In etwa zwei Wochen beginnt in Rom die Bischofssynode zum Thema „Synodalität“. Durch die Diskussion über den deutschen „synodalen Weg“ stehen vermutlich viele Missverständnisse im Raum. Bei dem deutschen Projekt ging es um die theologische Klärung von Fragen der kirchlichen Struktur und ihrer theologischen Begründung. Vor allem ging es de facto um die Rolle der Frauen in der Kirche und um die Segnung von nicht-heterosexuellen Beziehungen. Es wurde ehrlich gerungen, dabei spielten theologische Parteiungen eine relativ große Rolle.
Bei der Bischofssynode über Synodalität geht es um etwas völlig Anderes. Die Teilnehmer sollen dabei die Freuden, Sorgen und Fragen ihrer jeweiligen Landeskirchen vortragen und einander anhören. Es geht nicht um Entscheidungen, erst recht nicht um demokratische Abstimmungen.
Der ganze Prozess setzt voraus, dass die Vertreter der Ortskirchen einander etwas zu sagen haben, dass es für die Hörenden interessant ist, von den Anderen zu hören und zu lernen, dass die Sorgen und Erfahrungen in den verschiedenen Ländern und Kulturen sehr unterschiedlich sind. Der Prozess setzt den Glauben aller Beteiligten voraus, dass in den Berichten der Heilige Geist spricht, dass alle Beteiligten an die Präsenz des Heiligen Geistes glauben.
Schon jetzt wird eingewandt, dass am Ende doch nur der Papst mit seinen Beratern die offenen Fragen entscheiden wird, dass also das Gottesvolk weiterhin nur hören und gehorchen muss. Wer diesen Einwand erhebt, übersieht vielleicht, dass durch das Hören und Nachdenken Neues aufscheinen kann, an das heute noch niemand denkt. Der ganze Prozess setzt den Glauben voraus, dass der Heilige Geist in der Kirche lebendig ist und wirkt. Wer nicht daran glauben kann, dem wird das ganze Vorgehen fremd bleiben.
Wer eine Ahnung hat von der Situation der Katholiken rund um den Globus, wird sich vielleicht wundern, was die Vertreter etwa Indiens, Vietnams, Koreas, Nigerias, Kenias, Kolumbiens, Venezuelas zu sagen haben. In vielen Ländern Ostasiens, wo christlicher Glaube wächst, leiden Christen unter Verfolgung. In Afrika herrscht Armut und islamischer Fanatismus, in Lateinamerika gewinnen Freikirchen immer mehr Einfluss und Macht. Die Lebensfragen sind meist ganz anders als in Europa und speziell Deutschland.
Gerade in Europa stellt sich die Frage, welche Regeln des demokratischen Zusammenlebens in die Kirche übernommen werden können und müssen. Kirche ist aber im Lauf der Geschichte gerade dort gewachsen, wo sie auf Schwierigkeiten und Gegensätze zur zivilen Gesellschaft gestoßen ist. Wir dürfen das Wort Jesu nicht vergessen: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt“. „Man wird euch missverstehen und verfolgen“.
Eberhard Gemmingen SJ München, den 20. Sept. 2023
P. Eberhard Gemmingen SJ
Im Einsatz für Glaube und Gerechtigkeit