Sächsische Zeitung Dresden vom 11.03.2017, laut genios.de, Titel: "Sozialpolitik"
Der Schulz-Hype in Deutschland hält unvermindert an. Politische Gegner sehen deshalb bereits in dem SPD-Kanzlerkandidaten für die Bundestagswahl 2017, Martin Schulz, einen "Mini-Trump". Doch es ist weitaus mehr. Nach der spalterischen Agenda 2010 und einer neoliberalen Politik zulasten der Ärmsten der Armen sehnt sich Deutschland nach mehr Gerechtigkeit - nach sozialer Gerechtigkeit in Form einer Sozialwende, die auch politikverdrossene Nicht-Wähler wieder mobilisiert.
Bundeskanzlerin Angela Merkel steht für Stillstand, keine Experimente und keine innovativen Lösungen. Darum steigt Martin Schulz wie Phönix aus der Asche: "Martin, my Love" und "Martin wählen!" Das hat Martin Schulz mit Willy Brandt gemeinsam, der an die Macht kam, weil die CDU nach Adenauer, Erhard und Kiesinger nicht mehr fähig war, neue Impulse für Deutschland zu setzen und ihr der Mut für politische Veränderungen fehlte.
Martin Schulz ist kein Trump, sondern eher ein Emmanuel Macron, der nächster französischer Staatspräsident werden möchte. Mit seiner Bewegung "En Marche (Bewegend)" und seinem Reformwahlprogramm will er unter anderem die großen Unterschiede zwischen Pensionen im öffentlichen Dienst und Renten in der Privatwirtschaft beseitigen bis hin zu einer Einheitsrente. Und das alles bei einem Renteneintrittsalter von 62 Jahren.
Doch aus dem "Schulz-Hype" kann ganz schnell ein sog. "Würselen-Syndrom" werden, wenn der Hl. Martin von Würselen nicht liefert, was sich die deutsche Bevölkerung von ihm erhofft. Eine Macronsche Einheitsrente käme für Deutschland sicher nicht infrage, aber eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung mit einer Mindest- und Höchstrente und allem, was sich zwischen diesen beiden Polen bewegt. Eine Mindestrente (ca. Euro 1.000 netto), die vor Altersarmut schützt, und eine Höchstrente (ca. Euro 1.600 netto), weil sich Besserverdienende im Erwerbsleben eine zusätzliche private Rentenversicherung eher leisten können.
Um diese Rentenreform zu finanzieren, wäre der Wegfall der Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung geboten, der wiederum die Reichen in die Pflicht nimmt, mehr für die Sicherheit der Renten und für die Grundsicherungsrentner (Hartz-IV-Rentner) in die Rentenkassen einzuzahlen. Der Hl. Martin von Tours teilte seinen Mantel mit einem Bettler - frei nach dem Motto: "Selig ist, wer seinen Reichtum mit den Ärmsten teilt!"
Roland Klose, Bad Fredeburg