Fest der Heiligen Familie Die Kirche feiert heute das Fest der heiligen Familie. Im Evangelium geht es um den Besuch von Jesus, Maria und Josef im Tempel in Jerusalem, und Jesus bleibt erstaunlicherweise heimlich zurück im Tempel und die Eltern suchen ihn verzweifelt. In der Lesung aus dem Buch Jesus Sirach geht es um das richtige Verhalten der Kinder gegenüber ihren Eltern. Lesung aus dem Buch Jesus Sirach, Kap. 3, 2-6, 12-14 Der Herr hat den Kindern befohlen, ihren Vater zu ehren, und die Söhne verpflichtet, die Entscheidung ihrer Mutter zu achten. Wer den Vater ehrt, erlangt Verzeihung der Sünden, und wer seine Mutter achtet, gleicht einem, der Schätze sammelt. Wer den Vater ehrt, wird Freude haben an den Kindern, und wenn er betet, wird er erhört werden. Wer den Vater achtet, wird lange leben, und wer seiner Mutter Ehre erweist, erweist sie dem Herrn. Mein Sohn, tritt für die Ehre deines Vaters ein. Lass ihn, solange du lebst, nicht im Stich. Wenn er an Verstand nachlässt, übe Nachsicht und beschäme ihn nicht solange er lebt. Denn die Liebe zum Vater wird nie vergessen, sie wird dir als Sühnopfer angerechnet. Aus dem Heiligen Evangelium nach Lukas, Kap. 2, 41 -52 Die Eltern Jesu gingen jedes Jahr zum Paschafest nach Jerusalem. Als er zwölf Jahre alt geworden war, zogen sie wieder hinauf, wie es dem Festbrauch entsprach. Nachdem die Festtage zu Ende waren, machten sie sich auf den Heimweg. Der Knabe Jesus aber blieb in Jerusalem, ohne dass seine Eltern es merkten. Sie meinten, er sei in der Pilgergruppe, und reisten eine Tagesstrecke weit; dann suchten sie ihn bei den Verwandten und Bekannten. Als sie ihn nicht fanden, kehrten sie nach Jerusalem zurück und suchten nach ihm. Da geschah es, nach drei Tagen fanden sie ihn im Tempel; er saß mitten unter den Lehrern, hörte ihnen zu und stellte Fragen. Alle, die ihn hörten, waren erstaunt über sein Verständnis und über seine Antworten. Als seine Eltern ihn sahen, waren sie voll Staunen und seine Mutter sagte zu ihm: Kind, warum hast du uns das angetan? Siehe, dein Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht. Da sagte er zu ihnen: Warum habt ihr mich gesucht? Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meinem Vater gehört? Doch sie verstanden das Wort nicht, das er zu ihnen gesagt hatte. Dann kehrte er mit ihnen nach Nazareth zurück und war ihnen gehorsam. Seine Mutter bewahrte all die Worte in ihrem Herzen. Jesus aber wuchs heran und seine Weisheit nahm zu und er fand Gefallen bei Gott und den Menschen. Predigt Liebe Brüder und Schwestern, Es geht heute also um die heilige Familie, Es ist naheliegend, anzunehmen, dass es in der Heiligen Familie sehr harmonisch zuging, weil alle Heilige waren und sich sehr liebten. Das stimmt so leider nicht ganz. Die Heilige Familie war eine Problemfamilie, aber eine Problemfamilie, die mit ihren Problemen richtig umging, sie gut gemeistert hat. Beginnen wir beim Zurückbleiben des 12-jähren Jesus im Tempel ohne Wissen der Eltern. Vermutlich meinten die Eltern, Jesus sei bei der Gruppe der Jugendlichen, die ja wahrscheinlich gerne zusammen gingen. Aber es ist verwunderlich. Die Eltern kommen voll Angst und Sorge in den Tempel zurück, finden Jesus, sind erstaunt, empört, traurig. „Kind, warum hast du uns das angetan?“ Und Jesus antwortet – wir würden sagen: ein wenig frech! – „Wusstet ihr nicht, dass ich im Haus meines Vaters sein muss?“ Ich nenne das einfach einmal ein großes Missveständnis. Jesus ist wirklich Mensch. Bei Menschen gibt es Missverständnisse. Menschsein heißt, mit Missverständnissen leben und umgehen zu müssen. Das ist schmerzlich. Menschwerdung Gottes heißt auch: Sich Missverständnissen aussetzen, sie annehmen und tragen. Es geht nicht ohne sie. Heilige Familie bedeutet: Trotz schmerzlicher Missverständnissen Beisammenbleiben. Das ist ein Stück der Heiligkeit der Heiligen Familie. Also nicht pure Harmonie. Als Jesus dann mit etwa 30 Jahren seine Familie verlassen hat, taucht er eines Tages in der Synagoge von Nazareth wieder auf, tritt dort souverän auf. Die Hörer wundern sich. Ist das nicht der Sohn von Josef und Maria, woher hat er das alles? Sie ärgern sich über ihn, werfen ihn hinaus. Maria wundert sich, staunt, weint. Auch sie fragt vermutlich: Woher hat er das alles? Das Leben mit Jesus ist auch für sie ein Mysterium. Auch Maria muss mit dem Mysterium ihres Sohnes leben. Wochen später ist Jesus in einem Nachbarort. Die Nachbarinnen und Nachbarn Mariae kommen zu ihr und sagen ihr. Dein Sohn Jesus ist in der Nähe. Du musst ihn zurückholen. Er ist ein bisschen verrückt. Hol ihn heim. Er muss auf den Boden der Realität zurück. Und dann gibt es noch die seltsame Szene in Kana. Maria sagt zu Jesus: Sie haben keinen Wein mehr. Jesus antwortet schroff: Frau, was geht das mich an. Meine Stunde ist noch nicht gekommen. Und dann hört sie Monate später, dass Jesus mit seinen Anhängern nach Jerusalem ziehen will. Er halte sich für den Messias. Aber sie hört: Er teilt seinen Freunden auch mit, man werde ihn in Jerusalem umbringen. Maria macht sich auf den Weg nach Jerusalem. Sie kann nicht fernbleiben. Sie ringt mit sich: Darf sie ihn warnen, ihn zurückhalten? Das Leben mit Jesus ist ein Kreuzweg. Von Anfang an. Es ist nicht leicht, mit einem Mysterium zu leben. Und noch ein Blick zurück auf Josef. Bevor er mit Maria zusammen lebte, hatte er bemerkt, dass sie schwanger war. Er fragt sich: Woher? Es verfolgt ihn bis in seine Träume. Es träumt ihn: „Das Kind ist vom Heiligen Geist. Nimm Maria zu Dir.“ Er wird als der Gerechte bezeichnet. Er tut es. Die Heilige Familie ist keine harmonische Familie, sondern eine Familie die mit ihren Problemen leidend fertig wird. Das Fest der heiligen Familie ist Übrigens kein altes Kirchenfest. Im Gegenteil: Es wurde erst erfunden und eingeführt, als es in der modernen Welt begann, in den Familien zu kriseln. Es entstand um 1890 in Kanada und wurde dann erst im 20. Jahrhundert weltweit eingeführt. Wir wissen alle: Viele Familien sind heute in der Krise. Es gibt riesige Umbrüche. Bis vor wenigen Jahren war der Vater noch der Herr im Haus. Das ist vorbei. Frauen und Kinder hatten sich mehrheitlich unterzuordnen. Heute ist gesellschaftliche Norm, dass Ehepartner wirklich Partner sind, dass Frauen sich selbständig entwickeln und entscheiden müssen, dass Kinder mehr von der Gesamtgesellschaft geformt werden als von den Eltern. Familienleben muss man heute immer wieder neu lernen, üben. Familie ist zur Aufgabe geworden. Von der Heiligen Familie können wir heute nur lernen, wie man mit Missverständnissen umgehen soll, wie man mit Fragen umgeht, die man nicht versteht. Die Konflikte in Familien können uns lehren, wie wir sie gemeinsam vor Gott bringen und sie mit Gottes Hilfe lösen. Wir können uns sagen: Gott hat uns so zusammengeführt, er wird uns auch helfen, die Fragen der Familie nach dem Vorbild der Heiligen Familie zu meistern. Amen Fürbitten Herr Jesus Christus, wir bitten dich für die Familien. Gib ihnen in der heutigen Zeit die nötige Ausdauer, Rücksichtnahme, Geduld, damit sie trotz aller möglichen Differenzen zusammen halten in Freude und Geduld. Christus höre uns Herr Jesus Christus, wir bitten dich insbesondere für die Familien in Krise, für Familien, die sich auseinandergelebt haben, die vor der Scheidung stehen. Schenke ihnen die richtigen Entscheidungen. Christus höre uns. Herr Jesus Christus, wir bitten dich für die Kinder, deren Eltern sich geschieden haben. Gib ihnen dennoch Zuversicht ins Leben, schenke ihnen gute Freunde und Gemeinschaft. Christus höre uns Herr Jesus Christus, wir bitten dich für die Familienpolitiker. Schenke ihnen den Heiligen Geist, damit sie nicht nur an bestimmte Menschengruppen denken, sondern an den Respekt und die Liebe zu allen Menschen. Christus höre uns P. Eberhard Gemmingen SJ
Teilen, Hinweis der Redaktion, Kommentieren und Bewerten in den sozialen Netzwerken und in der Bürgerredaktion: