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Nicht gekürzt. Unzensiert. Kostenlos.

Acht Uhr, ein trübgrauer Morgen in einer deutschen Großstadt. Ich sitze am PC, um an einem Manuskript zu einem Buch zu schreiben. Seit einer Stunde tippe ich und das fortwährend hässliche Wetter scheint mich allmählich zu hemmen. Ich will mir Musik aus den achtziger Jahren anhören und suche einen entsprechenden Sender. Laute Stimmen erreichen mich. Die Tür zum Balkon ist geschlossen. Anfangs versuche ich, den scheinbaren Streit zwischen einem Paar zu ignorieren. Doch die Stimmen werden lauter; es scheint, als ob der Streit eskaliert. Das wird nichts, so kann ich keinen klaren Gedanken fassen. Ich trete auf den Balkon hinaus und erfasse sofort die Situation. Auf der Promenade des Ufers zu einem kleinen Stadtsee stehen sich ein Mann und eine Frau gegenüber. Beide sprechen sehr laut und fuchteln mit den Armen. Der Mann trägt einen Vollbart, eine schwarze Winterjacke, ist kräftig und seine Kopfhaare sind schwarz und sehr gelockt. Ich erkenne, dass der Mann sehr wütend ist. Die Frau in einem langen grauen Mantel, ebenfalls ohne Kopfbedeckung hat schulterlange, brünette Haare und verhält sich abwehrend. Während sie wortreich an dem Mann vorbei will, ist der bemüht, sie daran zu hindern. Auf dem angrenzenden Spielplatz sitzen zwei Mütter mit ihren zwei Kindern und schauen teils neugierig, teils verängstigt auf die Szene. Die beiden Streitenden sprechen arabisch mit ausgeprägten Kehllauten. Die Frau weicht zurück; er versucht sie festzuhalten und deutet Schläge in Richtung ihres Kopfes an. Ein Fahrradfahrer passiert die Zwei und schaut demonstrativ weg. Es gelingt der Frau, einige Meter zwischen sich und dem Mann zu bringen. Ich kann nur mutmaßen: Bruder und Schwester, eine Ehepaar? Der nun vollends aufgebrachte Mann erreicht sie mit wenigen Schritten, schreit sie nun an. Sie birgt den Kopf in ihren Händen. Jetzt schlägt er auf sie ein und brüllt sie an! Er schubst sie von sich fort, um sie im nächsten Augenblick wieder heranzuzerren und traktiert sie weiter mit Schlägen. Die Frauen auf dem Spielplatz ergreifen mit ihren Kindern die Flucht. Es ist niemand weiter sichtbar – und doch weiß ich, dass die Szene hinter Gardinen beobachtet wird…

„Hallo!“ rufe ich sehr laut und zeige mich den Beiden. „Lassen sie die Frau in Ruhe! Seien sie friedlich!“ Er zeigt mir seinen Mittelfinger und beschimpft mich wüst in seiner Sprache. Ich weiß, er hat mich verstanden. „Man schlägt keine Frau in diesem Land ungestraft,“ füge ich noch laut und deutlich hinzu. In diesem Moment pfeift jemand durchdringend. Da hat wohl noch jemand zugeschaut und wagt es nun nach meinem verbalen Einschreiten, seinem Unmut so Luft zu machen. Immerhin.

Der Frau ist es gelungen, davon zu laufen. Der Mann schickt mir noch ein paar unmissverständliche Handzeichen und unverständliche Flüche – und trollt sich in die entgegengesetzte Richtung. Vielleicht habe ich für den Augenblick Schlimmeres verhindert. Das grundlegende Problem aber bleibt.

Zwei Stunden später – die gleiche Stadt. Ich fahre zu Einkaufen. Natürlich mit meinem Auto, denn der Einkauf wird umfangreich. Zweihundert Meter vor meinem Ziel steht ein Tieflader mit eingeschaltetem Warnblinklicht am rechten Bordstein vor mir. Ich halte hinter einem Honda an. Plötzlich taumelt, erst seitlich, dann rückwärts ein etwa sechzigjähriger, gut gekleidete Mann auf die Straße. Er stürzt und schlägt hat mit seinem Hinterkopf auf den Asphalt. Der Honda-Fahrer steigt sofort aus, beugt sich über den am Boden Liegenden und telefoniert dann mit seinem Smartphone. Ich schalte das Warnlicht ein und steige ebenfalls aus. Kurzer Wortwechsel: „ich habe den Notruf gewählt, bekomme aber niemand.“ „Bleib dran,“ sage ich und spreche den Mann am Boden an. Er hat die Augen geöffnet und lallt immer wieder „Ja, ja.“ Ich schiebe ihm sein Basecap, das er verloren hat unter seinen fast kahlen Kopf. Der Honda Mann zieht auf meinen fragenden Blick die Schultern hoch. Er erreicht noch immer keine Person am Notruftelefon. Aus einer Seitenstraße taucht zufällig ein Rettungswagen auf. Die Rettungssanitäter, eine junge Frau und ein noch jüngerer Mann bemühen sich nach kurzer Rücksprache mit uns beiden (wir bleiben die einzigen Helfer, obwohl mittlerweile acht Minuten vergangen sind) um den Gestürzten. Sie bestätigen uns, dass sie rein zufällig hier sind. Die ersten Autos scheren aus und preschen mit Vollgas an uns vorüber. Aus dem Stau hinter mir werden Rufe laut: „Eh, was is los da vorne? Wie lange dauert das noch?“ Ich will die Leute beschwichtigen, ihnen die Situation erklären und gehe auf sie zu. Sie steigen Alle ein, blinken kurz, scheren aus und pressen sich schimpfend und gestikulierend an diesem lästigen ,Störfaktor‘ vorbei. Hoffentlich erleben sie nicht einmal die gleiche Situation – als verunglückte Person…

Frohe Weihnacht.


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