Russisch Roulette?
Die EU-Kommission sprach ihre Empfehlung zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und Moldau aus. Beide hatten 2022 ihre Aufnahme beantragt. Während einige Politiker dies als gutes Zeichen werten, warnen andere davor, etwas zu überstürzen.
Mag sein, dass eine EU-Beitrittsperspektive gerade für das ukrainische Volk der Hoffnungsschimmer ist, den es in Kriegszeiten bitter nötig hat. Dennoch müssen darüberhinaus Überlegungen erlaubt sein, welche finanziellen und sicherheitsrelevanten Risiken die EU aus geopolitischen Interessen für die eigene Staatengemeinschaft bereit ist einzugehen. Solange Kriegshandlungen stattfinden, ist ein Beitritt absolutes Tabu! Angenommen, die Ukraine geht siegreich hervor, wäre die EU dann überhaupt in der Lage, die immensen Kosten für den nötigen Wiederaufbau aufzufangen? Welche finanziellen Auswirkungen hätte das auf den Etat der einzelnen Mitgliedsstaaten? Laut Statista hat allein Deutschland im Jahr 2022 mit 30,83 Milliarden Euro den höchsten nationalen Beitrag zum EU-Haushalt gezahlt. Wie soll das weitergehen?
Die Voraussetzungen für einen EU-Beitritt beschreiben die Kopenhagener Kriterien. Diese besagen, dass zukünftige Mitgliedsländer bestimmte wirtschaftliche und politische Bedingungen wie beispielsweise Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Menschenrechte und Schutz von Minderheiten erfüllen müssen. Dazu gehören eine funktionierende Marktwirtschaft sowie die Übernahme der Gesamtheit des EU-Rechts. Wie werden diese Kriterien überprüft oder verlässt man sich auf die Angaben der Kandidaten? Wurden nicht bereits in der Vergangenheit Länder aufgenommen, die sich „die Rosinen rauspicken“, aber auch heute noch keine umfassende Einhaltung solcher Werte erkennen lassen?
Nach wie vor hat die Ukraine laut Medienberichten mit Korruption zu kämpfen. Aufgedeckte Justizskandale machten die Runde. Pandora Papers offenbarte, dass ausgerechnet Selenskyj eine Briefkastenfirma besitzen und zu den Politikern gehören soll, die auf Offshore-Konten in Steueroasen ihr Vermögen anreichern. Weshalb besuchte Frau von der Leyen seit Beginn des Krieges bereits sechsmal persönlich die Ukraine? Weshalb wird sie nicht müde zu betonen, dass die Ukraine bereits deutlich über 90 Prozent des Wegs hinter sich gebracht habe? Lässt sich diese Aussage und die unübersehbaren tiefen Kratzer auf dem hochglanzpolierten und schauspielerisch gut inszenierten Saubermann-Image überhaupt auf einen gemeinsamen Nenner bringen?
Was ist mit den weiteren Beitragskandidaten (das Antragsjahr in Klammern), die teilweise schon ewig auf ihre Aufnahme warten? Allen voran die Türkei (1987) mit der längsten Wartezeit, stehen Nordmazedonien (2005), Montenegro (2008), Serbien (2009), Albanien (2014), Bosnien und Herzegowina (2016) sowie Georgien (2022) auf der Liste. Fühlt sich niemand durch diese ungleiche Behandlung vor den Kopf gestoßen?
Wie auch immer - letztendlich muss die Zustimmung aller 27 Mitgliedsstaaten vorliegen. Und da hat sich bereits ein „ungarisches Sturmtief“ angekündigt.