Donaukurier
Leserbrief zu den Artikeln/Kommentaren (Donaukurier) von Marcus Sauer „‚Es
geht um Europas Zukunft“, Andreas Hoenig „Die Ukraine muss
diesen Krieg gewinnen“ vom 15./16. August 2023 und zu einer
Reihe weiterer Artikel die alle mehr oder weniger um dieses Thema
kreisen: Die Ukraine muss diesen Krieg gewinnen.
Ob ein Krieg gewonnen oder verloren wird entscheidet nicht die
Berichterstattung. Sieg oder Niederlage lassen sich weder
herbeireden noch -schreiben. Diese banale Erkenntnis scheint am
Großteil unserer Journalisten vorbeigegangen zu sein. Anstatt in
der Rolle eines (Kriegs-)Berichterstatters dem Leser Fakten über
den aktuellen Sachverhalt zu liefern mutiert der deutsche
Durchschnitts-Journalist zum Influenzer dem es in erster Linie
darum geht die von ihm herbei gewünschte Wirklichkeit dem Leser
schmackhaft zu machen.
Laut medialer Berichterstattung befinden wir uns gewissermaßen
auf einem Kreuzzug der Guten gegen die Bösen. Da verwundert es
nicht, dass die Bösen mit ihren Raketen nahezu ausschließlich auf
Zivilisten und zivile Objekte zielen, während die Guten nur
militärische Anlagen ins Visier nehmen. Vergewaltigungen und
andere Kriegsverbrechen gibt es selbstverständlich nur bei den
Bösen. Bei den Guten heiligt auch der Zweck die Mittel -
Streubomben und Uranmunition, kein Problem. Sollte das Militär
der Bösen nicht schon vor Monaten zusammengebrochen sein –
wegen schlechter Moral, schlechter Generäle, veralteter Waffen,
Desertionen und schwerer Versorgungsengpässe? Hätten die
Sanktionen und die Abtrennung ihres Bankensystems vom
internationalen Geldtransfersystem, nicht ihre Wirtschaft längst in
den Ruin treiben sollen? Erschwerend kommt hinzu, dass die
Bösen ja nicht nur böse sind; nein, bei ihnen setzt streckenweise
auch völlig der Verstand aus. Sie sprengen ihre eigenen Pipelines
in die Luft und beschießen sich im von ihnen besetzten
Atomkraftwerk selbst. Dementgegen sind die Guten hoch motiviert
und ins Gelingen verliebt. Deshalb kann eine offensichtlich
gescheiterte Offensive der Guten auch nicht scheitern - zumindest
nicht auf dem Papier.
Diese Art Hofberichterstattung nährt beim Leser die tägliche
Sehnsucht nach der Wunderwaffe, verbunden mit der Hoffnung auf
von1 2
den Endsieg. Leider sinkt der Mythos von der Kampfkraft westlicher
Waffensysteme zeitgleich mit deren Bewährung auf dem
Schlachtfeld. Deshalb braucht es alle vier bis sechs Wochen neue
Kampagnen zur Lieferung neuer weiterer Wunderwaffen.
Die Quittung dafür werden wir bekommen - vergleichbar mit dem
hinter uns liegenden zwanzigjährigen völkerrechtswidrigen Krieg
gegen Afghanistan. Zwanzigmal hoben die Parlamentarier ihre
Hände zur Verlängerung dieses Krieges. Über diesen ganzen
Zeitraum wurde uns - so wie jetzt auch - der Glaube vermittelt, noch
ein, zwei Jahre und dann ist alles gut - für die Afghanen, für uns
und für die Demokratie. Bis schließlich die gesamte mediale
Konstruktion von einem Tag auf den anderen völlig in sich
zusammenbrach. Überrascht war allerdings nur derjenige der
dachte über die deutschen Leitmedien „informiert“ zu sein. Man
könnte ja die Erkenntnis daraus ziehen, dass sich Wirklichkeiten
nicht nach ihren Beschreibungen richten und seien diese noch so
gut gemeint.