Redemtoristenkloster Gars am Inn Gars am Inn 12.11.1990
Liebwerte Frau Ilse Sixt,
Ihren Brief an den Heiligen Vater habe ich mit Erstaunen und Bewunderung gelesen.
Schon Ihre Handschrift spiegelt eine gerade Seele, in der Liebe und innere Freiheit sich
vermählt haben.
Auch Ihre Urteilskraft ist durch und durch gesund.
Vor zwei Jahren war ich einige Tage bei einem heiligmäßigen Bischof in Italien zu Gast.
Er hat für mich und sich selbst das Frühstück bereitet .Er will nicht mehr Geld haben als
seine durchwegs armen Priester. Keiner kann sich eine bezahlte Haushälterin leisten.
Dieser Bischof, der seinen Priestern ein liebender Vater ist, sagte mir fast genau das gleiche,
was Sie dem Papst zu sagen wagen.
Und Sie sagen es so ehrlich und gerade heraus und mit so viel Liebe zur Kirche – zu Jesus.
Ich habe dieser Tage einmal gedacht : „Wenn der Papst in dieser Frage umdenkt, dann ist das ein Wunder, das hinreichen würde zu seiner Heiligsprechung.“
Zu einer Ihrer Erwägungen eine meiner Erfahrungen in Afrika, wo ein Pfarrer oft bis zu zwanzig Außenstationen hat, meistens mit heiligmäßigen Katechisten, die oft auch heiligmäßige, opferbereite Frauen haben. Der Pfarrer kommt dann vielleicht zwei oder dreimal im Jahr und feiert dort die Eucharistie.
Als ich im Kupfergebiet von Sambien Kurse gab und Vorträge, sagten mir einige Arbeiter, die erst vor kurzem in dieses Industriegebiet gekommen waren : „ Wer ist im Kopf krank, wir oder der Pfarrer von hier ?“ – Als wir auf dem Land lebten, sagte man uns, dass wir in den Himmel kommen können, obwohl wir nur dreimal im Jahr Gelegenheit zur Messe haben.
Und hier sagt uns ein anderer Pfarrer, dass wir in die Hölle kämen, wenn wir nicht sechzigmal im Jahr zur Messe kommen.“
Ist das nicht ein Mangel an Liebe und herzlichem Mitgefühl, wenn man einerseits die Pflicht, jeden Sonntag zur Messe zu gehen (- keine schönen Worte - ) einhämmert, aber wegen des Zölibatsgesetzes nicht dafür sorgt, allen Gläubigen Priester zu geben, die froh und liebevoll die Eucharistie feiern könnten.
Sie haben auch recht, wenn Sie schreiben, dass man im Kloster den Zölibat leben kann. Ja, das habe ich erfahren, da mir Gott immer liebevolle Mitbrüder und Obere gab.
Gott segne Sie und Ihre Familie !
Mit herzlichen Grüßen, Bernhard Häring ( Moraltheologe geb. 10.11.1912- gest. 3.7.1998 )
Seniorenstudium
Leitung Prof. DDr. Dr. h.c. Eugen Biser
München 8.8.2006
Sehr verehrte Frau Sixt!
Obwohl ich auf dem Weg ins Krankenhaus bin und deshalb noch vieles zu erledigen habe, möchte ich Ihnen doch in aller gebotenen Kürze für Ihre Zuschrift und die beigelegte Broschüre danken. – Ich kenne keine Äußerung, die sich mit so viel Verständnis und so tiefem Mitgefühl der heiklen Zölibatsfragen angenommen hat wie die Ihre. Sie verfolgen darin denselben Weg, der auch mir als der richtige erscheint, weil er der menschliche und menschlich-teilnehmende ist. Wer es fassen kann, der fasse es! Wer das nicht – oder nicht mehr - kann, sollte sich nicht ausgegrenzt fühlen müssen. Wenn sich die Kirche dazu durchringen und den Ausgegrenzten den Weg zum Altar öffnen könnte, fände sie zweifellos breite Zustimmung und es würde sich das bedrängende Problem des Priestermangels erheblich minimieren. Aber der Weg dahin ist noch lang und schwierig.
Soviel in aller Eile. Ich wünsche Ihnen Geduld und Gottvertrauen und bin mit dankbaren und herzlichen Grüßen Ihr Eugen Biser
„Wir brauchen eine Religion für die Menschen – nicht- die Menschen für die Religion.“ Eugen Biser