Der Aufstieg der AfD kam nicht aus dem Nichts, trotzdem macht er Angst, sagen die Historiker Christina Morina und Andreas Wirsching.
Man müsste doch aus der Geschichte lernen, heißt es mit Blick auf den Aufstieg extremistischer Positionen derzeit oft.
Doch wer am meisten lernen muss, habe ich aus dem Spiegel-Artikel im Heft Nr.7 herausgezogen. Es ist wichtig, dass moderate Konservative eine entscheidende Rolle dabei spielen, Extremisten aller Art zu bekämpfen und keine taktischen Allianzen mit ihnen einzugehen. Die Geschichte hat gezeigt, dass solche Allianzen die Demokratie gefährden.
Schluss mit der Mär, wonach die schlechte Politik der Ampel die AfD stark gemacht hat!
Meine 7 Kernpunkte, die Konservative beherzigen sollten:
- Herausforderung für die Demokratie: Die heutige Zeit stellt eine größere Herausforderung für die Demokratie dar als je zuvor seit 1945. Deutschland scheint sich in eine internationale Welle antidemokratischer Tendenzen einzufügen, die von dauerhaften parteipolitischen Organisationen begleitet wird. Antidemokratische Strömungen sind weltweit auf dem Vormarsch, und es gab bereits vor 1990 rechtspopulistische Tendenzen, die sich heute in der AfD widerspiegeln.
- Politikversagen in Asyl- und Migrationsfragen: Die konservativen Parteien haben in den Diskussionen um Asylrecht und Migration politisch versagt. Einwanderung wurde lange Zeit aus ideologischen Gründen abgelehnt, und die ideologische Vereinnahmung von Einwanderung und Multikulturalismus hat zur Entstehung der AfD beigetragen. Ein pragmatischer und lösungsorientierter Umgang mit dem Thema Einwanderung ist dringend erforderlich.
- Überwindung des ethnischen Selbstbildes: Die Vorstellung des Volkes als ethnische Gemeinschaft ist überholt und muss überwunden werden. Eine Diskussion darüber, wie das im Grundgesetz definierte Staatsvolk abseits von ethnischen Gesichtspunkten gestaltet werden kann, ist dringend notwendig, um Deutschland als Einwanderungsland zu etablieren.
- Wiederherstellung gemeinsamer Diskursräume: Es besteht ein Mangel an gemeinsamen öffentlichen Räumen und Formaten, in denen übergreifende Themen sachgerecht verhandelt werden können. Traditionelle Institutionen wie Kirchen oder Vereine haben an Bedeutung verloren, und individuelle Bindungen haben abgenommen. Die Wiederherstellung oder Neuentwicklung solcher Diskursräume ist entscheidend für das Funktionieren der Demokratie.
- Brandmauer gegenüber der AfD: Es ist unerlässlich, eine klare Brandmauer gegenüber der AfD aufrechtzuerhalten. Die CDU darf keine Koalitionen mit der AfD eingehen, da dies zu einer Erosion der Demokratie führen könnte, wie es im Weimarer Parlamentarismus der Fall war. Der Weimarer Parlamentarismus ist daran zugrunde gegangen, dass zuerst eine nationalliberale und dann eine konservative Partei versucht hat, eine anbiedernde völkische Politik durchzusetzen - das hat zur Erosion der Demokratie geführt, in deren Ruinen sich die NSDAP als gewählte Partei einnisten konnte.
- Pragmatische Öffnung nach links: Die CDU sollte über eine pragmatische Öffnung nach links nachdenken, insbesondere im Osten. Die Linke könnte eine realistische Koalitionsoption für die Ost-CDU sein, und die Konservativen sollten mutig genug sein, diese Option in Betracht zu ziehen.
- Unterschätzung der Gefahr vermeiden: Es darf nicht unterschätzt werden, wie gefährlich Angriffe auf die Demokratie sein können. Selbst scheinbar lächerliche Bewegungen wie die Reichsbürger sollten ernst genommen werden, da sie Potenzial für ernsthafte Bedrohungen bergen können.
Günther Kirchner