What a deal? (3x gedruckt)
- von Roland Klose
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Zwei Ereignisse halten Brüssel am Freitag, den 18.03.2016, in Atem: Der ISIS-Terrorist Salah Abdeslam wird gefasst, und die EU feiert den Türken-Deal als alternativlosen Durchbruch in der Flüchtlingskrise auf der sog. Balkanroute. Doch wer sind die Gewinner und wer die Verlierer?
Gewinner sind eindeutig Recep Tayyib Erdogan und Dr. Ahmet Davutoglu, denn sie haben auf dem EU-Gipfel der 28 für die Türkei alles erreicht, was sie durchsetzen wollten: Visafreiheit für Türken in die EU, ein beschleunigtes EU-Aufnahmeverfahren der Türkei, 6 Milliarden Euro Betreuungsgeld für Flüchtlinge und den Tausch- und Menschenhandel "legal eingereiste Syrer aus der Türkei in die EU verbringen im Tausch gegen ab dem 20.03.2016 illegal nach Griechenland eingereiste Syrer" plus Rücknahme aller Flüchtlinge aus Griechenland, die ab dem 20.03.2016 illegal einreisen. What a deal?
Verlierer sind bei diesem Türken-Deal Griechenland und Deutschland. Warum? Griechenland bleibt vermutlich auf seinen ca. 50.000 Flüchtlingen sitzen, die sich derzeit auf den Urlaubsinseln, dem Festland und in Idomeni an der griechisch-mazedonischen Grenze befinden, weil die Aufnahme von Flüchtlingen in die anderen 27 EU-Mitgliedstaaten laut Brüsseler Beschluss nur noch freiwillig zu erfolgen hat. Das gilt im Übrigen auch für die legal in die Türkei eingereisten Syrer, die im Tausch gegen illegale Syrer ebenfalls innerhalb der EU auf freiwilliger Basis verteilt werden sollen. Da die meisten EU-Staaten die weitere Aufnahme von Flüchtlingen mittlerweile ablehnen, bleibt das Problem wohl fast ausschließlich auf Deutschland hängen. Was für ein grandioses Verhandlungsergebnis für Bundeskanzlerin Angela Merkel, die immer wollte, dass die Flüchtlinge solidarisch auf alle 28 EU-Mitgliedstaaten verteilt werden sollten.
Bundeskanzlerin Merkel wollte nie die Mitgliedschaft der Türkei in der EU, sondern lediglich eine "privilegierte Partnerschaft". Jetzt muss sie wegen der Flüchtlingskrise plötzlich der Visafreiheit für Türken und der beschleunigten Aufnahme der Türkei in die EU zustimmen. Aber Achtung, alle verfolgten kurdischen Türken, die nicht mehr in einer diktatorisch regierten Türkei leben wollen, sind die Asylbewerber von morgen, die zusätzlich noch innerhalb der EU auf freiwilliger Basis verteilt werden müssen. Vielleicht gibt es dann eines Tages in Deutschland z. B. ein autonomes Kurdengebiet in Sachsen. Insofern hätte der sächsische Schriftsteller Karl May wirklich recht, der in seinen Büchern immer behauptete, er wäre als Abenteurer "durch das wilde Kurdistan" gereist.
Roland Klose, Bad Fredeburg
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