Aus dem Heiligen Evangelium nach Matthäus, Kap. 25, 1-13
Mit dem Himmelreich wird es sein wie mit zehn Jungfrauen, die ihre Lampen nahmen und dem Bräutigam entgegengingen. Fünf von ihnen waren töricht und fünf waren klug. Die törichten nahmen ihre Lampen mit, aber kein Öl, die klugen aber nahmen mit ihren Lampen noch Öl in Krügen mit. Als nun der Bräutigam lange nicht kam, wurden sie alle müde und schliefen ein. Mitten in der Nacht aber erscholl der Ruf: Siehe, der Bräutigam! Geht ihm entgegen! Da standen die Jungfrauen alle auf und machten ihre Lampen zurecht. Die törichten aber sagten zu den klugen: Gebt uns von eurem Öl, sonst gehen unsere Lampen aus! Die klugen erwiderten ihnen: Dann reicht es nicht für uns und für euch; geht lieber zu den Händlern und kauft es euch! Während sie noch unterwegs waren, um es zu kaufen, kam der Bräutigam. Die Jungfrauen, die bereit waren, gingen mit ihm in den Hochzeitssaal und die Tür wurde zugeschlossen. Später kamen auch die anderen Jungfrauen und riefen: Herr, Herr, mach uns auf! Er aber antwortete ihnen und sprach: Amen, ich sage euch: Ich kenne euch nicht. Seid also wachsam! Denn ihr wisst weder den Tag noch die Stunde.
[Gleichnis von den klugen und törichten Jungfrauen - Wikipedia]
Predigt
Liebe Schwestern und Brüder,
Wir kennen seit Kindheit das Gleichnis von den klugen und törichten jungen Damen. Sie bereiten sich gut oder schlecht auf die Rückkehr des Bräutigams vor. Wir wollen uns jetzt nicht mit der Frage auseinandersetzen, ob die Klugen nicht doch etwas von ihrem Öl hätten abgeben sollen. Wir verschieben diese Frage auf den Zeitpunkt, wenn wir sie mal Jesus Aug in Aug stellen können.
Mir geht es heute nur um die Frage, wie wir persönlich - jeder für sich selbst - auf die Begegnung mit Christus in richtiger Weise warten sollen.
Stellen wir uns einmal vor: Wir warten auf Christus, und weil es lange dauert, setzen wir uns auf den einen oder anderen Hocker, auf einen großen Steinblock, auf eine Hausstufe. Wir können aber auch im Stehen warten. Wenn wir stehen, bedeutet das, dass wir bereiter sind und nicht müde und verschlafen. Wir können im Stehen entweder die Hände hängen lassen. Oder wir könnten sie ausbreiten und so den Herrn erwarten. Es ist schwer, die Arme lange Zeit auszubreiten. Aber wenn wir sie dann und wann ausbreiten, zeigt das an, dass wir ihn gleich in die Arme schließen können.
Unser Leben als Christen kann ein Leben im Sitzen sein, ein Leben im Stehen, ein Leben im Rennen auf ihn zu, ein Leben gleichsam mit ausgebreiteten Armen.
Und vergessen wir nicht: Wir erwarten den Herrn nicht allein, neben uns stehen viele andere, die den Herrn mit uns erwarten. Es sind Millionen.
Welche Form von Erwarten dem Herrn wohl am besten gefällt? Vermutlich würde er sagen: Habt keine Angst, aber seid sprungbereit. Wenn ihr innerlich sprungbereit seid, dann ist es gleich, ob ihr sitzt oder steht oder die Arme ausbreitet. Hauptsache: Ihr seid sprungbereit. Das Blödeste wäre, wenn wir schliefen. Wir müssen zwar ganz menschlich dazwischen auch mal schlafen. Aber vielleicht wäre es angebracht, beim Aufwachen gleich daran zu denken: Vielleicht klopft Jesus gerade an die Türe. Dann raus aus den Federn.
Aber es gibt noch ein anderes Warten auf den Bräutigam. Wir könnten ihm entgegenrennen. Denken wir an Kinder. Stellen wir uns vor: Kinder stehen auf dem Bahnsteig und erwarten Mutti. Kaum sehen sie die Mama aus dem Zug steigen, rennen sie los. Mutti und Kinder fallen sich in die Arme.
Aber das Warten auf Christus kann auch noch ganz anders aussehen:
Vor wenigen Tagen haben wir das Fest des heiligen Martin gefeiert. Da gab es Martinspiele vor allem für Kinder. Da reitet der fesche römische Soldat durch den finsteren Wald. Plötzlich sieht er einen armen frierenden Kerl im Schnee liegen, stoppt sein Ross, springt runter. Reißt sein Schwert aus der Scheide, schneidet seinen Mantel in zwei Teile und hüllt den armen Kerl in den Mantel ein. Martin hat Jesus Christus am Boden liegen gesehen, ist ihm begegnet. Jesus kam nicht mit Pauken und Trompeten, sondern lag im Dreck.
Also warten wir nicht auf den Tag des Weltuntergangs, wenn Jesus uns mit ausgebreiteten Armen entgegenkommt und wir brennende Lampen in den Händen halten. Seien wir bereit, Jesus könnte um jede Ecke kommen. Wir sollen bereit sein, ihn mit ausgebreiteten Armen zu empfangen, ihm wie Kinder entgegenzulaufen. Oder wir sollen von unserem hohen Ross runterschauen, ob er nicht vielleicht vor uns im Dreck liegt. Dann runter vom Ross und schon liegen wir in Jesu Armen.
In der Laudes des Stundengebetes gibt es ein wunderbares Gebet, mit dem ich schließen möchte.
Erwartet den Herrn,
Steht als Knechte bereit an der Tür.
Schon jauchzt jeder Stern,
Seht, er kommt, seht, er kommt, wir sind hier.
Komm, Herr Jesus, Maranatha.
Entzündet die Lampen, ihr Mägde,
Erglühet im Geist
Im Kommen des Ewig-Geliebten,
Der Kyrios heißt.
Komm, Herr Jesus, Maranatha.
Du wirfst dein Feuer zur Erde
und willst, dass es brennt,
und wir sind der Mund,
der anbetend dein Kommen bekennt.
Komm, Herr Jesus, Maranatha
Amen.
[La basilica di Santa Maria in Trastevere - Roma Bella]
Die klugen und törichten Damen auf der Wand der Basilika Santa Maria in Trastevere in Rom
Aus dem Buch der Weisheit, Kap. 6, 12-16
Strahlend und unvergänglich ist die Weisheit; wer sie liebt, erblickt sie schnell, und wer sie sucht, findet sie. Denen, die nach ihr verlangen, kommt sie zuvor und gibt sich zu erkennen. Wer sie am frühen Morgen sucht, braucht keine Mühe, er findet sie vor seiner Türe sitzen. Über sie nachzusinnen, ist vollkommene Klugheit; wer ihretwegen wacht, wird schnell von Sorge frei. Sie geht selbst umher, um die zu suchen, die ihrer würdig sind; freundlich erscheint sie ihnen auf allen Wegen und kommt ihnen entgegen bei jedem Gedanken.
Fürbitten
Herr Jesus Christus, schenke den Christen in der ganzen Welt einen neuen Glauben an die Kraft des Gebetes. Gib ihnen das Vertrauen, dass Gebet die Welt und die Politik verändert. Christus höre uns
Herr Jesus Christus, gib den Anhängern des Islam, des Judentums und des Christentums den Heiligen Geist, den Geist der Versöhnung, den Geist des Umarmens und nicht des Erschießens. Christus höre uns
Herr Jesus Christus, schenke den politisch und wirtschaftlichen Verantwortlichen rund um den Globus den Heiligen Geist der Einsicht und des Verstandes. Christus höre uns.
Herr Jesus Christus, sei in diesen Stunden den Menschen nahe, die mit der Verzweiflung oder dem Tode ringen. Schenke ihnen das Gefühl der Geborgenheit bei Dir. Christus höre uns.
P. Eberhard Gemmingen SJ
Im Einsatz für Glaube und Gerechtigkeit