Der vorgeschlagene Plan B, anstatt endlos Waffen zu liefern, läuft bei den pazifistischen Autorinnen in lobenswerter Offenheit auf das Cicero-Zitat hinaus: "Der ungerechteste Frieden ist immer noch besser als der gerechteste Krieg." Allerdings können das meines Erachtens nur Menschen so leichtfüßig vertreten, die sich in einem friedlichen und rechtssicheren Rechtsstaat wie Deutschland befinden. Für die Menschen in der Ukraine würde Ciceros harter "Minimalfriede" die Versklavung durch Putin bedeuten. Ich finde es total zynisch, solch eine scheinpazifistische Lösung vorzuschlagen, wenn man hofft, nie in eine solche Situation zu kommen. Ich habe einen weniger zynischen "Plan B" bzw. einen "christlichen Plan C" vorzuschlagen: Unser pazifistischer Papst sollte - bzw. hätte längst - auf die Idee kommen können, den Versuch zu machen, mit möglichst vielen Bischöfen durch die Ukraine zu pilgern und jeden Morgen als erstes Putin aufzufordern, seine Soldaten zurückzuziehen, natürlich laut und medial. Sicher erhielte er nicht Millionen Likes, sondern Milliarden, und er würde evtl. zum größten Influencer aufzusteigen. Dass Putin seine Bomben auf ihn wirft, halte ich für ziemlich unvorstellbar, zumal er 3x seine Privataudienz genießen durfte!
Es wäre schon eine Sensation gewesen, wenn er - wie die polnischen Bischöfe (schon 8 Tage nach Kriegsbeginn!) - den Patriarchen Kyrill von Moskau aufgefordert hätte, die russischen Soldaten zur Kriegsdienstverweigerung aufzufordern. Aber dieser Patriarch tat das Gegenteil, er unterstützte und propagierte Putins Überfall. Und den Überfallenen stand kein Priester und kein Papst zur Seite, genauso wenig wie beim Gleichnis vom barmherzigen Samariter in der Bibel. Es blieben als "barmherzige Samariter" nur die westlichen Helfer mit ihren zögerlichen und halbherzigen Waffenlieferungen. Aber kämpfen und sterben mussten die Ukrainer damit alleine. Und so lange meine, vielleicht nur anscheinend so naive Idee eines mutigen Papstes, der Putin mutig entgegentritt, nicht ausprobiert wird, so lange kämpfen und sterben die Menschen in der Ukraine, weil wir ihnen nur halbherzig helfen. Halbherzig. damit nur wir sicherer von Krieg verschont bleiben, während sie länger sterben.
(Rein zufällig erhielt ich den Brief der polnischen Bischöfe! Bereit, ihn öffentlich auszuhängen, war nur unser ev. Pfarrer. Und mein Apell an Bischof Bätzing, diesen mutigen polnischen Brief in allen Pfarrgemeinden Deutschlands zu veröffentlichen, war leider vergeblich. Auch andere Bischöfe, ebenso auch evangelische, waren nicht bereit, meine "waffenlose" Idee mit einem päpstlichen Pilger "marsch" durch die Ukraine für gut zu halten und auszuprobieren. Auch dem Papst schrieb ich davon, mehrmals in den 2 Jahren. Ich wurde - natürlich! -keiner Antwort gewürdigt. Auch meine Aufforderung an fast alle deutschen Talkmeisterinnen und Talkmeister, bei den vielen Talkrunden mal einen Bischof in die Diskussionen zu bitten, blieb völlig unbeachtet und keine Antwort oder Erklärung wert. Aber - von wegen Medienvielfalt! - es war (fast) keine Zeitung bereit, meine Leserbriefe zu drucken oder wenigstens den polnischen Bischofsbrief zu veröffentlichen! Offensichtlich bin ich ein naiver wirkungsloser Einzelkämpfer, der nicht einsehen will, dass die Kirche, die jeden Tag mutige Märtyrer feiert, längst eine Kirche von Feiglingen in ihren "Hohenpriestern" (Bischöfe und Papst) geworden ist. Sie tut sich leicht mit schönen Worten und Gebeten, aber mutig einem Killer und Diktatoren entgegenzutreten, dazu ist sie nicht fähig, auch wenn der Killer Putin sogar 3x in den Genuss einer päpstlichen Privataudienz gekommen ist.)
Mit freundlichen Grüßen
Karlheinz Fritz
Sehr richtig betrachtet. Warum sollen sich die "Hohenpriester, wie z.B.: Bischöfe und Papst" aus ihren mit Weihrauch vernebelten Burgen auch herauswagen? Ist doch viel zu gefährlich! Es ist auch absolut nicht verwunderlich, dass kleine Leser- oder Briefschreiber in den Talkrunden nicht ankommen. Die eigene Überheblichkeit all dieser Typen überwiegt doch das Allgemein-Interesse!
Liebe Frau Bauer, jedes Ihrer Worte ist mir aus der Seele gesprochen. Nein, um Himmels willen, Sie sollten nichts zurücknehmen. Sie dürfen nichts zurücknehmen.
Lieber Herr Fritz, Sie schreiben, dass Putin die Ukraine versklaven will.
Ich glaube, dass die Ukrainer das nicht befürchten müssen. Wenn man in die Geschichte guckt, so gab es viele Nationen, die andere Völker versklavt haben, von der griechischen angefangen bis zu der amerikanischen Nation. Die russische Nation befindet sich nicht darunter. Es gab in Russland keine Sklavenhaltergesellschaft. Von einer Apartheid in Russland habe ich auch noch nicht gehört.
Hoffentlich gehen die Befürworter des Krieges nicht von eigenem Denken aus, denn was ich selber denk‘ und tu‘, traue ich auch anderen zu.
Lieber Herr Fritz, Ihr Artikel hat mich sehr erschreckt. Wenn Sie von pazifistischen Autorinnen schreiben, so fühle ich mich durchaus angesprochen. Auch ich meine, dass Cicero recht hat, wenn er schrieb: „Der ungerechteste Friede ist immer noch besser als der gerechteste Krieg.“
Es mag in der Ukraine viele Leute geben, die diesen Krieg befürworten, aber ich denke, es gibt sicher genauso viele Leute, die lieber jeden Frieden annehmen würden.
Mir fällt dazu ein Gedicht von Matthias Claudius ein, das Sie sicher kennen:
Es ist Krieg ist, ist Krieg! O, Gottes Engel wehre und rede du darein!
Es ist leider Krieg und ich begehre, nicht schuld daran zu sein.
Was soll ich machen, wenn im Schlaf mit Grämen und blutig, bleich und blass die Geister der Erschlagenen zu mir kämen und vor mir weinten, was?
Wenn Männer, die sich Ehre suchten, verstümmelt und halb tot, im Staub sich vor mir wälzten und mir fluchten in ihrer Todesnot?
Wenn 1000 Väter, Mütter, Bräute, so glücklich vor dem Krieg, nun alle elend, alle arme Leute wehklagten über mich?
Wenn Hunger, böse Seuch’ und ihre Nöten, Freund, Freund und Feind ins Grab versammelten und mir zu Ehren krähten von einer Leich’ herab?
Was hülf‘ mir Kron’ und Land und Gold und Ehre, die könnten mich nicht freu‘n.
Es ist leider Krieg und ich begehre, nicht schuld daran zu sein.