Liebe Freunde und Bekannte.
Mein neues Buch „Christen verändern die Welt“ wurde vom Bonifatius-Verein und Michaelsbund zum „Religiöses Buch des Monats Juli“ erklärt.
Aus dem Heiligen Evangelium nach Markus, Kap. 4, 26 - 34
In jener Zeit sprach Jesus zu der Menge: Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mann Samen auf seinen Acker sät; dann schläft er und steht wieder auf, es wird Nacht und wird Tag, der Samen keimt und wächst und der Mann weiß nicht, wie. Die Erde bringt von selbst ihre Frucht, zuerst den Halm, dann die Ähre, dann das volle Korn in der Ähre. Sobald aber die Frucht reif ist, legt er die Sichel an; denn die Zeit der Ernte ist da.
Er sagte: Womit sollen wir das Reich Gottes vergleichen, mit welchem Gleichnis sollen wir es beschreiben? Es gleicht einem Senfkorn. Dieses ist das kleinste von allen Samenkörnern, die man in die Erde sät. Ist es aber gesät, dann geht es auf und wird größer als alle anderen Gewächse und treibt große Zweige, sodass in seinem Schatten die Vögel des Himmels nisten können. Durch viele solche Gleichnisse verkündete er ihnen das Wort, so wie sie es aufnehmen konnten. 34 Er redete nur in Gleichnissen zu ihnen; seinen Jüngern aber erklärte er alles, wenn er mit ihnen allein war.
Predigt
Liebe Schwestern und Brüder,
Hat das heutige Sonntagsevangelium etwas mit dem synodalen Weg der katholischen Kirche in Deutschland zu tun? Können die Mitglieder des synodalen Weges aus diesem Evangelium vom Säen und vom Senfkorn etwas lernen?
Ich meine: Ja! – Diese beiden geistigen Vorgänge – der synodale Weg und das Säen des Samens - haben sehr viel miteinander zu tun.
Wir modernen Menschen können den Gedanken Jesu vom Aussäen guten Samens ganz gut vergleichen mit dem Aussäen von Gedanken in den Stuben von Vordenkern. Erlauben Sie mir, dass ich frech mit Karl Marx beginne. Er hat an seinem Schreibtisch oder seinem Lehnstuhl über das wirtschaftliche Verhalten von Menschen nachgedacht. Er hat auch gedacht über das Verhältnis von armen und reichen Menschen. Und aus seinem Denken ging nach einer gewissen Zeit eine böse Weltmacht hervor. Eine zerstörerische Weltmacht. ER war wie ein Sämann, der schlechten Samen ausgesät hat.
Und erlauben Sie mir nun gleich den Sprung zu dem Mann aus Nazareth. Auch er hat Gedanken und Überzeugungen in die Welt gebracht. Auch sie haben die Welt in Bewegung gesetzt und zu einem guten Teil verändert. Gedanken können die Welt verändern. Aber Jesus hat nicht nur Gedanken in die Welt gebracht, sondern auch noch Zeichen. Das entscheidende Zeichen ist das Kreuz. Das Kreuz ist Zeichen der Selbsthingabe. Er hat nicht nur geredet und gelehrt und geheilt. Er hat sich für uns hingegeben. Das ist das Entscheidende. (Nebenbei erlaube ich mir die Frage: Warum hängt eigentlich das Kreuz in fast allen Kirchen nicht vorne über dem Altar, sondern an der Seite der Kirchenwand? Vorne ist meist ein Heiliger zu sehen. Aber das ist nur eine Nebenfrage.)
Aber Jesus spricht nicht nur vom Säen des guten Samens, sondern vom Reich Gottes. Er sagt: Das Reich Gottes kommt mit dem Wachsen des guten Samens. Wir können schlussfolgern: Das Reich Gottes kommt mit der Ausbreitung der richtigen, der guten Gedanken. Freilich darf es nicht bei den Gedanken bleiben, sondern müssen aus den Gedanken Taten folgen.
Nun aber werden die Freunde des synodalen Weges einwerfen: Die richtigen Gedanken brauchen auch richtige Strukturen. Wenn die Kirche heute Strukturen hat, die überhaupt nichts mehr zu tun haben mit den Strukturen der heutigen Gesellschaft, dann ist die Kirche und ihre Botschaft den Menschen fremd. Wenn also in der Kirche demokratische Strukturen total fehlen, können die Menschen nichts mit dem Reich Gottes anfangen. Wenn Frauen Menschen zweiter Klasse sind, dann fremdeln die Menschen mit dem Reich Gottes.
Ja – richtig. Und dennoch: Das Christentum ist dort am meisten gewachsen, wo es mit der umliegenden Kultur am meisten gefremdelt hat. Es ist dort gewachsen, wo Christen Märtyrer wurden, wenn ihr Leben auf Christus verwies. Sie hatten ihr Herz festgemacht an Jesus Christus und waren nicht von der Welt. Christen müssen in der Welt sein, aber nicht von der Welt. Das entscheidende Stichwort heißt meiner Ansicht nach: Die Gemeinschaft der Glaubenden kann man nicht nach menschlichen Maßstäben organisieren, man kann sie nicht machen. Sie muss aus dem Geist Jesu Christi wachsen. Die Frauenfrage kann nur aus dem Geist Jesu Christi gelöst werden, nicht aus dem Vergleich mit der heutigen Gesellschaft. Wenn die Kirche im Geist Jesu Christi lebt, wird sie vielleicht auch gute Strukturen der Welt übernehmen. Aber die guten Strukturen öffnen nicht das Herz der Menschen. Sie öffnen ein wenig den Verstand, aber vom Verstand allein lebt das Reich Gottes nicht.
Nun habe ich aber das kleine Senfkörnchen ganz übergangen, von dem Jesus auch sprach. Es sei mir nicht böse. Aber das Senfkörnchen ist auch nur ein Symbol für die systemsprengenden Gedanken, die bei Marx ein zerstörerisches Gemeinwesen hervorgebracht haben. Das Senfkörnchen Jesu aus Nazareth ist die Wurzel für die heutige geltende Überzeugung von der Würde des Menschen, vom Recht auf Leben, von den Menschenrechten, von der Pflicht dem Menschen zu helfen, der niedergeschlagen auf der Straße von Jerusalem nach Jericho liegt. Amen.
Lesung aus dem zweiten Brief des Apostel Paulus an die Korinther, Kap. 5, 6-10
Wir sind also immer zuversichtlich, auch wenn wir wissen, dass wir fern vom Herrn in der Fremde leben, solange wir in diesem Leib zu Hause sind; denn als Glaubende gehen wir unseren Weg, nicht als Schauende. Weil wir aber zuversichtlich sind, ziehen wir es vor, aus dem Leib auszuwandern und daheim beim Herrn zu sein. Deswegen suchen wir unsere Ehre darin, ihm zu gefallen, ob wir daheim oder in der Fremde sind. Denn wir alle müssen vor dem Richterstuhl Christi offenbar werden, damit jeder seinen Lohn empfängt für das Gute oder Böse, das er im irdischen Leben getan hat.
Fürbitten
Herr Jesus Christus, wir bitten dich für die Friedenskonferenz, die in diesen Tagen in der Schweiz stattfindet. Schenke allen Teilnehmern Deinen Heiligen Geist, damit sie an das Leid der vom Krieg Betroffenen denken und wirklich Frieden suchen. Christus höre uns.
Herr Jesus Christus, wir bitten dich für die Menschen im Gazastreifen und in der Ukraine. Schenke ihnen den Frieden und die Sicherheit, damit sie in Ruhe miteinander leben können. Christus höre uns.
Herr Jesus Christus, wir bitten dich für alle Menschen, die in Einsamkeit leben und darunter leiden. Schenke ihnen Zeichen der Zuwendung und des Trostes von anderen. Christus höre uns
Herr Jesus Christus, wir bitten dich für die Kinder und Jugendlichen. Schütze sie vor allen Verführern, zeige ihnen, dass sie ihr Leben verderben, wenn sie ununterbrochen auf ihre Handy schauen. Christus höre uns.
P. Eberhard Gemmingen SJ
Im Einsatz für Glaube und Gerechtigkeit