Kommentar zum Kommentar Der blinde Fleck von Frank Drieschner in der ZEIT ONLINE aus Sicht eines Hafenarbeiters der HHLA
Herr Drieschner, Ihr Kommentar über den Hamburger Hafen, erschienen in der ZEIT ONLINE, hinterlässt bei mir als Hafenarbeiter der HHLA einen bitteren Nachgeschmack. Sie argumentieren, dass die staatliche Beteiligung am Hafen ein Hemmschuh für dessen Entwicklung sei und malen das Bild eines privaten Paradieses à la Rotterdam und Antwerpen. Doch ich frage mich, ob Sie wirklich die Interessen der Menschen vor Ort, die tagtäglich im Hafen arbeiten, im Blick haben.
Zunächst zu Ihrem Vergleich mit den niederländischen Häfen: Ja, Antwerpen und Rotterdam mögen Beispiele für privatwirtschaftliche Modelle sein, aber zu welchem Preis? Die Hafenarbeiter dort sind oft in prekären Beschäftigungsverhältnissen gefangen, ihre Rechte und Arbeitsbedingungen stehen in keinem Vergleich zu den Bedingungen, die wir in Hamburg erkämpft haben. Wollen wir wirklich das Risiko eingehen, dass unser Hafen von internationalen Großkonzernen übernommen wird, die nur an ihrem Profit interessiert sind und sich wenig um die sozialen Belange der Belegschaft scheren?
Sie sprechen von ineffizienten Arbeitsmethoden am Burchardkai. Doch dabei übersehen Sie, dass diese "Ineffizienz" in Wahrheit die Sicherheit und die Arbeitsplätze von Tausenden Hamburger Hafenarbeitern gewährleistet. Die von Ihnen angepriesenen vollautomatischen Umschlaganlagen mögen zwar modern erscheinen, doch sie bedeuten in erster Linie Arbeitsplatzverluste. Was hilft uns ein wirtschaftlich optimierter Hafen, wenn die Menschen, die ihn tragen, am Ende arbeitslos auf der Straße stehen?
Weiterhin führen Sie die Privatisierung von Krankenhäusern, Energieversorgern und Sozialwohnungen als Vorbilder an. Doch vergessen Sie dabei nicht, dass viele dieser Privatisierungen später zurückgenommen wurden, weil sie sich als gescheiterte Experimente herausstellten. Ein bekanntes Beispiel ist das Hamburger Landeskrankenhaus Wandsbek, das in den 1990er Jahren privatisiert und später von der Stadt Hamburg zurückgekauft wurde, nachdem die Privatisierung nicht die erhofften Verbesserungen brachte. Auch das Berliner Klinikum Neukölln wurde privatisiert und später wieder verstaatlicht, nachdem die Privatisierung zu erheblichen Problemen geführt hatte. Auch in der Energiewirtschaft gibt es Beispiele, bei denen die Privatisierung von Stromversorgern zurückgenommen wurde, wie in Hamburg, wo die Stadt das Stromnetz nach einem Volksentscheid im Jahr 2013 wieder in städtische Hand übernahm, nachdem es zuvor privatisiert worden war.
Sie werfen der HHLA vor, zu mächtig zu sein und den Wettbewerb zu verzerren. Aber bedenken Sie, dass diese „Macht“ in staatlicher Hand liegt und somit eine gewisse Kontrolle und Verantwortung gewährleistet. Würde die Kontrolle über den Hafen in die Hände privater Konzerne übergehen, wäre das Schicksal des Hafens – und das seiner Beschäftigten – einzig und allein dem Diktat der Gewinnmaximierung unterworfen. Ist das die Zukunft, die Sie sich für Hamburg wünschen?
Abschließend möchte ich betonen, dass der Hamburger Hafen seit Jahrhunderten das Rückgrat dieser Stadt ist. Er hat sich trotz aller Herausforderungen bewährt und seine staatliche Struktur hat dabei eine wichtige Rolle gespielt. Der Hafen ist nicht nur ein Ort des Umschlags, sondern auch ein Ort der Arbeit, der Sicherheit und des sozialen Zusammenhalts. Dies alles aufs Spiel zu setzen, um einigen wenigen privaten Akteuren zu noch mehr Profit zu verhelfen, ist keine zukunftsweisende Strategie, sondern eine gefährliche Kurzsichtigkeit.
Die Hamburger Hafenarbeiter werden weiterhin für ihre Rechte, ihre Arbeitsplätze und für einen Hafen kämpfen, der in erster Linie den Menschen und nicht den Interessen großer Konzerne dient. Eine Privatisierung mag auf dem Papier glänzen, aber in der Realität ist sie nichts anderes als ein riskanter Weg in eine ungewisse Zukunft.
zum Kommentar von Frank Drieschner: Hamburger Hafen: Der blinde Fleck | ZEIT ONLINE
https://www.zeit.de/hamburg/2024-08/hamburger-hafen-wirtschaft-investoren-schifffahrt#commentsham
Lieber Herr Warstat, Ihren Kampf gegen eine Privatisierung des Hamburger Hafens begrüße ich und wünsche Ihnen dazu viel Erfolg und Durchhaltevermögen. Ja, es ist, wie Sie schreiben, die Konzerne betreiben eine schamlose Ausbeutung der Arbeiter und des Bestandes.
Da wird um des Profites Willen die letzte Ressource verheizt.
Ein besonders schlimmes Beispiel, das auch Sie anführen, sind die Krankenhäuser. In Schwerin wurde ein Klinikum von der Heliosgruppe aufgekauft. Das medizinische Personal muss nun auf Kosten der Patienten, der Beschäftigten und der Versicherungen 15% Gewinn erwirtschaften (Die Robert Bosch GmbH darf beispielsweise nur 7% Gewinn erarbeiten).
Das ist m. E. für eine Einrichtung des Gesundheitswesens nicht nur sehr unmenschlich und unsozial, sondern hat nichts mit den hochgelobten westlichen Werten gemein.
Die Politik sollte Privatisierungen bei allen Einrichtungen, die der Gemeinnützigkeit dienen, strikt verbieten.