Liebe Leser, liebe Schreiber,
In der heutigen Schweriner Volkszeitung war zu oben genanntem Titel ein Text von Burkhard Ewert, den ich als klugen und ehrlichen Journalisten sehr schätze. Aus diesem Artikel möchte ich einige Passagen zitieren, weil mir scheint, dass sie das Problem auf den Punkt bringen und weil sie meine Meinung widerspiegeln. Auch mir kommen diese verordneten und manipulierten Demonstrationen gegen Rechtsextremismus sehr ominös und ein wenig bekannt vor. Als Ossi kenne ich das natürlich aus DDR Zeiten, wenn zum 1. Mai oder 7. Oktober geblasen wurde.
Herr Ewert schreibt:
„ Vielmehr stellen die Demonstrationen auch den Versuch der Selbstversicherung dar, dass die eigene Haltung mehr denn je die richtige ist. Das kann man so meinen. Nur hat die daraus abgeleitete Politik augenscheinlich nicht verhindert, dass die AfD einen beispiellosen Aufstieg erlebt. Vielleicht hat sie ihn sogar befördert. Demonstratives Beharren statt Reflexion: verspricht das Erfolg? Gäbe die Lage nicht eher Anlass, die eigene Wirkung zu überdenken? Für sich selbst zu demonstrieren, wird jedenfalls niemanden überzeugen. Ein stimmiges, inhaltliches Angebot zu unterbreiten, Probleme ernst zu nehmen, sowie sich einige weniger übergriffige Grundhaltung in Alltagsfragen anzueignen, das vielleicht schon.“
Herr Ewert rückt noch einen anderen Punkt in den Fokus, nämlich den Widerstand der Gruppe um Sophie Scholl in München
„ Ich verehre Sophie Scholl. Die Geradlinigkeit ihrer Gedanken, die Schlichtheit ihrer Sprache, die stoische Konsequenz, mit der sie ihre Werte lebte und dafür starb: dies imponiert mir unendlich. Daher, Entschuldigung, empfinde ich mein persönliches Bild von ihr als besudelt, wenn sich jemand dieser Tage symbolisch ihren Heldenmut aneignet und ein Plakat mit ihrem Abbild trägt.“
Das sehe ich auch so und deshalb kein Kommentar dazu.
. . . „ Von Bundeskanzler Olaf Scholz stammt die Ankündigung der großen Abschiebe-Offensive. Auch das klingt nicht nach Willkommenskultur. Wer den NS-Vergleich immer und überall benutzt, muss also erklären, wo er damit aufhören möchte. . .
Dämonisierung führt aber in die Irre. Besser wäre es, den Menschen die Zuversicht zu vermitteln, dass ihre Probleme sachorientiert bearbeitet werden, in dieser Frage und wichtiger noch in anderen.. .
Ein anderer Faktor, der die Strukturen von Staaten und Systemen mehr als einmal hat zerbersten lassen, ist das Missverhältnis zwischen der Belastung von Gruppen und ihrer Teilhabe, zwischen der Wertschätzung einer Schicht und ihrer realen Relevanz infolge einer Fehleinschätzung durch ein vor-bzw. herrschendes abgekoppeltes Milieu. . .
Die Sorgen der Menschen lassen sich nicht wegdemonstrieren. Konkrete Politik muss das Mittel der Wahl sein, eingeschlossen die Selbstkritik.“
Muss man dem noch viel hinzufügen? Ich denke nicht!
Mit allerbesten Grüßen aus dem Norden der Republik
Irmgard Hollnagel
Heiteres Post Skriptum:
In Sachen Demonstrationen gegen Rechtsextremismus fiel ein Witz aus tiefen DDR Zeiten ein, der hintervorgehaltene Hand, aber fröhlich weitererzählt wurde:
Ein scheidender Funktionär hinterließ seinem Nachfolger einen verschlossenen Brief mit dem Hinweis, er solle ihn eröffnen, wenn er nicht weiter weiß.
Als die Zeit gekommen war, öffnete er den Brief und fand darin drei Ratschläge für schwierige Situationen.
1. Alle Schuld auf den Vorgänger schieben.
2. Das Gegenteil von dem machen, was er bisher gemacht hat
3. Einen Brief wie diesen schreiben.
Man muss bzw. man kann die Dinge manchmal nur mit Humor ertragen.
Mit satirischen Grüßen
Irmgard Hollnagel