit weg von zu Hause ist angesagt, unter härtesten Bedingungen, bei unzureichender Versorgung. Im März 1943 wird die Familie Frankenthal, eine von Hunderten Familien, von Dortmund aus deportiert. Im Viehwaggon ohne Verpflegung, ohne Toilette, zusammengepfercht bringt der Zug die Menschen nach Auschwitz. Dort müssen die Ankommenden durch die Selektion, Familien werden auseinandergerissen und sehen sich nie wieder.

Ernst und Hans Frankenthal überleben die erste Zeit in Auschwitz aufgrund ihrer Jugend und auch ihres Mutes, sie finden auch (Funktions)Häftlinge, die sie beschützen. Aber beschützen in Auschwitz ist ein relativer Begriff….. Nach acht Wochen Aufenthalt im Lager zählen sie zu den alten Insassen, die meisten überleben einen solch “langen” Zeitraum nicht. Beide Brüder überleben die Lagerzeit und wollen das Versprechen, das sie ihrem Vater gaben, erfüllen. Sie kehren nach der Befreiung direkt nach Schmallenberg, in ihren Heimatort zurück.

Diese Rückkehr und die Zeit nach dem Ende des Krieges ist Inhalt des zweiten Buchteils. Natürlich hat niemand auch nur irgendwas gewusst. Dass jüdisches Eigentum unter den Nazis arisiert wurde, war reines Samaritertum den Juden gegenüber. Zurückgeben, na ja, das ist natürlich eine andere Sache, schließlich hatte man ja die Unterschriften der (zum unterschreiben gezwungenen) jüdischen Vorbesitzer unter den Verträgen. Bald saßen trotz Entnazifizierung wieder viele Funktionsträger auf den selben Posten wie anno dazumal, mit reinem Gewissen.  Schmallenberg (und woanders wird es nicht anders gewesen sein) und Judenverfolgung? Nein, darüber gab es keine Unterlagen. Bis man sie dann doch irgendwann fand…..

Hans Frankenthal schildert seine Erfahrungen und Erinnerungen sehr eindringlich, er nennt Ross und Reiter beim Namen. Er ist zornig, wütend, kann diese kollektive Amnesie um sich herum nicht akzeptieren. Es dauert lange, bis er die gesundheitlichen Folgen des Lagers soweit überwunden hat, dass er zumindest wieder ein erträgliches Leben führen kann. Er eckt an, klagt an, man glaubt ihm nicht. Aber es gelingt ihm auch, sich wieder im Ort niederzulassen, er nimmt wieder am Ortsgeschehen teil.

Dann setzt auch bei ihm der Mechanismus ein, den die Täter so intensiv aktivieren: die Verdrängung. Jahrelang wird das Thema der Judenverfolgung und des Holocausts verdrängt, bis es dann irgendwann nicht mehr zu verdrängen ist. Die drei Auschwitz-Prozesse in Frankfurt am Main (1963-68) sind das Ereignis, dass dieses Thema zum ersten Mal nach dem Zweiten Weltrieg (1939-45) mit Macht wieder zurück ins Bewusstsein der Menschen gebracht haben. Die traumatischen Erlebnisse von damals werden wieder lebendig. Und Fragen tauchten auf: was habt ihr damals gemacht, was habt ihr gewusst? Erklärungen wurden gefordert… Die Zeit war reif geworden, sich mit dem Holocaust zu befassen."

Die Zeit ist auch reif, so meine ich, für eine Aussöhnung zwischen Tätern und Opfern von damals. Als sichtbares Zeichen dafür könnte die Umbenennung der Christine-Koch-Schule in Hans-Frankenthal-Schule stehen, was im Übrigen die Enkelin von Hans Frankenthal, Frau Tanja Teutenberg aus Meschede, in einer eMail an mich ausdrücklich begrüßt.

Roland Klose, Bad Fredeburg

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