Liebe Leser, liebe Schreiber!
Es wird zur Zeit viel über Demokratie, deren Vorteile und deren Schwächen diskutiert.
Was kann Demokratie? Und was kann sie nicht?
Sie kann natürlich dem Volk vorgaukeln, dass es etwas zu sagen hätte, dass es mitentscheiden könnte.
Aber sie kann nicht den Willen des Volkes umsetzen, denn der ist sehr diffus und weiß oft nicht, was er will und was für ihn gut ist.
Die bundesdeutsche Demokratie funktioniert meines Wissens nach dem Mehrheitsprinzip und nach einem Parteiensystem, ist also keine direkte Demokratie wie in der Schweiz.
Meines Erachtens ist Demokratie nie eine echte Volksherrschaft, sondern immer eine Diktatur der Mehrheit über die Minderheit, der gewählten Parteien über die nicht gewählten, der Reichen über die Armen, der Starken über die Schwachen.
Man kann die Demokratie also nicht zurückholen, denn es gab sie nie.
Da die jetzige Regierung bei der letzten Wahl die Stimmenmehrheit bekam, müssen wir nun die Suppe auslöffeln oder eine Revolution machen. Die Geschichte zeigt allerdings, dass Revolutionen in der Regel das Problem nicht lösen.
Die hochgelobte Direktdemokratie der Schweiz ist ebenfalls schon weitgehend eine Diktatur, nämlich der Herrschaft des Geldes und der Banken über die Interessen und Wünsche der Bürger. Wilhelm Tell, wenn es ihn denn gab, würde sich über die jetzigen Zustände in der Schweiz im Grabe umdrehen.
Bei einer Diktatur ist das einfacher. Da wird ein Putsch gemacht, der zwar auch keine echte Gerechtigkeit herstellt, aber günstigenfalls die Lage etwas bessert.
Oder das Problem wird nach Schillers Bürgschaft mit einem Mord löst.
„Was wolltest Du mit dem Dolche? Sprich!“
Entgegnet finster der Wüterich.
„Die Stadt vom Tyrannen befreien!“
In diesem Falle lässt der Tyrann sich von seinem Volke beeindrucken. Sicher ist das aber nicht immer der Fall.
Man könnte es mal mit einer sozialistischen Demokratie oder einem demokratischen Sozialismus versuchen. Dass der erste Versuch gescheitert ist, heißt ja nicht, dass es nicht einen zweiten Versuch lohnt.
Mit Toleranz und Solidarität
I. Hollnagel
Liebe Frau Dr. Hollnagel, Ihre Ausführungen finde ich spannend, vermisse jedoch die Kläung, was Demokratie ist und welchem Zweck Demokratie dienen soll(te).
Meine Vermutung ist, dass die meisten Menschen unter Demokratie (nur) die Herrschaft des Volkes verstehen. Die Schweiz ist m.E. ein Beispiel für die Idee der Herrschaft des Volkes - dort funktioniert diese Idee noch ziemlich gut, finde ich.
Unser Grundgesetz liefert uns m.E. einen Ansatzpunkt für das, was Demokratie ursprünglich meint: "Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus." Hier taucht der Begriff "Gewalt" auf, der uns den Hinweis gibt, was der Zweck der Demokratie (ursprünglich) ist. Die Ohnmächtigen, die Schwächeren, also wir, das Volk, soll vor den Mächtigen geschützt werden; es soll nicht (mehr) das Gesetz der Stärkeren herrschen, die Gewalt soll vom Volk ausgehen.
"Die Demokratie" - insbesondere die wehrhafte Demokratie - ist verkommen, und das hat in der BRD bereits in der Adenauer-Ära begommen und führt - über den Radikalen-Erlass in den 1970er Jahren - bis zum bisherigen Höhepunkt, den Corona-Zwangsmaßnhmen. Letztere sind zudem ein Musterbeispiel für die Manipulation von Massen an Menschen mittels Medien. Die aktuellen Aufrufe der Regierenden - unserer Vertreter - zu (Massen-) Demonstrationen zeigt eindringlich was Massenmedien bewirken können. Zeitgleich wurden die zahlreichen Aufstände von Bauern und deren Mitstreitern von den öffentlich-rechtlichen Rundfunksendern teilweise unterdrückt. Schon deshalb meine ich, dass wir an dieser Stelle schleunigst den Hebel ansetzen müssen. Die Rundfunk- und Fernsehräte - die paritätisch besetzt sind (!) - müssen von uns angehalten werden ihren Job zu machen.
Zurück zum Thema: Nach meinem Verständnis haben sozialistische Revolutionen nicht zur Zufriedenheit der gesamten Bevölkreung geführt. Ein für mich besonders abschreckendes Beispiel ist China. Auch die Geschichte Russlands, wenn ich an Stalin - und aktuell Putin - denke, überzeugt mich nicht. Soweit ich Marx überhaupt kenne - oder gar verstanden habe -, kann ich nachvollziehen, dass eine egalitäre Gesellschaftsordnung wünschenswert ist. Wieso hat diese Gesellschaftsform nie so gut funktioniert, dass die Menschen freiwillig und gerne in solchen Staaten leben wollten, woran könnte es liegen, dass es mit dem Sozialismus nicht klappt?
Meine - m.E. begründete - Befürchtung ist, dass "die Menschheit" dafür nicht reif ist. Meiner Meinung nach lassen wir biologisch-anthropologische Gegebenheiten außerhalb unserer Betrachtungen. Ich glaube, dass fast niemand auf der Welt zum Beispiel den Begriff "extra-uterines Frühjahr" kennt - oder etwa das Werk "Entlässt die Natur den Menschen" von Adolf Portmann zur Kenntnis genommen hat. Schon eher bekannt sind die Arbeiten von Konrad Lorenz, zum Beispiel sein Buch "Das sogenannte Böse", dessen Thesen heutzutage - aus m.E. guten Gründen - widersprochen wird, weil durchaus nicht alle Menschen böse sind und "das Böse" als solches deswegen nicht genetisch angelegt sein kann, wohl aber die Möglichkeit, dass Menschen "böse" und / oder psychisch "anfällig" gemacht werden (können).
Was meine ich mit psychisch "anfällig" sein? Mir ist es wichtig den Dingen auf den Grund zu gehen, für mih zählen empirischen Wahrheiten. Dazu gehören für mich Tatsachen, die dem Beweis zugänglich sind. Wenn wir Straftäter oder Dorgenkranke oder auch "nur" chronisch psychisch kranke Menschen etc. befragen, so ist festzustellen, dass sie eine Gemeinsamkeit haben: Der weit, weit überwiegende Teil hatte unter emotionalen Defiziten in der frühen Kindheit zu leiden. Beleg? Unter Ceaucescu gab es (furchtbare) Kinderheime, die nach der Ermordung von Ceaucescu aufgelöst wurden. Die Kinder kamen - zuminest teilweise - in Adoptionsfamilien. Kinder, die jünger als zwei Jahre alt waren, hatten Glück: ihnen konnte meistens geholfen werden, die Folgen ihrer Vernachlässigung konnte weit überwiegend erfolgreich therapiert werden. Bei Kindern über zwei Jahren gelang das nur in Ausnahmefällen. Hierzu ist u.a. die Lektüre des Buches: "Wie das Gehrin die Seele macht" (2015) zu empfehlen.
Worum geht es mir: Es gibt nur wenige Menschen die in der Kindheit so "behandelt" wurden, wie es - aufgrund biologischer Gegebenheiten - nötig wäre um unabhängig und psychisch gesund zu sein. Was Menschenkinder, insbesondere Neugeborene und Säuglinge, zu angemessener Entwicklung brauchen ist nicht - oder kaum - von Interesse für die (politisch herrschende) Gesellschaft, wie die Geschichte sowie die aktuellen Zustände zeigen. Die aktuelle Literatur, etwa von Gerhard Roth, Manfred Spitzer, Tanja Singer und Franz Ruppert, liefert erhellende Erkenntnisse was in der Sache nötig wäre,
Ich bin sicher, dass ich "Prügel" einstecken muss, wenn ich sage, dass die Menschheit im Großen und Ganzen "dumm" ist. Ich tu's trotzdem. "Die Partei" hatte nicht "immer Recht". Aber viellicht können wir aus Fehlern dort, wie aus Fehlern hier und im Rest der Welt lernen. Meines Erachtens sind die biologischen Bedrüfnisse von Neugeborenen und Säuglingen sowie Kleinkindern an die vorderste Stelle zu setzen. Demokratie hat zuallererst die Schwachen vor den Starken zu beschützen,
Beste Wünsche und Grüße
Jörg Stimpfig
Vielen Dank, liebe Frau Bauer, für Ihre zustimmende Äußerung. Ich habe darauf gehofft und mich darüber gefreut.
Lieber Herr Stimpfig,
zuerst: ganz herzlichen Dank für Ihren langen Kommentar zu meinen Gedanken.
Zu zweit: Entschuldigung, dass ich nicht schneller antworten konnte. Die Einstellung meiner Kommentare ist nur über Herrn Sepp möglich, dem ich dafür sehr dankbar bin. Ich muss mich demzufolge nach seinen Möglichkeiten richten.
Aber nun zu Ihren Fragen:
Da muss ich vorausschicken,
- dass ich natürlich eine andere Muttermilch bekommen habe als Sie,
- dass ich ein anderes Berufsgenre habe, zwar philosophisch etwas gebildet, aber psychologisch überhaupt nicht und
- dass ich als alte Frau klug reden kann, aber durchaus nicht auf dem neuesten Stand bin.
Ich wollte mit meinem Beitrag ausdrücken, dass die Demokratie für mich mehr eine Worthülse als ein Machtinstrument ist. Auch die Diktatur des Proletariats in der DDR war natürlich eine Diktatur der Partei und wurde legalisiert durch den Satz „die Partei hat immer recht“. Heute sagt Herr Habeck, „der Staat macht keine Fehler“, was auf dasselbe herauskommt.
Selbst Friedrich der Große, der in seinem Machiavelli postulierte: ‚er sei der erste Diener des Staates‘ meinte das nicht so wörtlich und distanzierte sich später weitgehend davon.
Dass im Grundgesetz in diesem Zusammenhang von Gewalt und Staatsgewalt die Rede ist, finde ich unglücklich.
Auch den Begriff ‚wehrhafte Demokratie‘ würde ich ablehnen. Das hieße ja, dass das Volk sich gegen sich selbst verteidigen müsste oder gegen andere Völker in anderen Demokratien.
Da bin ich zu sehr Pazifist und denke, dass unterschiedliche Interessen nicht mittels Wehrhaftigkeit durchgesetzt werden dürfen?( in Zusammenhang mit Konrad Lorenz komme ich weiter unten darauf zurück.)
Heftig möchte ich tatsächlich Ihrer Meinung widersprechen, dass das Volk dumm ist und nur die Elite denken kann.
Es gibt im Volk dumme Menschen und es gibt in der Elite dumme Menschen. Das beste Beispiel sind die Nazis, unter denen es ganz schlechte Charaktere gab, obwohl es z. T. sehr gebildete Leute waren. Ihre Herkunft und ihre Kultur haben sie nicht vor dem Böse sein bewahrt. Das ist bedenkenswert.
Es gibt im Prekariat oder in der Unterschicht oder Proletariat oder wie immer man das nennen will, durchaus sehr kluge, sehr warmherzige und sehr humanistische Menschen.
Als Beispiel möchte ich zum ersten Wilhelm Pieck nennen und als zweiten Erich Honecker. Sie denken selbstverständlich über diese Beiden völlig anders, aber ich kenne Texte von ihnen, die sie durchaus als klug und menschlich kennzeichnen.
Beide stammen aus der Arbeiterklasse und haben nie vergessen, woher sie kamen.
Besonders in der jetzigen Bundesrepublik hängt der Bildungsgrad sehr stark von dem Geldbeutel der Eltern ab. Die Ärmeren können sich Bildung oft nicht leisten. Sind sie schuld daran? Ihre Karrieremöglichkeiten und ihr Aufstieg in die so genannte Elite sind deshalb gering oder unmöglich?
Zu welchem Zweck soll Demokratie dienen?
Meines Erachtens ist es gleichgültig, wie die Staatsform heißt. Auch die so genannte ‚Demokratie’ sollte den Zweck haben für das Wohl des Volkes zu sorgen. Nichts anderes sollte ihre Funktion sein.
Sie haben natürlich recht, wenn Sie sagen, dass die sozialistische Revolution nicht zur Erfüllung ihres Zieles geführt hat. Das haben aber die bürgerlichen Revolutionen auch nicht geschafft.
Ob die Menschheit noch nicht reif für eine bessere Gesellschaft ist, weiß ich nicht. Von den Büchern, die Sie anführen, habe ich nur Konrad Lorenz gelesen und ihn vielleicht anders verstanden. Er ist u. a. der Meinung, dass die Natur eine doppelte bis dreifache Absicherung hat, Aggressionen in unschädliche Bahnen abzulenken. Also brauchen wir keine ‚wehrhafte’ Demokratie. Vielleicht haben Sie es ja so gemeint.
Die Menschheit gibt es bereits seit mehr als 2000 Jahren. Wann bitteschön soll sie reif sein für eine bessere Gesellschaft, wenn nicht jetzt? Übrigens ist die Menschheit, wie sie ist und wird sich auch in den nächsten 2000 Jahren nicht ändern.
Danke vielmals für die reflektierte Antwort und Kritik.
Ich brüte darüber 👍
Herzliche Grüße derweil.
Jörg Stimpfig