Papa Francesco in Domus Sanctae Marthae, CV-00120 Citta del Vaticano, Roma/Italia und
Papa Benedetto in dem Kloster "Mater ecclesia", CV-00120 Citta del Vaticano, Roma/Italia.
Bad Fredeburg/Deutschland, 10.03.2017
Lieber Papst Franziskus,
lieber Alt-Papst Benedikt,
als sich der Augustinermönch aus Erfurt, Martin Luther, im Oktober 1510 von Wittenberg aus zu einer Wander- und Pilgerreise in die ca. 1.380 km entfernte Heilige Stadt Rom aufmacht, da herrscht der Renaissance-Papst Julius II. alias della Rovere (1503-1513) auf dem Petrus-Thron, der wegen seines rücksichtslosen, aufbrausenden und gewaltbereiten Wesens bald als "der Schreckliche" bekannt wird. Im Stil eines Feldherrn entledigt sich der schon 60-Jährige des Cesare Borgia, der immer noch über Teile des früheren Kirchenstaates herrscht. In zahlreichen Militäroperationen und waghalsigen diplomatischen Wendemanövern entreißt Julius II. danach, selbst im Winter an vorderster Front und hoch zu Ross, den Venezianern und Franzosen die Romagna, Parma, Piacenza und Reggio Emilia; zu seinem Schutz beruft er 1506 die Schweizergarde. Da er sich zudem der Vetternwirtschaft und sittlicher Entgleisungen überwiegend enthält und trotz seiner kostspieligen Unternehmungen durch den Verkauf von Ablässen auch noch die Vatikanfinanzen wieder in schwarze Zahlen bringt, gilt Julius II. vielen als "Neubegründer des Kirchenstaates".
In Julius Pontifikat fällt auch die Grundsteinlegung des Petersdoms vom 18. April 1506, der erst im Jahr 1623 nach 117jähriger Bauzeit eingeweiht werden konnte. Doch der Bau des Petersdoms verschlingt Unsummen. Papst Julius II. handelt wie ein Bad Banker. Zur Finanzierung seines Prestigeobjekts gibt Julius "giftige Wertpapiere" - die sog. Ablassbriefe - heraus, die jeder gläubige Christ erwerben soll, um sich und seine Angehörigen so vor dem Fegefeuer und der Hölle freikaufen zu können. Den Christen wird damit päpstlicherseits vorgegaukelt, die Gnade Gottes sei käuflich. Ein großer Irrtum, wie sich zeigen wird.
Das erinnert Martin Luther an die Zustände im Jerusalemer Tempel und die Tempelreinigung Jesu, als er die Händler und Geldwechsler aus dem Tempel vertrieb (vgl. Mk 11, 15-19). Luthers Rombesuch, der schlechte Zustand der reformunfähigen, machtbessenen und fehlgeleiteten Kirche, die sich wie ein Terror-Regime durch Inquisition, Schauprozesse, Folter und öffentliche Hinrichtungen ihrer Kritiker, den sog. Ketzern, entledigt, und der überall präsente und verwerfliche Ablasshandel sind der ausschlaggebende Grund für Luthers 95 Thesen, die er am 31.10.1517 an die Schlosskirche zu Wittenberg anschlägt. Luther wollte die Kirche reformieren, aber nicht spalten.
Die Folgen des Thesenanschlags erschüttern die Welt und leiten das Zeitalter der Reformation an. Luther wird deswegen von Papst Leo X. alias Giovanni de`Medici (1513-21) exkommuniziert und als Ketzer verfolgt und mit der Todesstrafe bedroht. Der leidenschaftliche Jäger Leo liebt den Luxus, verschwenderische Feste am Papsthof und braucht den Ablasshandel, um den Bau des Petersdoms überhaupt finanzieren zu können. Luther macht dem Renaissance-Papst Leo sozusagen sein Ablassgeschäft kaputt wie Jesus damals den Händlern und Geldwechslern im Jeruslamer Tempel.
Am 31.10.2017 begehen die protestantischen Kirchen ihr 500-jähriges Reformationsjubiläum in Wittenberg. Nach der Kirchenspaltung und dem Dreißigjährigen Religionskrieg (1618-48) stehen die Zeichen mittlerweile auf Annäherung durch Ökumene. Die katholische Kirche heutzutage ist mit der Renaissance-Kirche vor der Reformation nicht mehr zu vergleichen. Meines Erachtens brauchen wir deshalb dringender denn je insbesondere eine große Geste der Versöhnung, um die Wiedervereinigung der katholischen Kirche mit den protestantischen Kirchen eines Tages verwirklichen zu können. Doch Papst Franziskus schockiert uns in dieser Situation urplötzlich mit der Nachricht, er könne aus Termingründen nicht zum Reformationsjubiläum nach Wittenberg kommen. Unglaublich, Papst Franziskus vergibt die einmalige Chance, sich mit Martin Luther im Geiste in Wittenberg endgültig zu versöhnen und mit ihm zu beten, um auf diesem Wege an einer neuen, wiedervereinten Kirche zu bauen: "Siehe, ich mache alles neu (Offenbarung des Johannes 21, 5b)."
"Ich habe einen Traum, dass sich Papst Franziskus im Lichte der Auferstehung Jesu Christi an Ostern gemeinsam mit unserem Herrn auf den Weg nicht nach Emmaus, sondern nach Wittenberg macht, um sich mit dem Reformator Martin Luther und seinen Jüngern zu treffen und gemeinsam für die Einheit der gespaltenen Christenheit zu beten."
Martin Luther pilgerte im Jahr 1510 von Wittenberg nach Rom. Jetzt wird es endlich Zeit, dass Papst Franziskus es ihm gleichtut und von Rom nach Wittenberg pilgert. Für das Fehlen beim Reformationsjubiläum in Wittenberg gibt es nämlich keine Ausreden. Die Einheit der gespaltenen Christenheit steht schließlich auf dem Spiel und fällt nicht einfach so vom Himmel. Sie muss gewollt und auch geschwisterlich im Glauben, in der Liebe und in der Hoffnung vollzogen werden. Darauf wartet übrigens die gespaltene Christenheit bereits seit 500 Jahren. Wären die Kleriker allesamt Politiker, wir hätten sie deshalb schon längst zum Teufel gejagt.
Die katholische Kirche wird unglaubwürdig, wenn sie die Einheit leichtfertigt verspielt. Die Folgen sind schon jetzt in Deutschland deutlich sichtbar: Kirchenaustritte, Priestermangel, stark nachlassende Gottesdienstbesuche, Kirchenentweihungen und eine Kirchenverdrossenheit, weil "die Kirche der Armen" und die "Einheit in Vielfalt" nicht in die Praxis umgesetzt werden. Die Wiedervereinigung der katholischen Kirche mit den protestantischen Kirchen könnte dagegen zu einem neuen Aufbruch in Kirche und Gesellschaft führen. Meine Meinung: Ein Papstbesuch in Wittenberg am 31.10.2017 muss notwendigerweise auf der Agenda stehen, das ist ein absolutes Muss. Amen.
Roland Klose, Bad Fredeburg