Wir hören heute wieder einmal ein Evangelium, das uns moderne Menschen erstaunen macht. Jesus geht davon aus, dass es Herren gibt, die sich bedienen lassen und Knechte, die bedienen müssen – ohne großen Dank. In der Lesung spricht Paulus vom Geist der Kraft und nicht der Verzagtheit. Diese ist für uns heute besonders wichtig.
Aus dem Heiligen Evangelium nach Lukas, Kap. 17, 5-10
Die Apostel baten den Herrn: Stärke unseren Glauben! Der Herr erwiderte: Wenn ihr Glauben hättet wie ein Senfkorn, würdet ihr zu diesem Maulbeerbaum sagen: Entwurzle dich und verpflanz dich ins Meer! und er würde euch gehorchen. Wenn einer von euch einen Knecht hat, der pflügt oder das Vieh hütet, wird er etwa zu ihm, wenn er vom Feld kommt, sagen: Komm gleich her und begib dich zu Tisch? Wird er nicht vielmehr zu ihm sagen: Mach mir etwas zu essen, gürte dich und bediene mich, bis ich gegessen und getrunken habe; danach kannst auch du essen und trinken. Bedankt er sich etwa bei dem Knecht, weil er getan hat, was ihm befohlen wurde? So soll es auch bei euch sein: Wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen wurde, sollt ihr sagen: Wir sind unnütze Knechte; wir haben nur unsere Schuldigkeit getan.
Predigt
Es ist schon sehr erstaunlich – was Jesus heute sagt. Der Sklave oder Knecht muss einfach arbeiten und aufwarten. Jesus kritisiert den Gedanken, dass der Herr mal vom hohen Ross runtersteigen muss und den Knecht bedienen könnte. Nein, der Herr lässt sich bedienen. Es gibt bei Jesus offenbar wirklich die Oberen und die Unteren. Das ist für uns moderne Menschen schwer verständlich und schwer anzunehmen. Sagt Jesus nicht an anderer Stelle: „Der Arbeiter ist seines Lohnes wert“?
Ich meine: um über diese Stelle nicht zu stolpern oder sie einfach links liegen zu lassen, müssen wir ein wenig über den Rand dieser Aussage Jesu hinausschauen. Denn Jesus macht sehr viele Aussagen, über die der Mensch zunächst mal stolpert. Jesus ist einfach nicht angepasst an unsere Welt und Denkweise. Er passt nicht in das gewöhnliche menschliche Denken. Erinnern wir uns einmal an einige große Worte der Bergpredigt: Selig die Armen, selig die Hungernden, selig die Traurigen. Jesus kehrt die normale Denkweise um.
Und Jesus ist nochmals sehr anders als wir modernen Menschen uns Gemeinschaft und Geselligkeit vorstellen. Er stellt sich nicht als Freund oder Kumpel unter seine Jünger, sondern er steht immer eine Stufe über ihnen und lehrt. Er lehrt und er kritisiert, er schimpft sie auch. Da wir an Jesus als den unendlich Liebenden vorstellen und glauben, machen wir manchmal den Fehler, ihn als einen Freund auf gleicher Ebene mit uns vorzustellen. Das ist er nicht. Und er verweist in eigenartiger Weise auch immer wieder auf sich selbst. Er ist anspruchsvoll, lässt keinen Zweifel an seiner eigenen Bedeutung. Manchmal wundert man sich, wie selbstbewusst er ist und auftritt. Ein großes Wort Jesu, das ihn besonders ins Zentrum stellt ist das Wort der Eucharistie. Er sagt bei der Feier des Abendmahles: Tut dies zu meinem Gedächtnis. Sie sollen ihn nicht vergessen, sie sollen sich bewusst an ihn und sein Tun erinnern. Er will in ihrem Gedächtnis bleiben.
Also vielleicht haben wir moderne Christen in den letzten Jahrzehnten zu oft und zu leicht den Fehler gemacht, Jesus als einen wunderbaren Wanderprediger zu sehen, der sich in seinen Freundeskreis einreiht, den Freunden rechts und links seine Arme über die Schultern legt und alle auffordert, sich die Arme auf die Schultern zu legen zum Zeichen, dass sie zusammengehören und Freunde sind. Erinnern wir uns vielleicht an den griechischen Tanz Sir-Taki. Dieses Bild von Jesus und seiner Gemeinschaft ist falsch. Jesus ist kein Kumpel. Er ist nicht ein Glied im Kreis, sondern steht im Zentrum des Kreises. Jesus ist nicht einer von ihnen. Er nennt sie zwar seine Freunde, aber er ist nicht einfach der Freund aller, sondern er ist der Lehrer – und ja – man kommt nicht drum herum: Er ist ganz anders. Es drängt sich gleich die Frage auf: Ist er etwas Göttliches, ein Göttlicher? Daher kommt auch immer wieder unter den Jüngern die Frage auf: Wer ist er? Wer ist er eigentlich? Es ist ein Geheimnis um ihn. Und Jesus fragt seine Jünger: Für wen halten die Leute den Menschensohn? Ja – die Leute rätseln eben. In den damaligen Kategorien kommen die Fragen: Ist er der auferstandene Johannes der Täufer, ist er der auferstandene Jesaia?
Ein Mysterium ist um ihn. Daher kommt auch Nikodemus zu einem Vieraugengespräch, weil er rätselt: Wer oder was ist dieser Jesus. Und nun kommen wir zurück zu unserer Ausgangsfrage: Warum ist Jesus so hart gegen den Knecht oder Sklaven? Warum muss der nur dienen und bedienen?
Ja diese Worte sind vielleicht nur ein kleiner Hinweis darauf, dass Jesus nicht in unsere rein menschlichen Denkkategorien passt. Er ist anders, manchmal völlig unverständlich. Er ist aber dann auch ganz anders, als er vor den Hohenpriestern und vor Pilatus steht. Er verteidigt sich nicht, lässt sich festnehmen. Er pocht nicht auf sein Recht. Er opfert sich. Er zeigt, dass nur liebende Hingabe den Menschen hilft. Er steigt aus aus der Welt des Rechtes, der Rechthaberei. Er zeigt: Nur in der Selbsthingabe kann dem Menschen, der Menschheit geholfen werden. Nicht die Rechtsordnung unter Menschen rettet, sondern die Hingabe. Auch wenn die Menschheit alle Rechte aller Minderheiten geschützt hat, ist sie dann noch nicht gerettet. Der Schutz aller Rechte wird nie gelingen, wenn die Selbsthingabe nicht gelingt, der Sprung über den eigenen Schatten. Das Opfer des eigenen Lebens soll gelingen. Nur das rettet die Welt. Amen.
Aus dem 2.Brief des Apostels Paulus an Timotheus, Kap. 1,6-8,13-14
Darum rufe ich dir ins Gedächtnis: Entfache die Gnade Gottes wieder, die dir durch die Auflegung meiner Hände zuteilgeworden ist! Denn Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit. Schäme dich also nicht des Zeugnisses für unseren Herrn und auch nicht meiner, seines Gefangenen, sondern leide mit mir für das Evangelium! Gott gibt dazu die Kraft: Als Vorbild gesunder Worte halte fest, was du von mir gehört hast in Glaube und Liebe in Christus Jesus! Bewahre das dir anvertraute kostbare Gut durch die Kraft des Heiligen Geistes, der in uns wohnt!
Fürbitten
Herr Jesus Christus, wir bitten dich um Frieden in der Welt. Frieden in der Ukraine, Frieden auch im Irak, im Iran, in vielen Ländern Afrikas. Schenke den politisch Verantwortlichen Deinen Heiligen Geist, damit die Weisheit haben, Frieden für ihre Völker zu schließen. Christus höre uns.
Herr Jesus Christus, wir bitten dich für Kinder und Jugendliche. Bewahre sie vor den unzähligen Verführern, den Menschen, die sie irre leiten, die sie manipulieren. Christus höre uns
Herr Jesus Christus, wir bitten dich für alle Menschen, die einsam und verlassen sind, die auf der Straße liegen, auf der Flucht sind, die sich vergessen fühlen. Christus höre uns
Herr Jesus Christus, wir bitten dich für die katholische Kirche in Deutschland. Gib allen Verantwortlichen Deinen heiligen Geist, damit sie erkennen, wohin du sie führen willst. Christus höre uns.
P. Eberhard Gemmingen SJ
Im Einsatz für Glaube und Gerechtigkeit